Schwächelt Jorge Lorenzo? Obwohl er 'nur' 2010 und 2012 die Titel in der MotoGP holen konnte ist der Mallorquiner seit seinem Aufstieg in die Königsklasse schon immer stark und ein regelmäßiger Sieganwärter. 2014 scheint alles etwas anders zu sein. Als wären zwei Nuller nicht genug, kämpft der 27-Jährige fortan gerade so ums Podium oder um einen Top-5-Platz. Definitiv nicht, was er will und definitiv auch nicht das, was zu seiner überragenden Vorgeschichte passt. Lässt sich Lorenzo von Marc Marquez aus der Ruhe bringen? Scheinbar schon.

"Persönlich verstehe ich Jorge ein bisschen. Ich bin aber in einer anderen Situation", sagte Valentino Rossi über seinen Teamkollegen. "Auf dem Podium und hinter Marc zu landen ist für mich akzeptabel. Ich weiß, dass ich mit ihm kämpfen kann, aber ich bin da entspannt." Der Italiener sieht die Notwendigkeit nach neun WM-Titeln und zwei verkorksten Jahren nicht mehr, sich und der Motorradwelt irgendetwas beweisen zu müssen.

"Jorge ist anders", stellte Rossi fest. "Er will gewinnen. Er fuhr letztes Jahr einige Rennen, die extrem beeindruckend waren - vielleicht die besten seiner Karriere, obwohl er die WM nicht gewinnen konnte." Schon seit Jahren beklagt Lorenzo, dass Yamaha der Konkurrenz auf Honda hinterherhängt. "Honda ist technisch ein bisschen besser als Yamaha", bestätigte auch Rossi. "Für Jorge ist das frustrierend, weil er weiß, dass es nicht möglich ist zu gewinnen. Er ist unglücklich, weil der zweite Platz für ihn schon bedeutet, dass er verloren hat. Vielleicht hat er deshalb ein Problem."

Nur wer Spaß hat, ist schnell

Auch Marquez ist aufgefallen, dass sein Kontrahent in letzter Zeit einige Schwächen zeigt. "Wenn du schnell sein willst, musst du es genießen, das Bike zu fahren. Valentino genießt es zum Beispiel und ist auch schnell. Wenn man Spaß hat, ist man schneller. Es scheint, als hätte Lorenzo einige Probleme. Ich denke aber, dass er einen Weg finden wird und sobald er wieder Spaß hat, wird er wieder schneller sein", analysierte der Youngster.

Jorge Lorenzo denkt (zu) viel nach, Foto: Yamaha Factory Racing
Jorge Lorenzo denkt (zu) viel nach, Foto: Yamaha Factory Racing

"Alles, was ich tun kann ist noch härter trainieren als jemals zuvor und auf unseren Moment warten. Wir haben es in der Formel 1 gesehen: Vettel hat fast alle Rennen im letzten Jahr mit Leichtigkeit gewonnen und jetzt hat er Probleme und sein Teamkollege ist schneller. Das passiert. Du musst an dich selbst glauben und weiterarbeiten", sagte Lorenzo selbst. Dabei sei zunächst die Startposition wichtig. "In den letzten Jahren stand ich immer auf eins oder zwei, dann kann man sich sehr gut darauf konzentrieren, auf bestem Niveau zu fahren. Aber wenn man an fünfter, sechster oder siebter Position startet, ist es im Moment für mich nicht das gleiche."

"Ich habe Probleme, ruhig zu bleiben, also fuhr ich nicht gut und das Setting war schlechter, als ich im Warm-Up dachte", fuhr der Yamaha-Pilot fort, der auch einsah, dass er schlichtweg nicht gut fuhr. "Ich denke, Yamaha versucht - wie immer, uns neue Teile zu liefern. Das Bike funktioniert ziemlich gut, Valentino ist besser als letztes Jahr, landet oft auf dem zweiten Platz. Aber im Moment fühle ich nicht das Gleiche wie letztes Jahr. Wir verbessern uns aber nach und nach", erklärte Lorenzo weiter, nachdem er am Donnerstag noch sagte, dass er seinen Vertrag bei Yamaha wie sein Teamkollege gern verlängern würde.

Er ergänzte: "Wir wissen seit Austin, dass der Titel so gut wie unmöglich ist, also denken wir gar nicht darüber nach. Wir denken in jedem Rennen nur noch daran, konkurrenzfähiger zu sein. Wenn die Situation schlecht ist, dann ist es leicht für andere Leute, Kritik abzugeben. Jeder hat eine Meinung. Wir müssen arbeiten und auf bessere Zeiten warten."

Im Vergleich zu Rossi und Marquez scheint Lorenzo ein Fahrer zu sein, der sich nicht einfach aufs Motorrad setzt, Spaß hat und Gas gibt - der Mallorquiner schaltet oft seinen Kopf ein und vielleicht denkt er ab und an auch zu viel nach. Vielleicht hat sich aber auch Rossi die M1 im letzten Jahr wieder zu Eigen gemacht. Wir wissen es nicht. Bleibt - besonders im Sinne einer spannenden Weltmeisterschaft - nur zu hoffen, dass Lorenzo seine Krise so schnell wie möglich überwindet und wieder ein ernstzunehmender Titelanwärter wird.