Ein erneuter Porsche-Sieg schien beim fünften Saisonrennen der Formel-E-Meisterschaft auf dem Homestead-Miami Speedway schon zum Greifen nahe. Aber kurz vor dem Zielstrich wurde Titelverteidiger Pascal Wehrlein im Werks-Porsche noch vom Franzosen Norman Nato abgefangen. Eine nachträgliche Strafe stellte das Rennergebnis in einem zum Schluss chaotischen Sprint aber schließlich noch auf den Kopf – wovon auch das deutsche Team Abt Sportsline und Ex-Champion Lucas Di Grassi beim historischen Podium (P2) profitierten.
Pole-Mann Nato war mit viel Selbstvertrauen ins Rennen gestartet, denn schließlich hatte er sich ersten Saisonpunkte (drei für die Pole) gesichert. Aber schon in der zweiten Runde wurde der Franzose von Antonio Felix da Costa (Porsche) und Nyck de Vries (Mahindra) kassiert und fiel auf P3 zurück und auch Robin Frijns (Envision) konnte er nicht hinter sich halten. Dahinter reihte sich eine Prozession ein, zu der mehr als ein Dutzend Protagonisten gehörten, die nun für das umstrittene „Hinterherfahren“ an einer Perlenschnur sorgten.
Mehrfache Führungswechsel in Miami-Startphase
Immerhin gab es in der Anfangsphase des Rennens keine größeren Kollisionen, womit alle 22 Fahrer die ersten Umläufe schadlos absolvierten. In Runde drei konnte sich Wehrlein mit der schnellsten Rennrunde an Landsmann und Markenkollege David Beckmann im Cupra-Kiro-Kunden-Porsche auf Position zehn verbessern, währenddessen De Vries als neuer Spitzenreiter auf dem Zeitentableau erschien. Der überraschend stark agierende Beckmann musste ausgerechnet nach einem Kontakt mit Markenkollege Wehrlein seinen Elektrorennwagen unfreiwillig wegen eines Reifenschadens in der Box parken und damit das Rennen vorzeitig beenden.

Zwei Runden später kämpfte sich seinerseits Nato mit einer Bestzeit an die Spitze zurück, gefolgt von Da Costa, De Vries und Frijns. Unterdessen registrierte die Rennleitung in Runde fünf eine Kollision, in die Stoffel Vandoorne (Maserati) und Wehrlein verwickelt waren. Das Duo aus zwei verschiedenen Lagern konnten die Hatz aber fortsetzen. Rundenzeiten von 1:32 Minuten und langsamer bewiesen zudem, dass an der Spitze das Tempo arg gedrosselt worden war, um wichtige Energie zu sparen – das übliche und umstrittene Taktieren!
Ex-Champion Sebastien Buemi (Envision) verbesserte sich zwischenzeitlich in der achten Runde von Startplatz zwölf auf Rang vier und unterstrich damit auch das „Bummeltempo“ auf den vorderen Plätzen, die Nato, Da Costa, Frijns und Buemi nach 10 Runden innehatten.
Formel-E-Starterfeld dicht beisammen
Einige wenige unspektakuläre Kollisionen endeten dank der großen Auslaufzonen im Infield-Grün des 3.551 Meter langen Homestead-Miami Speedway, besser bekannt als NASCAR-Oval, im Grün etlicher Rasenflächen.
Obwohl das Rennen in der Anfangsphase ohne Zwischenfälle verlief, waren die Abstände erstaunlich eng. So trennten in Umlauf 15 die 21 noch in einer Runde befindlichen Piloten lediglich 5,6 Sekunden.
Die vorderen Positionen waren weiterhin nur mäßig umkämpft, auch weil die Konkurrenten sich nicht in Zweikämpfen aufrieben und einen Sicherheitsabstand einhielten, um trotz gelegentlichem Lackaustausch größere Schäden zu vermeiden.
Massenkollision um Maximilian Günther sorgt für Chaos
Die vermeintlichen Siegkandidaten beobachteten sich weiterhin, machten aber keine Anstalten, Führungsarbeit zu leisten, außer der Tabellendritte da Costa, der nur wenige Augenblicke später Gesellschaft von seinem Teamkollegen Wehrlein erhielt, der mit seinem X99 Electric klammheimlich auf P2 vorgerückt war.
Der Einsatz eines Safety-Cars wegen einer Massenkollision in der Schikane, in die neben dem unschuldigen Maserati-Fahrer Jake Hughes auch der Allgäuer Maximilian Günther verwickelt war, sorgte zunächst für etwas Verwirrung, denn nur kurze Zeit später musste die Rennleitung wegen der vielen Trümmerteile und havarierter Formelautos auf der Rennstrecke den Wettbewerb mit einer Roten Flagge erneut neutralisieren.
Bereits zuvor hatte war ein Safety-Car im Einsatz, nachdem de Vries plötzlich zum Stillstand gekommen war. Doch der Niederländer brachte seinen Mahindra kurz darauf wieder in die Gänge und führte die Rennunterbrechung (rund 25 Minuten) so ad absurdum.
