Zum ersten Mal seit 67 Jahren fand der GP der Niederlande in Assen an einem Sonntag statt. Das einzige Samstagsrennen der MotoGP hatte Tradition - bis 2016. Der Assen GP dieses Jahres war der Beginn einer neuen Ära. Nun stellt sich die Frage, ob das älteste Rennen der Motorradweltmeisterschaft überhaupt an einem Sonntag funktioniert. Motorsport-Magazin.com hat sich alle Faktoren angesehen und ein Urteil gefällt.

Die Fahrer-Sicht

Fragt man Valentino Rossi, Marc Marquez, Jorge Lorenzo & Co., fällt die Antwort nach dem Assen-Reiz einstimmig aus. Die Dutch TT hat schon lange vor dieser Umstellung seinen Reiz verloren. "Für mich war es von Beginn an ein normaler GP", erklärt Marquez. "Assen war früher reizvoll, als die alte Strecke noch gefahren wurde. Jetzt ist alles wie immer, nur eben am Samstag." Zustimmung auf voller Linie erhält der WM-Führende von Lorenzo. "Ich sehe das wie Marc. Ob wir nun am Samstag oder Sonntag fahren, ändert nichts."

Einig sind sich die Fahrer auch darüber, dass der Streckenumbau 2005 dem TT Circuit Assen schon jeden Zauber genommen hat. "Bis 2005 war die Strecke magisch", erklärt Altmeister Rossi. "Sie war schnell, eng und ohne Kerbs, eine wirkliche Oldschool-Strecke." Auch Lorenzo zieht in dieser Ansicht mit. "Mit dem Umbau ist die Strecke jetzt normal und gewöhnlich geworden." Während Rossi und Lorenzo die Vorzüge der alten Strecke noch genießen konnten, ist Marquez außen vor. Seinen ersten Auftritt in der Motorrad-WM hatte der Spanier erst im Jahr 2008, nach dem Umbau der Strecke. Für LCR-Pilot Cal Crutchlow gilt dasselbe: "Es ist schade, dass ich auf der alten Strecke nie fahren konnte. Ob wir Samstag oder Sonntag fahren, spielt für uns Fahrer keine Rolle", erklärt der Brite, der seinen ersten MotoGP-Auftritt im Jahr 2011 hatte.

Trotz der allgemeinen Meinung, dass Assen schon lang nicht mehr das ist, was es früher einmal war, nimmt immerhin MotoGP-Urgestein Rossi die Strecke in Schutz. "Der Ort ist trotzdem etwas Besonderes", beteuert Rossi. "Es ist der älteste GP und alle Fahrer kommen gern hierher." Ob sie allerdings Samstag oder Sonntag um den Sieg kämpfen, könnte den Piloten offenbar nicht egaler sein.

Mit einem Sieg von Jack Miller hätte niemand gerechnet, Foto: Estrella Galicia 0.0 Marc VDS
Mit einem Sieg von Jack Miller hätte niemand gerechnet, Foto: Estrella Galicia 0.0 Marc VDS

Die Zuschauer-Sicht

Für die Fahrer macht es also keinen Unterschied, ob der Assen GP an einem Samstag oder Sonntag ausgetragen wird. Bleibt also ein Blick auf den zweiten, wichtigen Bestandteil der MotoGP: die Zuschauer. Ob vor Ort auf dem Van-Drenthe-Kurs oder vor den Bildschirmen auf der ganzen Welt, ohne die Fans gäbe es die MotoGP nicht seit knapp sechs Jahrzehnten. Umso wichtiger ist es, auf die Bedürfnisse der Zuschauer Rücksicht zu nehmen. In den vergangenen Jahren lagen die Zuschauerzahlen bei der Dutch TT zwischen 90.000 und knapp 97.000 Schaulustigen vor Ort. Im Jahr 2016 schlug die MotoGP mit 105.000 Zuschauern ihren eigenen Rekord. Damit hat die MotoGP in den Niederlanden ihren eigenen Rekord gebrochen, in den letzten Jahren waren es mindestens 8000 Besucher weniger als an diesem Rennsonntag.

Die Gründe für diesen Aufschwung sind vielfältig. Die Beliebtheit der MotoGP nimmt von Rennen zu Rennen zu und damit auch die Zahl der potenziellen Besucher. Assen nimmt dazu einen besonderen Platz in der Historie der Motorradweltmeisterschaft ein. Als einzig verbliebenes Rennen aus dem Originalkalender des Jahres 1949 übt die Dutch TT auf Motorradfans aus ganz Europa einen besonderen Reiz aus. Wer die MotoGP so unverändert wie möglich erleben will, kommt nach Assen - auch als Nicht-Niederländer.

Der Regen in Assen führte zum vorläufigen Rennabbruch, Foto: Suzuki
Der Regen in Assen führte zum vorläufigen Rennabbruch, Foto: Suzuki

Bisher gestaltete sich das Dabeisein für den normalen Fan aber etwas schwierig. Das Rennen am Samstag macht es für viele Fans der arbeitenden Bevölkerung unmöglich, live vor Ort dabei zu sein. Vom kompletten MotoGP-Wochenende von Donnerstag bis Samstag ganz zu schweigen. Besieht man also die Zuschauer-Seite der Medaille, steigert die Renntag-Verschiebung der Dorna den Service am Fan beträchtlich.

Das Fazit

Hat der Assen GP an einem Sonntag nun seinen Reiz verloren oder nicht? Gerade nach diesem speziellen Rennen ist die Antwort ein klares Nein. Absolut nicht. Wäre der Niederlande GP in diesem Jahr am Samstag ausgetragen worden, wäre die MotoGP-Welt um eines der spektakulärsten Rennen der Geschichte ärmer. Auch von Seiten der Fahrer gibt es keine Beschwerden, sondern gleichgültiges Schulterzucken. Für einen Großteil der Fans und Zuschauer ist die Umstellung sogar ein Vorteil. Der nächste sonntägliche Assen GP kann also kommen.