Jedes MotoGP-Rennen ist an sich eine große Herausforderung für Mensch und Maschine, doch der Katar-Grand-Prix sticht im Kalender der Königsklasse noch einmal heraus. Die Gründe hierfür sind vielfältig und haben ihre Wurzeln in der Ansetzung des Rennens als Saisonauftakt, der Startzeit spät am Abend, aber auch dem Streckenlayout des Losail International Circuit. Motorsport-Magazin.com erklärt, worauf es im Rennen ankommt. Das sind die Schlüsselfaktoren:

Die Fitness

"Das wird ein langes Rennen", meinte Polesitter Andrea Dovizioso im Hinblick auf den Grand Prix am Sonntag. Mit 22 Runden oder umgerechnet etwas mehr als 118 Kilometern ist der WM-Lauf in Katar natürlich de facto nicht entscheidend länger als andere Rennen, doch ist der Wüsten-GP für die Piloten besonders kräftezehrend. Das liegt einerseits am Strecken-Layout mit mehreren harten Bremspunkten, vor allem aber daran, dass die Fahrer seit über vier Monaten kein Rennen mehr bestritten haben. Zwar kann man bei den Testfahrten und im Training Simulationen durchführen, ein echter Grand Prix wird sich durch den Kampf Mann gegen Mann davon aber immer unterscheiden.

Marc Marquez wirkt praktisch nie erschöpft, Foto: Milagro
Marc Marquez wirkt praktisch nie erschöpft, Foto: Milagro

In den entscheidenden Phasen des Rennens wird sich also zeigen, wer im Winter durch Konditions- und Krafttraining sowie viele Kilometer auf Motocross- und Dirtbikes eine gute körperliche Basis geschaffen hat und wer lieber etwas weniger Zeit auf der Couch und mehr in Fitnessstudios oder auf diversen Zweirädern verbracht hätte.

Der Spritverbrauch

Am Losail International Circuit folgen auf die kurzen Geraden oft enge Kurven, wodurch die Fahrer kaum Tempo mitnehmen können und so immer wieder hart beschleunigen müssen. In Verbindung mit der über einen Kilometer langen Start-Ziel-Geraden, auf der die Piloten gut zehn Sekunden lang den Gashahn voll geöffnet haben, sorgt das für einen extrem hohen Spritverbrauch. Kein Problem für die Open-Fahrer und auch die Piloten von Ducati, Suzuki und Aprilia, die allesamt je 24 Liter Benzin im Rennen verbrauchen dürfen. Eng könnte es hingegen bei den je vier Factory-Bikes von Honda und Yamaha werden, die mit 20 Litern auskommen müssen.

Genügen 20 Liter für 118 Kilometer am Limit?, Foto: Repsol
Genügen 20 Liter für 118 Kilometer am Limit?, Foto: Repsol

"Katar ist sicher eine der kritischsten Strecken, was den Benzinverbrauch angeht", bestätigt Dani Pedrosa. "Wie schlimm es ist, kann ich aber nicht verraten." Glaubt man seinem Teamkollegen Marc Marquez, sollte es jedoch keine Probleme geben: "Man muss vielleicht teilweise etwas haushalten, am Ende macht es aber keinen Unterschied." Falls die Reserven der Factory-Bikes aber doch knapp werden, könnten vor allem die Ducatis in der Schlussphase einen entscheidenden Vorteil haben. "Bei uns gibt es sicher keinen Engpass", stellte Andrea Dovizioso klar.

Der Reifenverschleiß

Die Hersteller der MotoGP-Klasse kommen mit der Reifengeneration 2015 aus dem Hause Bridgestone in Katar unterschiedlich gut zurecht. Während beispielsweise die Honda RC213V über ausreichend Grip verfügt und so sehr sauber durch die Kurven gesteuert werden kann, rutscht die Yamaha M1 oft mit ausgestelltem Hinterrad um die Ecken. Das muss auf eine Runde nicht unbedingt langsamer sein, nutzt den Reifen aber wesentlich stärker ab. Das kann sich in der Endphase des Rennens entscheidend bemerkbar machen.

Valentino Rossis Hinterreifen lösen sich in Katar besonders schnell auf, Foto: Milagro
Valentino Rossis Hinterreifen lösen sich in Katar besonders schnell auf, Foto: Milagro

Jorge Lorenzo befürchtet dadurch einen Nachteil: "Es wird schwer werden, bis zum Ende eine konstante Pace zu halten." Auch Valentino Rossi schlägt ähnliche Töne an. "Im Rennen wird es für uns besonders wichtig sein, gut mit den Reifen hauszuhalten", so der Italiener. Yamaha wird sich voraussichtlich wie ein Großteil des Feldes für die mittlere Reifenmischung entscheiden, da der harte Reifen der Factory-Klasse zu wenig Performance und der weiche der Opens eine zu geringe Lebensdauer bietet.

Die Verhältnisse

Das MotoGP-Rennen in Katar beginnt am Sonntag wie im Vorjahr um 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit, also 21 Uhr Ortszeit. Die späte Startzeit kann für sehr schwierige äußere Verhältnisse sorgen. Zwar herrscht in der Wüste von Losail tagsüber stets sengende Hitze, sobald die Sonne untergeht kühlt es aber merklich ab. Vor allem zur Tageszeit des MotoGP-Rennens fällt das Thermometer oft rapide in den Keller, während die Luftfeuchtigkeit regelrecht nach oben schießt.

Stefan Bradl wurde 2014 ein Opfer der schwierigen Bedingungen, Foto: Milagro
Stefan Bradl wurde 2014 ein Opfer der schwierigen Bedingungen, Foto: Milagro

Was vergleichsweise niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit am Losail International Circuit bedeuten können, hat man im Vorjahr deutlich gesehen. Mit Jorge Lorenzo, Pol Espargaro, Bradley Smith, Stefan Bradl und Alvaro Bautista verabschiedeten sich gleich fünf Top-Piloten nach Stürzen aus dem Rennen. Vor allem in Kurve zwei, wo die Piloten nach langer Zeit wieder die linke Reifenflanke benutzen, kommt es zu vielen Crashes. Andrea Iannone forderte nach seinem Abflug am Freitag sogar einen Umbau der Passage. Dieses Mal werden es die Fahrer aber definitiv noch mit der altbekannten Variante zu tun bekommen.