Nordamerika bleibt für Porsche Motorsport ein beliebtes "Ausflugsziel"! Nach Erfolgen und Rekorden mit dem LMDh Prototyp Porsche 963 in Daytona, Sebring und jüngst in Long Beach, jeweils eingefahren von Felipe Nasr, Nick Tandy und Laurens Vanthoor und dem Team Penske Motorsport, hat der deutsche Sportwagenhersteller am vergangenen Samstag auf dem Homestead-Miami Speedway im Südzipfel von Florida innerhalb von 49 Tagen das erhoffte US-Quadrupel vervollständigt.
Dafür sorgte der amtierende Formel-E-Weltmeister Pascal Wehrlein, mit seinem ersten Saisonsieg für das Porsche Formel-E-Team, gleichbedeutend mit seinem insgesamt achten in der voll elektrischen Rennserie mit Weltmeisterschaft-Status. Seit der Formel-E-Premiere 2014 in Peking können bisher 23 Fahrer mindestens einen Rennerfolg vorweisen. Wehrlein bescherte seinem Arbeitgeber zudem den insgesamt 13. Formel-E-Erfolg insgesamt.
Auch das erste Gastspiel der Formel E in den USA ging fast auf den Tag vor zehn Jahren als fünfter Saisonlauf in Florida über die Bühne, allerdings nicht in Homestead, sondern auf einem Straßenkurs in Miami Downtown. Dagegen ist der Homestead-Miami Speedway eine permanente Rennstrecke, die unter anderem durch die populäre US-NASCAR-Serie bekannt ist. Gefahren wurde auf einer 3.551 Meter langen Variante im Infield des Ovals gegen den Uhrzeigersinn, die insgesamt 15 Kurven umfasst. Neben dem werksunterstützten Team Penske Motorsport bestritten auch die beiden US-amerikanischen Porsche-Kundenteams Andretti Formula E und Cupra Kiro ihr Heimspiel.
Die Vorfreude auf das Event war im Porsche-Lager groß, denn nach Meinung von Florian Modlinger, dem Gesamtprojektleiter der Formel E bei Porsche Motorsport hatte man sich gut auf den fünften Saisonlauf vorbereitet. "Wir haben in der (fast zweimonatigen, d. Red.) Pause an unserem Paket gefeilt, um an die Pace aus den ersten vier Rennen anzuknüpfen. Im Qualifying wollen wir weiter performen wie bisher und zeigen, dass wir in der Lage sind, bei fast jedem Rennen aus der ersten Reihe zu starten. Ziel ist aber, im Rennen die Punkte mitzunehmen, die uns in den letzten Rennen durch Auffahrunfälle von hinten verwehrt blieben."
Für Wehrlein stimmte die bisherige Pace, "aber das Rennglück noch nicht" und dabei hoffte der Werksfahrer, dieses Manko zu beenden. "Wir sind nach der Rennpause jedenfalls gut aussortiert." Dabei konnte der Weltmeister zu Saisonstart die 24h Daytona auch nutzen, um sich auf das WEC-Saisonhighlight in Le Mans vorzubereiten. "Der Fokus liegt aber auf der Formel E, ganz klar. Hier machen wir keine Abstriche. Ich freue mich auf die nächsten Wochen, in denen ich viel hinterm Steuer sitzen werde." Allein im nächsten Monat (Mai) finden innerhalb von fünf Wochen drei Formel-Events in Monte Carlo, Tokio und Schanghai statt, bevor es Mitte Juni dann nach Le Mans geht.

Auch Wehrleins Teamkollege Antonio Felix da Costa war durchaus zufrieden mit seiner Leistung und dem Podiumsplatz. "Der Konkurrenzkampf in der Formel E ist sehr hart, aber wir haben die Pause genutzt und sind überzeugt, dass wir unser Gesamtpaket weiter verbessert haben." Die Vorfreude war nicht unbegründet, denn Porsche Motorsport konnte ein Doppelpodium feiern, den glücklichen, aber verdienten Sieg von Weltmeister Wehrlein sowie Platz drei von da Costa in ihren 99X Electric.
Mit dem erneuten Erfolg war vor dem Rennen nicht unbedingt zu rechnen, denn Wehrlein startete im 22-köpfigen Teilnehmerfeld lediglich von Position neun, wogegen da Costa aus der zweiten Reihe von Platz drei das fünfte Saisonrennen in Angriff nehmen durfte. Der Portugiese führte bis kurz vor Rennende, als ein Unfall im Mittelfeld und ein damit verbundener Restart seinen Vorsprung unfreiwillig beendete. Immerhin reichte das Podium (P3) dafür, sich in der WM-Tabelle auf Rang zwei hinter Nissan-Fahrer Oliver Rowland zu verbessern. Noch beeindruckender war die Vorstellung von Wehrlein, der sich dank gutem Energiemanagement und ausgeklügelter Taktik von Modlinger und seinem Team vom neunten Startplatz bis an die Spitze vorgekämpft hatte, aber den nach vorne stürmenden Pole-Setter Norman Nato (Nissan) auf den letzten Metern nicht mehr aufhalten konnte.
