Titelverteidigung, 20. Gesamtsieg, Wahnsinn! Porsche-Festspiele bei den 24 Stunden von Daytona. Der Autobauer aus Zuffenhausen eroberte einen fulminanten wie knappen Sieg bei der 63. Auflage des Langstrecken-Klassikers im US-Bundesstaat Florida. Der frühere Formel-1-Fahrer Felipe Nasr und seine Teamkollegen Nick Tandy sowie Laurens Vanthoor setzten sich in der dramatischen Schlussphase auf dem Ovalkurs durch.

Daytona ist jetzt Porsche-Land! Nasr gewann das sogenannte Rolex 24 zum zweiten Mal in Folge und half als motivierter Schlussfahrer kräftig bei der Titelverteidigung des Sportwagenherstellers mit. Die Vorentscheidung fiel in der 767. von 781 Runden, genau 22 Minuten vor dem Zieleinlauf: Der brasilianische IMSA-Star schnappte sich Markenkollege Matt Campbell aus der #6 Porsche-Crew (Mathieu Jaminet/Matt Campbell/Kevin Estre) und gab die Führung bis zum Ende nicht mehr her. 2024 hatten Nasr und Campbell noch als Teamkollegen auf dem Siegerpodest gestanden.

#24 BMW M Hybrid V8 von BMW, Philipp Eng, Dries Vanthoor, Kevin Magnussen, Raffaele Marciello
Spannung bis zum Schluss bei den 24 Stunden von Daytona, Foto: LAT Images

Porsche feiert 20. Sieg in Daytona - auch noch in Le Mans?

Mit dem Gesamtsieg baute Porsche seine beeindruckende Daytona-Bilanz auf 20 Gesamtsiege aus und bleibt Rekordhalter. Folgt dieses Jahr auch der 20. Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans? Der Anfang ist jedenfalls gemacht, der Porsche 963 bleibt eine Macht auf der Langstrecke. Einziger Schönheitsfehler: #6 Schlussfahrer Campbell konnte sich vier Minuten vor dem Ende nicht gegen den heranstürmenden Tom Blomqvist im #60 Acura ARX-06 von Meyer Shank Racing (Tom Blomqvist/Colin Braun/Scott Dixon/Felix Rosenqvist) verteidigen und lief als Dritter ein. Ansonsten wäre der Porsche-Doppelsieg perfekt gewesen.

In einem durchweg unterhaltsamen 24-Stunden-Rennen hatten vier der fünf Marken aus der GTP-Topklasse lange Zeit Chancen auf den Gesamtsieg. Das Porsche-Duo mit Einsatzteam Penske berappelte sich nach einem kniffligen Start und sammelte während der Nacht eine Führungsrunde (Runde 470-614) nach der anderen. Genauso entscheidend: Mit Ausnahme einer Durchfahrstrafe für die #6 hielt sich die Porsche-Mannschaft absolut schadlos.

Es ging ohnehin durchweg eng zu auf dem Daytona International Speedway, aber die 14. und letzte Safety-Car-Phase brachte noch eine Portion mehr Würze rein, auch, weil sich der Acura dadurch in die Führungsrunde zurückrunden konnte. Das sollte dem US-Ableger von Honda schließlich zum zweiten Platz verhelfen. Schlussfahrer Blomqvist machte in der letzten Runde sogar Jagd auf Spitzenreiter Nasr, doch am Ende fehlten ihm 1,335 Sekunden. Campbell belegte Platz drei mit 3 Sekunden Abstand und war der letzte Fahrer innerhalb der Führungsrunde.

BMW mit bestem 24-Stunden-Auftritt - Dann das Drama...

Großer Jubel bei Porsche - riesengroße Enttäuschung bei BMW! Der Autobauer aus München lieferte in Daytona seine mit Abstand beste Vorstellung bei einem 24-Stunden-Rennen mit dem M Hybrid V8 ab, wurde aber nicht belohnt. Das #24 Auto (Philipp Eng/Dries Vanthoor/Kevin Magnussen/Raffaele Marciello) um Star-Neuzugang Kevin Magnussen kämpfte bis zum Schluss um den ersten Daytona-Sieg von BMW seit 1976, musste sich am Ende aber mit dem undankbaren vierten Platz begnügen.

