Wenn man Tech3-Teamchef Herve Poncharal Glauben schenken darf, steht es um die Zukunft der Satelliten-Teams in der MotoGP gar nicht gut. Zumindest ist der Franzose nach dem Weggang Pol Espargaros in Richtung KTM-Werksteam ziemlich ernüchtert. "Ich bin im Moment kein glücklicher Mann oder Teammanager, weil wir Bradley und Pol verloren haben. Wir machen uns Sorgen", gibt Poncharal offen zu. "Denn obwohl wir Material haben, dass den Werksbikes am ähnlichsten ist, ist es unter den jungen Fahrern Trend geworden, direkt in ein Werksteam einzusteigen."

Diese Behauptung kann Poncharal auch gleich mit einem Beispiel untermauern. Der letzte Fahrer, der aus dem Tech3-Team ins Yamaha-Werksteam aufstieg, war laut dem Teamchef Ben Spies im Jahr 2010. "Er war aber auch kein richtiger Tech3-Fahrer, weil er die WSBK-WM gewonnen hat und ins Werksteam sollte, sobald ein Platz frei war", schränkt Poncharal weiter ein. "Vor einigen Jahren waren wir also das B-Team, jetzt noch das C-Team." In den Augen des Teamchefs sind die B-Teams der jetzigen MotoGP-Saison Suzuki oder Ducati.

Was Poncharal dabei am meisten sorgt, ist die Konkurrenz von KTM, zu denen Smith und Espargaro abgewandert sind. "Die Tatsache, dass Bradley und Pol uns verlassen haben, zeigt die Macht der Werke. Niemand hat KTM bisher auf der Strecke gesehen", gibt der Franzose zu bedenken. "Aber beide Fahrer haben es vorgezogen, ins Unbekannte zu gehen, solange es ein Werksbike ist, obwohl wir ein Fast-Werksbike haben." Die Gründe dafür liegen laut Poncharal auf der Hand. Natürlich spielt Geld eine Rolle, aber auch die Tatsache, dass die Motorräder im Werksteam direkt auf die Fahrer zugeschnitten werden, sowie die Förderung junger Talente. "In diesen Fällen können wir mit den Werksteams einfach nicht mithalten."

Der Ausstieg Pol Espargaros aus dem Tech3-Team war ein herber Schlag, Foto: Tech 3
Der Ausstieg Pol Espargaros aus dem Tech3-Team war ein herber Schlag, Foto: Tech 3

Der Fahrer macht den Unterschied

Der Dreh- und Wendepunkt im Kampf der Satelliten-Teams sind also die Fahrer. "Den größten Unterschied machen die Jungs auf den Motorrädern. Deshalb war Ducati bereit, Jorge Lorenzo so viel Geld zu zahlen und deshalb sind die Top-5-Fahrer auch so gut bezahlt." Auch Poncharal ist bewusst, dass nur eine Hand voll Fahrer das Potenzial haben, um auf Sieg zu fahren. Aber für diese Fahrer sind Satelliten-Teams wie Tech3 keine Alternative mehr. Der letzte Sieg eines Nicht-Werksfahrers gelang Toni Elias im Jahr 2006.

Bis ins Jahr 2013 half die Rookie-Regel den Satelliten-Teams bei der Talentsuche, aber mit Marc Marquez verabschiedete sich auch diese Kontrollinstanz. "Alle jungen Fahrer mussten vor den Werksteams in einem Satelliten-Team fahren, das hat funktioniert", erklärt Poncharal. Diese Reglung brachte dem Tech3-Team unter anderem Spies ein. "Aber wir wissen alle, warum sie ausgehebelt wurde. Wenn man heute nicht den richtigen Fahrer hat, hat man nicht das richtige Paket für die Sponsoren und ist somit nicht attraktiv für junge Fahrer. Das ist ein Teufelskreis."

Wie immens das Nachwuchs-Problem für Tech3 bereits ist, erklärt der Teamchef anhand eines Beispiels. Das französische Team steht derzeit in Verhandlungen mit Moto2-Pilot Alex Rins. Der junge Spanier strebt trotzdem einen Werksvertrag an. "Ich habe sogar ein Kommentar seines Vaters gelesen, in dem stand, dass er lieber ein drittes Jahr in der Moto2 bleiben sollte, wenn er kein Werksbike kriegt. Das bedeutet, dass wir unter den jungen Fahrern, die wir für uns gewinnen wollen, nicht populär sind", so Poncharal.

Was können Teams wie Tech3 also tun, um für die Fahrer attraktiver zu werden? "Das ist eine schwierige Frage", seufzt der Franzose. "In Assen haben wir ein Meeting mit Carmelo Ezpeleta und allen Teamchefs der Satelliten-Teams. Ich denke nicht, dass es eine einfache Lösung geben wird, aber Carmelo ist immer offen, wenn wir mit ihm reden wollen." Zu der alten Lösung mit unterschiedlichen Reifen für unterschiedliche Teams will auch Poncharal nicht zurückkehren. "Die einheitlichen Regeln, die wir jetzt haben, könnten nicht besser sein. Sie sind für alle Beteiligten am einfachsten zu verstehen." Die einzige Lösung, die dem Franzosen im Moment einfällt, um das Dilemma zu lösen, ist eine getrennte WM für Werks- und Satelliten-Bikes. Über diese Änderung wird auch in dem Meeting in Assen diskutiert.

Herve Poncharal muss seine Fahrerkonstellation komplett neu aufbauen, Foto: Tech 3
Herve Poncharal muss seine Fahrerkonstellation komplett neu aufbauen, Foto: Tech 3

Die Vertretung der Fahrer: Aleix Espargaro

Als einzige Stimme der Fahrer geht Aleix Espargaro auf Poncharals Beschwerden ein. Der Suzuki-Pilot ist selbst unzufrieden mit seiner derzeitigen Situation bei den Japanern, ein Wechsel in ein Satelliten-Team möchte er dennoch vermeiden. "Es ist völlig normal, dass jeder das beste Bike und das beste Team haben will", erklärt der Spanier. "Ich kann verstehen, dass jeder ein Werksbike haben will. Die MotoGP ist sehr eng, die Bikes sind dichter zusammen als in den letzten 20 Jahren." Der ältere Espargaro weist auch darauf hin, dass in den Trainingssessions der Königsklasse die Top-15 innerhalb einer Sekunde liegen. Damit zählt jeder Extraaufwand, der im Team betrieben werden kann, doppelt. Ein Aufwand, den die Satelliten-Teams laut Poncharal einfach nicht aufbringen können.