John Hopkins war immer ein Draufgänger. Einer, der nichts anbrennen ließ. Ein cooler Typ einfach. Doch wie das immer mit der schönsten Fassade ist, im inneren sieht es manchmal ganz anders aus. Hopkins kam letztes Wochenende in Jerez zu einem Einsatz in der MotoGP und fuhr auf Rang zehn. Für den US-Amerikaner war das ein wichtiges Zeichen, dass er es nach seiner langen Krise immer noch kann.

"Es waren ein paar schwierige Jahre, gelinde gesagt. Es begann damit, dass ich Anfang 2008 zu Kawasaki wechselte. Beim Testen im Regen in Australien stürzte ich und der Muskel in meiner Hüfte riss sofort vom Knochen ab", erinnerte sich der US-Amerikaner Hopkins im Gespräch mit der GPweek. "Das war extrem schmerzhaft, aber ich wollte so schnell auf das Motorrad zurück, wie ich nur konnte. Die Saison ging in Katar los und als ich vom Motorrad stieg, war ich in Tränen aufgelöst."

In Assen 2008 flog Hopkins mehrfach ab, einmal davon schwer, Foto: Toni Börner
In Assen 2008 flog Hopkins mehrfach ab, einmal davon schwer, Foto: Toni Börner

Drei Wochen ohne Schlaf

Dann folgte irgendwann der schlimme Highsider von Barcelona, bei welchem sich Hopkins den vierten Lendenwirbel brach. Doch er kämpfte weiter. "Ich ging nach Donington. Ich habe zwei Wochen lang nicht geschlafen, denn jede Position war einfach nur schmerzhaft. Ich lebte von Schmerztabletten, aber ich kam irgendwie durch das Wochenende da. Ich zeigte mich in Assen und hatte mittlerweile drei Wochen nicht geschlafen. Es gab da eigentlich gar keinen möglichen Weg, wie ich hätte fahren können. Wenn ich anderen Fahrern einen Rat geben dürfte wäre das, dass sie sich alle erst einmal richtig ausheilen sollen."

Und Assen wurde damals neuerlich zu einem Desaster. Hopkins stürzte mehrfach, davon ein Mal schwer. "Es war ein technisches Problem mit den Gabeln. Ich rutschte bei 270 km/h über den Asphalt und schlug bei 160 km/h in eine ungeschützte Bande ein. Ich hatte ziemliches Glück, dass ich da davon kommen konnte, aber es hat mein Knie und Fußgelenk komplett zerstört." Es folgte eine lange Pause und bei der Rückkehr litt Hopkins weiter unter den Schmerzen. Ende des Jahres zog sich Kawasaki dann aus der MotoGP zurück und der WM-Vierte von 2007 stand ohne Motorrad da. Er wechselte in die Superbike Weltmeisterschaft in die Stiggy-Truppe und fuhr dort ab dem zweiten Saisonlauf in Valencia.

"Ich ging nach Valencia und kam da ganz ok durch das Wochenende, fuhr ein Mal in die Top Ten. Aber ich war acht Monate mehr auf keinem Motorrad gesessen und ich habe mich auf der Honda nie wohl gefühlt", erinnerte sich der jetzt 27-Jährige weiter. Dann ging es wieder nach Assen. "Und ich machte im Grunde einen dummen Fehler. Ich habe auf einer noch schmutzigen Strecke zu schnell zu viel gewollt. Das endete damit, dass mein Oberschenkelknochen kaputt ging und ich mir die Hüfte ausrenkte. Und dann wieder das gleiche: Das Team hatte Erwartungen und ich wollte zurück auf das Motorrad um zu zeigen, was ich kann."

Schmerzen wegsaufen

Hopkins sagte weiter, dass er auch immer ein Typ war, der am Sonntagabend gern mal die Sau raus ließ. "Trinken und Party machen", beschrieb er die Abläufe nach den Rennen. "Wie bei allem was ich tue, trieb ich es auf die Spitze… aber die Party war vorbei." Stattdessen hätte er eigentlich Schmerztabletten nehmen sollen. Doch Hopkins versuchte ohne sie auszukommen. "Ich habe im Grunde versucht, die Schmerzen wegzusaufen. Das hat mich auf eine Spirale nach unten geschickt. Meine persönlichen Beziehungen liefen richtig schlecht, meine Karriere ging rapide den Berg runter und ich lebte nur in Schmerzen."