Das turbulente Rennende war vor allem einer Neutralisation geschuldet, die durch Kollisionen, havarierte Rennwagen und herumliegende Trümmerteile auf der Rennstrecke nicht zu vermeiden und berechtigt war. "Man konnte sehen, wie stark Antonio war, als er seinen sechsminütigen Attack Mode nutzte. Doch dann kam das Safety-Car, was den Rennverlauf veränderte", erklärte Modlinger die turbulente Schlussphase, in der das Rennen praktisch auf den Kopf gestellt wurde.
Trotzdem war der Teamchef mit dem Resultat zufrieden, als er feststellte: "Ich denke, wir haben als Team unter den gegebenen Umständen das Beste rausgeholt. Ein Sieg und Platz 3 sind großartig. Und drei Porsche auf den ersten vier Plätzen und fünf Porsche unter den ersten neun, sind ein fantastisches Ergebnis!"
Dieses kam allerdings erst zustande, als der vermeintliche Gewinner Norman Nato von den früheren DTM-Kommissaren Dr. Gerd Ennser und Achim Loth wegen seines Regelverstoßes (der Attack-Mode war beim Überqueren der Ziellinie noch nicht abgelaufen) mit einem Zehn-Sekunden-Zeitzuschlag belegt wurde, wodurch der Franzose von Platz eins auf Position sechs (9,881 Sekunden hinter Sieger Wehrlein) zurückfiel.
Der Porsche-Werksfahrer sicherte sich durch das verdiente "Geschenk" nachträglich den Sieg, wofür er mit 25 Punkten belohnt wurde sowie einen weiteren Zähler für die von ihm gefahrene schnellste Rennrunde (1:25,821 Minuten). Damit verbesserte sich Wehrlein in der Gesamtwertung hinter Spitzenreiter Rowland (69 Punkte) und Teamkollege da Costa (54) auf Gesamtrang drei (51).

Übrigens ist Wehrlein nicht der erste deutsche Rennfahrer, der im Homestead-Miami-Infield erfolgreich war, denn vor fast 27 Jahren siegte am 18.10.1998 auf dem Weg zum Fahrertitel der FIA GT Weltmeisterschaft das Mercedes-Duo Klaus Ludwig und Ricardo Zonta in einem vom Werksteam HWA eingesetzten AMG-Mercedes-Benz CLK LM GTR.
Die Tatsache, dass letztendlich nach Mexiko (2022 sowie 2025) erneut zwei Porsche-Piloten auf dem Siegerpodium standen, ist nur einer von mehreren positiven Aspekten: So übernahm das Team TAG Heuer Porsche erneut die Führung in der Team-Gesamtwertung, in der ein Vier-Punkte-Rückstand gegenüber Nissan (64:68) in einen Vorsprung von 25 Zählern (105:80) gewandelt wurde. Auch in der Herstellerwertung machte Porsche deutlich Boden gut und verbesserte sich auf Position zwei, mit nur noch 26 Zählern Rückstand auf den seit Saisonbeginn starken Rivalen Nissan (120:146).
Außerdem knackte das Porsche-Werksteam mit dem erneut starken Auftritt die Marke von 1.000 Meisterschaftspunkten (jetzt 1.029) seit dem Formel-E-Einstieg in der Saison 2019/2020 und steht damit in der ewigen Bestenliste bereits auf Platz acht.
Auch Nico Müller vom Porsche-Kundenteam Andretti Formula E gehört als Vierter zur Erfolgsgeschichte von Porsche wie auch sein Teamkollege, der vormalige Weltmeister Jake Dennis, der im vierten Porsche 99X Electric den neunten Platz belegte. Mit Dan Ticktum vom zweiten Kundenteam Cupra Kiro auf Platz sieben landeten insgesamt fünf der sechs Porsche-Fahrzeuge in den Top Ten. Solch eine gute Platzierung wäre auch für David Beckmann möglich gewesen. Die starke Leistung des ‚Porsche-Rookie wurde aber durch eine leichte und ebenso unglückliche Kollision, ausgerechnet mit Markenkollege Wehrlein verhindert - durch einen Reifenschaden.
Trotzdem war das Gesamtfazit von Modlinger positiv: "Wenn man sich den Rennverlauf ansieht und weiß, was passiert ist, denke ich, dass beide (Pascal und Antonio, d. Red.) das Podium verdient haben. Wir hatten eine sehr gute Strategie, aber am Ende auch etwas Glück, Erster (und Dritter, d. Red.) zu werden. Ich bin sehr glücklich. Das ist ein gutes Ergebnis fürs Team."
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