Folgt am Sonntag in Austin der nächste MotoGP-Krimi? Nein. Zumindest nicht, wenn es trocken bleibt und man Krimi mit einem Kampf um den Sieg gleichsetzt. Marc Marquez war bisher der dominante Fahrer und hat zudem eine makellose Bilanz in Austin aufzuweisen. Im Windschatten von Marquez braut sich allerdings ein hochkarätiger Schlagabtausch an. Motorsport-Magazin.com mit einer Einschätzung der Kräfteverhältnisse vor dem Grand Prix von Texas.

Marc Marquez: Defektes erstes Motorrad, Sprint an die Box, falscher Vorderreifen auf dem Ersatzbike, Fehler auf der letzten Runde - und dennoch hängte Marquez die Konkurrenz im Qualifying um über drei Zehntelsekunden ab. Austin ist und bleibt dem Weltmeister wie auf den Leib geschneidert. Unter trockenen Bedingungen kann den Spanier am Sonntag wohl niemand schlagen. "Diese Pole ist unter schwierigsten Umständen zustande gekommen, aber ich wollte sie unbedingt", sagte Marquez. "Ich mag diese Strecke einfach." Vier Sekunden betrug sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten beim letztjährigen Grand Prix. Ob ohne den verletzten Pedrosa, der in Austin zweimal Zweiter war, diesmal überhaupt ein Fahrer so nahe an Marquez herankommt?

Andrea Dovizioso: Zu früh gefreut. Dovizioso lag im Qualifying zwischenzeitlich zwar vorne, doch am Ende schnappte ihm Marquez klar die Pole Position weg. "Ich war auf der letzten Runde sogar direkt hinter ihm, weil ich seine Linie sehen wollte. Und dann ist ihm trotz Fehlern so eine Rundenzeit gelungen - das ist nicht gut für uns", sagte der Italiener. Anders als in Katar, rechnet Dovizioso in Austin nicht damit, um den Sieg mitzukämpfen. "Wir sind hier auf der Bremse noch nicht perfekt. Derzeit muss man aber in allen Bereichen perfekt sein, um ganz vorne zu kämpfen können."

Jorge Lorenzo: Etwas überraschend landete Lorenzo in der ersten Startreihe, nachdem er am Freitagabend sogar um den direkten Q2-Einzug zittern musste. Lorenzo setzte eine Bronchitis zu, die er mit Antibiotika unter Kontrolle brachte. "Es geht mir heute besser als gestern und morgen wird es noch eine Spur besser sein", versprach Lorenzo. Allerdings gibt es für Sonntag neben der körperlichen Fitness für die volle Renndistanz noch ein zweites Fragezeichen: den Reifenverschleiß der Yamaha. "Bei uns baut der Reifen mehr ab als bei anderen. Aber immerhin sieht es bei mir noch besser aus als bei Valentino."

Valentino Rossi: Der WM-Leader war in vier er fünf Sessions in Austin auf Rang vier zu finden. Da Rossi im Rennen meistens zulegt, ist er damit ein ganz heißer Kandidat auf einen Podiumsplatz. Obwohl er in Austin bisher noch nie über Rang sechs hinauskam. "Im Vorjahr war der Abstand zu Marc wesentlich größer als an diesem Wochenende", freut sich Rossi, der aber nicht mit einer Wiederholung seines Katar-Sieges spekuliert: "Er (Marquez) bleibt der große Favorit auf den Rennsieg am Sonntag. Dann kommen Jorge, Dovi und ich - alle mit einem sehr ähnlichen Rhythmus." Dieser Einschätzung des "Dottore" wollen wir nicht wiedersprechen.

Die anderen Fahrer: Austin war bislang klar eine Honda-Strecke, daher sollte man grundsätzlich auch die anderen RC213V-Fahrer auf dem Zettel haben. Pedrosa-Ersatz Hiro Aoyama ist allerdings deutlich zu langsam. Cal Crutchlow hingegen war im zweiten und dritten Training erster Marquez-Jäger und verpasste die erste Reihe nur um sieben Hundertstel. In Austin war der Brite damit Yamaha bisher zumindest ebenbürtig. Ob Scott Redding (Startplatz 6) seine Pace auf der Honda schon über eine Renndistanz halten kann, ist fraglich. Nicht rechnen sollte man mit Andrea Iannone. Der Italiener konnte bisher nur in einer Session mit seinem Teamkollegen Dovizioso mithalten und ist daher wohl kein Kandidat für das Podium.

Die Tipps der Redaktion

Samy Abdel Aal: Bedarf es nach dem Verlauf des heutigen Tages tatsächlich noch eines Tipps? Marc Marquez hat seine Ausnahmestellung auf dem Circuit oft he Americas nicht nur untermauert, sondern regelrecht einzementiert. Eigene Fehler und Pech ausgenommen, kann der strahlende Sieger am Sonntagmittag einmal mehr nur MM93 heißen. Der Kampf um die Plätze zwei und drei wird zu einer heißen Angelegenheit zwischen Yamaha und Ducati. Ich sehe ein gemischtes Podium auf uns zukommen.

Samys Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Lorenzo, 3. Dovizioso

Tobias Ebner: Sollte man noch einen letzten Beweis dafür benötigt haben, wer in Austin das Sagen hat, dann hat ihn Marc Marquez mit seiner Traumrunde im Qualifying eindeutig erbracht. Zwar fällt seine Dominanz bei Weitem nicht so groß aus wie noch im Vorjahr, dennoch ist er auch dieses Jahr der Konkurrenz wieder ein paar Zehntel voraus. Im Rennen fährt er souverän zum Sieg. Dahinter brennt ein Dreikampf um die Plätze zwischen den Yamahas und Andrea Dovizioso aus. Hier glaube ich nach der tollen Vorstellung von Katar, dass sich Rossi durchsetzen wird vor Lorenzo und Dovizioso, der schon das ganze Wochenende nicht so stark aufgeigt wie beim Auftakt.

Tobias' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Rossi, 3. Lorenzo

Michael Höller: Bleibt es trocken, gewinnt Marc Marquez. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Sollte es regnen, traue ich mir keine Vorhersage zu. Also bleiben wir im Trockenen, denn dort wird eine Prognose ab Platz zwei schwer genug. Das Potenzial für die Top-3 sehe ich bei Jorge Lorenzo, Valentino Rossi, Andrea Dovizioso und Cal Crutchlow. Da Lorenzo nicht ganz fit ist und Crutchlow erst sein zweites Rennen auf Honda bestreitet, tippe ich daher auf Dovizioso und Rossi.

Michaels Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Dovizioso, 3. Rossi

Markus Zörweg: Außer einem heftigen Wolkenbruch kann Marc Marquez am Circuit of the Americas wirklich nichts stoppen. Der Weltmeister wird einen ungefährdeten Start-Ziel-Sieg einfahren und so den Austin-Hattrick schnüren. Dahinter haben aber mindestens sechs Piloten Chancen auf die beiden verbleibenden Podiumsplätze. Diese werden sich die Katar-Überflieger Valentino Rossi und Andrea Dovizioso schnappen, dieses Mal aber in umgekehrter Reihenfolge, also Ducati vor Yamaha.

Markus' Top-3-Tipp: 1. Marquez, 2. Dovizioso, 3. Rossi