Die von der Pole Position gestartete BMW-Crew konnte seine Form aus den Testfahrten und den Trainings bestätigen, legte nach dem Rennstart los wie die Feuerwehr (11 Sekunden Vorsprung bis zu ersten Boxenstopps) und mischte während der gesamten Renndistanz munter um die Spitze mit.

IMSA, 24h Daytona, Start, #24, BMW, Philipp Eng, Dries Vanthoor, Kevin Magnussen, Raffaele Marciello
BMW bestimmte das Geschehen in der Startphase des Rennens, Foto: Stephan Cooper/Rolex

BMW-Ass Vanthoor hüpft vom möglichen Podestplatz

Als in den letzten zwei Stunden alles auf einen packenden Dreikampf zwischen den beiden Penske-Porsche und dem #24 BMW hinauslief und der Münchner Prototyp bei den höheren Temperaturen sogar als Favorit gehandelt wurde, entfaltete sich das Drama: Schlussfahrer Dries Vanthoor kam bei einem Angriff auf den Führenden Felipe Nasr kurz aufs Gras und beschädigte sich dabei offenbar etwas am Auto.

Der Belgier hüpfte bei höheren Geschwindigkeiten plötzlich wie ein Känguru über die Strecke und hatte nur kurz die Hoffnung, durch die letzte Safety-Car-Phase des Rennens eine Stunde vor Ende gerettet zu werden. Der BMW-Crew gelang es in der Kürze des Boxenstopps aber nicht, das Problem zu beheben. Beim Re-Start erwischte Vanthoor dann noch das Heck von Spitzenreiter Campbell, wodurch sich seine Frontpartie lockerte. Nach dem fälligen Reparatur-Stopp verlor Vanthoor auch noch den dritten Platz chancenlos an Acura-Ass Blomqvist.

Fette Strafe wirft zweiten BMW weit zurück

Der zweite BMW M Hybrid V8 im Starterfeld, die #25 mit den DTM-Champions Rene Rast, Marco Wittmann und Sheldon van der Linde sowie Robin Frijns, musste sich mit Platz sieben und vier Runden Rückstand begnügen. Das namhafte Quartett nahm das Rennen vom zwölften und letzten Startplatz auf, nachdem das Qualifying wegen eines Problems mit der Einheits-Batterie ins Wasser gefallen war. Daraufhin machten sich im Fahrerlager große Sorgen vor weiteren Schwierigkeiten mit den Einheitsteilen breit, sollten sich aber nicht bestätigen.

Rast und Co. konnten sich zu Beginn des Rennens trotz eines Proton-Porsche-Treffers um einige Positionen nach vorne kämpfen, bis ein Bremsenwechsel und eine 3:12-Minuten-Strafe (SC-Vergehen) dem BMW jegliche Siegchancen nahmen.

Zwischen den beiden BMW platzierten sich der #10 Cadillac V-Series.R von Wayne Taylor Racing (Ricky Taylor/Filipe Albuquerque/Will Stevens/Brendon Hartley) und der #85 Kunden-Porsche von JDC-Miller Motorsports (Tijmen van der Helm/Gianmaria Bruni/Bryce Aron/Pascal Wehrlein) auf den Plätzen fünf und sechs. Ein gelungenes Langstrecken-Debüt für Porsche-Werksfahrer und Formel-E-Weltmeister Pascal Wehrlein, der eine starke Vorstellung auf dem JDC-963 ablieferte.

