Rene Rast avanciert im Frühherbst seiner Karriere noch zum wahren Muskelprotz! Na gut, diese Umschreibung wäre für den 36-Jährigen wohl ein wenig übertrieben, doch tatsächlich hat der McLaren- und BMW-Werksfahrer ordentlich an Masse zugelegt. War Rast in der Vergangenheit eher für seine schlaksige Statur bekannt, kamen in den vergangenen Wochen einige Kilos am rechten Fleck drauf.
Das war offenbar nötig, um den Anforderungen der neuen Gen3-Autos in der Formel E Herr zu werden. Zwar gelten die Boliden mit ihren 350 kW bzw. 476 PS und einem Mindestgewicht von 854 Kilogramm für Formel-Verhältnisse nicht unbedingt als Performance-Monster, doch das Steuern eines solchen Elektro-Autos verlangt einiges an Hirn- und Muskelschmalz.
Rast: "Kraft nicht da, um am Limit zu fahren"
"Beim Testen und auch beim ersten Rennen in Mexiko habe ich gemerkt, dass die Kraft nicht da war, um einfach jede Runde am Limit zu fahren", sagte Rast beim Kapstadt ePrix am vergangenen Samstag zu ProSieben. "Da blieb mir nichts anderes übrig als viel zu essen und jeden Tag ins Fitnessstudio zu gehen, wenn ich zuhause war."
Fünf bis sechs Kilogramm habe Rast laut eigener Aussage an Gewicht draufgepackt, und die Auswirkungen sind zu sehen. Eine Umstellung für den dreifachen DTM-Champion, der sich in der Vergangenheit vor allem vor dem Beginn einer Saison in Form brachte und sich während des Jahres auf das Fahren und die berüchtigte, ausgiebige Datenanalyse fokussierte.
Rast schrammt in Kapstadt am Podest vorbei
Die 'Massephase' hat sich für Rast offenbar gelohnt: In Kapstadt gelang dem McLaren-Fahrer eine Aufholjagd vom zehnten Startplatz (inklusive einer 3-Platz-Gridstrafe) bis auf Position vier. Rast verpasste nur knapp seinen zweiten Podesterfolg in der laufenden Saison und belegt mit 38 Punkten den siebten Platz in der Gesamtwertung. Porsche-Spitzenreiter Pascal Wehrlein sammelte 80 Zähler.
Dass die neuen Gen3-Autos physisch anspruchsvoller sind als ihre Vorgänger, haben bereits einige Fahrer bestätigt. Nicht selten kletterten die Piloten nassgeschwitzt nach einem Rennen, die rund 45 Minuten dauern, aus ihrem Cockpit. "Das ist also Formel E?!", wandte sich Rasts McLaren-Teampartner, Rookie Jake Hughes, nach seinem ersten Rennen keuchend an die Fahrerkollegen.
Wehrlein: "Formel E geht brutal ins Körperliche"
"Die neuen Autos sind deutlich anstrengender zu fahren", sagte der WM-Führende Pascal Wehrlein zu Motorsport-Magazin.com. "Wir haben keine Servolenkung und die Lenkung ist deutlich schwerer geworden. Da wir auf den engen Kursen viel lenken, geht das brutal ins Körperliche rein. Ich habe ein paar Fahrer gesehen, denen es nach dem Rennen nicht so gut ging - da habe ich aber noch nicht dazu gehört!"
Ein aus Fan-Sicht durchaus angenehmer Anblick, schließlich stand der Rennsport eine ganze Weile unter dem Verdacht, körperlich nicht allzu anstrengend zu sein. Die GT3-Autos etwa, die seit 2021 auch in der DTM an den Start gehen, verlangen fitten Fahrern nicht allzu viel ab. Kein Wunder, wurden die Fahrzeuge einst von der FIA für den Einsatz im Amateur-Motorsport konzipiert.
Den Luxus einer Servolenkung sucht man in der Formel E vergebens. Und das macht sich trotz der überschaubaren Renndistanz auf den zumeist winkligen Stadtkursen mit vielen langsamen und mittelschnellen 90-Grad-Kurven bemerkbar. Die oftmals hohen Temperaturen - in Kapstadt zeigte das Thermometer rund 30 Grad an - kommen erschwerend hinzu.
Rast: "Die Autos sind super-schwer zu fahren. Die sehen vielleicht nicht so aus. Die Gen2-Autos waren schon relativ schwer in der Lenkung, aber bei den neuen Autos ist es gefühlt noch mal doppelt so schwer. Man braucht extrem viel Kraft in der Brust und in den Schultern, um die Autos durch die Kurven zu bewegen. Und das bei rund 45 Minuten und über 30 Grad. Das ist schon sehr, sehr anstrengend."
Formel E: Neuer Durchschnittsgeschwindigkeits-Rekord in Kapstadt
Auf dem 2,921 Kilometer langen Stadtkurs in Kapstadt mit seinen 12 Kurven schrieb Sacha Fenestraz sogar Geschichte: Der Nissan-Pilot erzielte im Qualifying auf seiner Pole-Runde einen neuen Durchschnittsgeschwindigkeit-Rekord in der Formel E. Im Schnitt hatte Fenestraz 154,987 km/h drauf.
"Die Strecke gehört sicher zu den schnellsten in der Season 9. Besonders die Bodenwellen und insgesamt fünf verschiedene Asphaltarten forderten den Fahrern und unserem Reifen alles ab", erklärte Hankook-Chefingenieur Thomas Baltes. Zur Einordnung: In der Formel 1 hält Lewis Hamilton diesen Rekord mit 264,362 km/h, aufgestellt 2020 im Qualifying zum Italien Grand Prix in Monza.
Da in der Formel E auf Wunsch der FIA weiterhin Allwetterreifen zum Einsatz kommen, müssen die Fahrer deutlich mehr mit ihren Autos kämpfen, um die Traktion auf den Asphalt zu bringen. Das geht natürlich in die Arme. "Das Auto ist viel schwerer zu fahren", sagte der zweifache Formel-E-Meister Jean-Eric Vergne zu Motorsport-Magazin.com. "Am Lenkrad ist es härter. Wir haben so viel mehr Drehmoment, während die Reifen eine steifere Mischung haben. An den Kurvenausgängen müssen wir richtig mit den Autos kämpfen."
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