2008 blieben in Misano Hopkins' Kawasakis am Freitag in der Box - nach nächtlichen Vorfällen, Foto: Sutton
2008 blieben in Misano Hopkins' Kawasakis am Freitag in der Box - nach nächtlichen Vorfällen, Foto: Sutton

Später im Jahr 2009 folgte der Superbike WM-Lauf auf dem Nürburgring. Hopkins wurde nach dem Start von hinten torpediert und überrollt. "Ich war für 16 Minuten weggetreten", sagt der US-Amerikaner heute, dem bei diesem Sturz die Schulter verletzt wurde. "Anfang '07 hatte ich mir mein Handgelenk beim Test-Sturz in Katar gebrochen und da wurde auch eine Sehne abgetrennt. Das wurde nie richtig gerichtet und nun wurde das wieder schlimmer und schlimmer." Es folgte eine Pause für den Rest des Jahres, um den Körper Hopkins' wieder richten zu lassen.

Bei Operation Pins durch die Nerven

Aber auch da ging nicht alles glatt. "Der Arzt steckte einen der Pins geradewegs durch einen Nerv. Und ich hatte das für rund eine Woche drin, ging zurück und sagte: 'Wenn du diese Schmerzen nicht in den Griff bekommst will ich, dass du mir die Hand abschneidest.'" Also wurde der Pin wieder entfernt und das Handgelenk sah danach wirklich schlimm aus. Und das nahm Hopkins auch mental schwerer mit. "Ich trank viel zu viel, ein Arschloch in jedermanns Nähe. Ich sah mir mein Leben einmal genau an und was aus mir geworden war. Und ich stellte fest, dass ich es herumreißen muss. Ich habe nun seit fast 17 Monaten keine Unze Alkohol getrunken. Komplett nüchtern."

Auf der WSBK-Honda fühlte sich Hopkins nie richtig wohl, Foto: Honda Pro Images
Auf der WSBK-Honda fühlte sich Hopkins nie richtig wohl, Foto: Honda Pro Images

Hopkins versuchte nun auch seine Karriere wieder anzuschieben. 2010 fuhr er in der amerikanischen Superbike-Meisterschaft, hatte aber weiter Probleme mit dem Handgelenk. "Ich konnte nur mit den Fingerspitzen Vollgas geben, dann loslassen, um zu bremsen", beschrieb er es. "Das Gas habe ich mit meinem ganzen Arm kontrolliert, nicht mit meinem Handgelenk." In Folge dessen blieben auch die Resultate aus. "Ich lebte wieder unter Schmerzen und dachte dann, dass ich aufhören muss. Das war's dann. Mental kann ich das nicht mehr."

Gewebe von Leichen

Doch ganz wollte sich Hopkins mit dem Gedanken nicht anfreunden. "Wir haben die USA nach einem Spezialisten abgesucht, der mein Handgelenk richten konnte. Sie sagten alle, dass es da nichts gibt, was getan werden könne. Doch letztendlich fanden wir einen Arzt, der mir eine 70-prozentige Chance gab, denn er hatte das zuvor schon bei einem American Football-Spieler gemacht und der war vollständig genesen." Es sei eine große Operation gewesen, mit Spender-Gewebe von Leichen. Nach ein paar Monaten kam Hopkins dann zurück für die letzten drei Rennen der AMA. "Und ich schaffte es sofort auf das Podium."

"Von 2007 an bis zu den letzten Rennen 2010 hat mir der Rennsport keinen Spaß gemacht. Aber in diesen letzten drei Rennen hatte ich plötzlich wieder Fun. All die Partys und das Saufen waren in der Vergangenheit. Ich war konzentrierter als jemals zuvor", rundete er ab.