IMSA, 24h Daytona, #85, JDC-Miller, Tijmen van der Helm, Gianmaria Bruni, Bryce Aron, Pascal Wehrlein
Der JDC-Miller Motorsports-Porsche mit Formel-E-Weltmeister Pascal Wehrlein, Foto: Porsche AG

Lamborghini mit Motorschaden - Massen-Unfall in der Nacht

Fünf der einst zwölf gestarteten LMDh-Autos hatten sich frühzeitig aus dem Kampf um den Gesamtsieg verabschiedet. Für den #63 Lamborghini SC63 mit dem neuen Einsatzteam Riley war sogar schon nach 34 Runden vorzeitig Feierabend. Der italienische Sportwagen um DTM-Champion Mirko Bortolotti, die früheren Formel-1-Fahrer Romain Grosjean und Daniil Kvyat sowie Edoardo Mortara fiel einem frühen Motorschaden zum Opfer. Lamborghini startet dieses Jahr nur bei den großen IMSA-Rennen und hat sich vorerst aus der WEC verabschiedet.

In der Nacht auf Sonntag hatten sich die beiden Cadillac V-Series.R von Wayne Taylor Racing mit der #40 (Jordan Taylor/Louis Deletraz/Kamui Kobayashi) und der #31 LMDh von Action Express Racing (Jack Aitken/Earl Bamber/Frederik Vesti/Felipe Drugovich) vorzeitig verabschiedet. WTR-Pilot Louis Deletraz löste nach einem Ausrutscher auf kalten Reifen eine regelrechte Karambolage mit sechs involvierten Fahrzeugen aus. Fünf Fahrer wurden anschließend im Medical Center gecheckt, konnten aber zügig zu ihren Teams zurückkehren.

Zahlreiche GTP-Autos früh raus aus Kampf um Gesamtsieg

Im #31 AER-Cadillac verunfallte Frederik Vesti ebenfalls ohne Fremdkontakt und krachte in der Ovalkurve in die Streckenbegrenzung. "Das war ein ziemlich heftiger Crash", sagte Vesti später. "Zuerst ging ich von einem Fahrfehler aus. Nach Ansicht der Videos könnte es aber auch an einem Reifenschaden oder etwas Technischem gelegen haben."

Das deutsche Porsche-Kundenteam Proton Competition musste den 963 mit der Startnummer #5 (Neel Jani/Tristan Vautier/Nico Pino/Julien Andlauer) nach einem starken Auftritt wegen eines Schadens an der Aufhängung, der sich nicht rechtzeitig reparieren ließ, nach 352 Runden abstellen. Auch der #93 Acura ARX-06 (Renger van der Zande/Nick Yelloly/Alex Palou/Kaku Ohta) des zu Honda zurückgekehrten Teams Meyer Shank Racing war nach ohne Siegchance, nachdem IndyCar-Champion Alex Palou mit einem Aufhängungsdefekt liegen geblieben war.

Deutsche Klassensieger bei den 24 Stunden von Daytona

Deutsche Sieger gab es auch in den Klassen GTD-Pro und GTD: In der reinen Profi-Kategorie setzte sich der #65 Ford Mustang GT3 um Christopher Mies durch. Der Deutsche triumphierte nach einem packenden Schluss-Sprint mit seinen Teamkollegen Dennis Olsen und Frederic Vervisch. Auf Platz drei hinter der Pratt-Miller-Corvette (Antonio Garcia/Alexander Sims/Daniel Juncadella) landete der zweite GT3-Mustang mit dem früheren DTM-Champion Mike Rockenfeller, Austin Cindric und Sebastian Priaulx.

In der GTD-Kategorie konnten sich mit Marvin Kirchhöfer und Teamkollege Lars Kern zwei Fahrer aus Deutschland über den Klassensieg und schicke Rolex-Uhren freuen. Mit ihren Teamkollegen Orey Fidani und Matthew Bell setzte sich das deutsche Duo vor dem #120 Porsche 911 GT3 R von Wright Motorsports (Adam Adelson/Elliott Skeer/Tom Sargent/Ayhancan Güven) durch. Der Heart of Racing-Aston Martin Vantage GT3 (Tom Gamble/Casper Stevenson/Zacharie Robichon/Mattia Drudi) komplettierte das GTD-Podest. Sieger der Klasse LMP2 wurde das Team Tower Motorsports (Tower Motorsports (John Farano/Sebastian Alvarez/Sebastien Bourdais/Job Van Uitert).