Tech 3 Yamaha machte in der abgelaufenen MotoGP-Saison das Meiste aus seinen Möglichkeiten und sicherte sich auch dank vier Podien und zwei Pole-Positions sowohl in der Teamwertung als auch bei den Fahrern den Titel 'best of the rest'. So mussten sich die giftgrün-schwarzen Rennmaschinen von Herve Poncharal mit 304 Punkten lediglich den übermächtigen Werksteams von Honda und der großen Schwester Yamaha geschlagen geben; Cal Crutchlow belegte mit 188 Zählern deutlich den fünften Rang in der Fahrerwertung.

Noch in der Vorsaison hatte das Team mit acht Podestplätzen und vielen Ergebnissen in der Spitzengruppe sein bisher bestes Jahr erlebt, musste jedoch den Abgang von Punktelieferant Andrea Dovizioso verschmerzen. Trotz einer deutlichen positiven Entwicklung von Rookie Bradley Smith in der zweiten Jahreshälfte hat der Saisonverlauf für Tech 3 einen bitteren Beigeschmack: ab der Sommerpause vergrößerte sich der Abstand zur Spitze kontinuierlich, weitere Podestplatzierungen blieben aus.

Trotz Lamentierens ganz vorne dabei

Die Testfahrten vor der Saison liefen für Tech 3 trotz einiger Probleme weitestgehend zufriedenstellend ab - zumindest für Crutchlow. Dieser platzierte sich in Malaysia zunächst direkt hinter den Werksmaschinen von Yamaha und Honda, und schaffte es bei den weiteren Tests ebenfalls in Malaysia und in Jerez sogar, diese immer wieder zu schlagen. Vor allem störte ihn die Tatsache, dass seine Yamaha weitestgehend unverändert gegenüber dem Vorjahr in die Saison starten musste. "Um ehrlich zu sein, müssen wir gar nicht so viele Dinge ausprobieren. Das Motorrad ist exakt dasselbe wie im Vorjahr in Valencia", ließ er noch bei den Testfahrten seinem Unmut freien Lauf und schoss auch gegen den Mutterkonzern. "Es gibt nichts Neues, aber Yamahas Strategie ist klar. Ich sage nicht, dass Lorenzo mit meinem Bike nicht gewinnen könnte, aber es wäre definitiv schwerer für ihn."

Das erste Saisonrennen in Katar diente für 'Crutch' direkt als Kristallkugel für die Saison, denn als Fünfter lag er hinter allen vier Werkspiloten der japanischen Erzrivalen. Durch cleveres Ressourcen-Management, perfekte Setups und starke fahrerische Leistungen Crutchlows wuchs Tech 3 mit dem bärenstarken Yamaha-Motor im Herzen der Maschine jedoch über sich selbst hinaus, und erzielte neben zahlreichen Startplätzen in der ersten Reihe in den fünf Rennen von Le Mans bis zum Sachsenring zwei zweite und zwei dritte Ränge.

Hauptverantwortlich hierfür zeigten sich ein neues Chassis, ein neuer Radstand sowie eine alternative Bremsabstimmung. Kurzzeitig stand der ehemalige Superbike-Pilot gar vor Valentino Rossi auf Gesamtrang vier. Mit dem Rennen in Laguna Seca begann jedoch die Verabschiedung des Teams aus der Spitzengruppe, da die Werksrennställe im WM-Kampf sowohl bei der Entwicklung als auch auf der Strecke einige Gänge höher schalteten. Ein vierter Rang im chaotischen Flag-to-flag-Rennen in Australien blieb somit trotz einiger exzellenter Startpositionen Crutchlows einzige Top-5-Platzierung der letzten zehn Rennen.

Aufgetaut und eingeheizt

Teamkollege Smith erzielte nach äußerst durchwachsenen Tests im Mittelfeld sowie drei schwierigen Rennen zum Auftakt bis zur Sommerpause zwar respektable Ergebnisse zwischen Rang sechs und neun, war jedoch in den Rennen den anderen Prototypen meist klar unterlegen. Der Neuling, der zuvor für Tech3 in der Moto2-Klasse der MotoGP an den Start gegangen war, profitierte dabei neben Fehlern und Stürzen der Topfahrer vor allem gegenüber den Ducatis und CRT-Maschinen oft von der Stärke seines Motorrads, und überzeugte fahrerisch nur selten. Nach der Sommerpause beschleunigte sich seine Metamorphose zu einem passablen MotoGP-Piloten jedoch derart, dass er immer häufiger nahe an 'Crutch' herankam und die Lücke auf die zweite Gruppe im Feld signifikant schloss. Die nachlassende Konkurrenzfähigkeit seiner Maschine verhinderte zwar eine Aufholjagd gegen die Ducati-Werkspiloten in der Gesamtwertung, jedoch beendete Smith mit 116 Punkten die Saison unter den besten Zehn.

Crutchlow ein herber Verlust - für zwei Tage

Ende Juli verkündete Crutchlow seinen Abschied zum Saisonende nach drei Jahren in Diensten von Poncharals Team. Dabei wäre er gerne geblieben, hätte es zukünftig die Aussicht auf eine Werksmaschine bei Yamaha gegeben. Jedoch scheiterten Gespräche für Vertragsverlängerung: "Ich hatte Yamaha einen 2-Jahres-Plan angeboten, bei dem ich noch ein Jahr für Tech 3 gefahren wäre und dann nach Ablaufen der Verträge von Lorenzo und Rossi Ende 2014 auf ein Werksbike gewechselt wäre. Yamaha-Boss Lin Jarvis hat mir aber gesagt, dass für mich kein Platz ist, wenn Valentino und Jorge bleiben wollen."

Um seinen Wunsch nach einer Werksmaschine zu erfüllen, sah Crutchlow sich demnach zu einem Wechsel gezwungen - und heuerte für 2014 bei Ducati an. Die Trauer bei Tech 3 währte jedoch nicht lange, denn das Team machte einmal mehr Nägel mit Köpfen. Nur knapp zwei Tage darauf sicherte sich das Yamaha Satelitten-Team mit dem hochtalentierten und letztlichen Moto2-Weltmeister Pol Espargaro direkt den nächsten potentiellen Superstar, der 'Crutch' mehr als nur würdig ersetzen könnte.