Nato gewinnt Schlussspurt, aber Wehrlein siegt – Auch Abt auf dem Podium
Die neue Startreihenfolge nach der Rot-Phase lautete: Da Costa, Wehrlein, Mortara, Frijns, Di Grassi, Nato, Sam Bird (McLaren), Nick Cassidy (Jaguar), Jean-Eric Vergne (DS Penske), Nico Müller (Andretti) und Rowland. Der Tabellenführer hatte sich inzwischen von P16 beim Start um fünf Positionen auf Rang elf verbessert. Beim Restart waren noch vier Runden zu fahren.
Nur wenige hundert Meter nach der Freigabe des Rennens in Runde 22 quetschte sich Mortara zwischen die beiden Porsche-Werksfahrer und verwies dabei den nichts riskierenden Wehrlein auf P3. Zwei Umläufe später konterte der amtierende Weltmeister eindrucksvoll und grüßte urplötzlich wieder von der Spitze – mit einem Puffer von 0,7 Sekunden auf Frijns sowie dem stark aufkommenden Nato.
Obwohl Wehrlein in Runde 25 mit zwei Sektor-Bestzeiten die absolut schnellste Rennrunde (1:25,821 Minuten) fuhr, konnte er Pole-Setter Nato nicht bis zur Ziellinie hinter sich halten. Wenige Meter vor der Flagge überholte der Nissan-Fahrer den Porsche und sicherte sich mit lediglich 0,119 Sekunden Vorsprung seinen ersten Formel E-Triumph und damit weitere 25 Zähler auf dem Punktkonto, das vor seiner Pole (drei Zusatzpunkte) noch bei null stand.
Doch der Sieg sollte nicht bestehen bleiben. Nato als vermeintlicher Gewinner wurde von den FIA-Stewards, unter ihnen die früheren DTM-Kommissare Dr. Gerd Ennser und Achim Loth, wegen seines Regelverstoßes (der Attack-Mode war beim Überqueren der Ziellinie noch nicht abgelaufen) mit einem Zehn-Sekunden-Zeitzuschlag belegt, wodurch der Franzose von Platz eins auf Position sechs (9,881 Sekunden hinter Wehrlein) zurückfiel. Für diesen Regelverstoß wurden auch Taylor Barnard, Sam Bird, Robin Frijns sowie Tabellenführer Oliver Rowland mit dem identischen Zeitzuschlag bestraft.

Neben Wehrlein, der nachträglich zum Sieger erklärt wurde, feierte auch Ex-Champion Lucas di Grassi den zweiten Platz im Lola Yamaha des deutschen Erfolgsteams Abt Sportsline wie einen Sieg. Für die Mannschaft rund um Teamchef Thomas Biermaier und den Brasilianer war das Miami-Event die mit Abstand beste Platzierung in der neuen Team-Hersteller-Konstellation!
Der letzte deutsche Erfolg vor Wehrlein auf dem Homestead-Miami Speedway liegt bereits mehr als 27 Jahre zurück: Auf dem Weg zum Fahrertitel der FIA GT Weltmeisterschaft siegte am 18.10.1998 das Mercedes-Duo Klaus Ludwig und der Brasilianer Ricardo Zonta in einem vom Werksteam HWA eingesetzten AMG-Mercedes-Benz CLK LM GTR.
Die unglücklich verpasste Chance, P1 und P2 in diesem Rennen nach Hause zu fahren, fiel wegen anderer positiver Fakten nicht so sehr in Gewicht, denn das Team TAG Heuer Porsche übernahm die Führung in der Team-Gesamtwertung, in der ein Vier-Punkte-Rückstand gegenüber Nissan (64:68) in einen Vorsprung von 25 Zählern (105:80) gewandelt wurde. Zudem verkürzten Wehrlein (als Sieger) und da Costa (als Dritter) ihre Rückstände auf den weiterhin Führenden Rowland (69 Zähler) auf 18 und 15 Punkte. Auch in der Herstellerwertung machte Porsche deutlich Boden gut, verbesserte sich auf Position zwei, bei nur noch 26 Zählern Rückstand auf den starken Rivalen Nissan (120:146).
Formel E 2025: So geht es weiter
Nach der fast zweimonatig langen Pause vor dem Miami-Wochenende dürfen sich Formel-E-Fans nun über eine deutlich kürzere Wartezeit freuen. Bereits in drei Wochen (03. und 04.05) geht mit dem Double-Header auf dem legendären Stadtkurs in Monte Carlo der fünfte Event mit den Saisonrennen sechs und sieben über die Bühne.
Formel E 2025: Gesamtwertung Fahrer
Pos. | Fahrer | Team | Punkte |
---|---|---|---|
1 | Oliver Rowland | Nissan | 68 |
2 | Antonio Felix da Costa | Porsche | 54 |
3 | Pascal Wehrlein | Porsche | 51 |
4 | Taylor Barnard | McLaren-Nissan | 51 |
5 | Maximilian Günther | DS Penske | 37 |
diese Formel E Rennbericht