BMW steigt nach dem Debüt seines LMDh-Autos 2023 in der US-amerikanischen Sportwagenmeisterschaft IMSA dieses Jahr auch in die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC ein, inklusive der 24 Stunden von Le Mans. Teil des WEC-Werksaufgebots der Münchner ist der dreifache DTM-Champion Rene Rast.

Der 37-Jährige gab im Januar sein Renn-Debüt im BMW M Hybrid V8 beim 24-Stunden-Rennen in Daytona. Auch wenn der Autobauer anders als die zweite deutsche Marke, Porsche, nach Technikdefekten mit dem Gesamtsieg nichts zu tun hatte, nahm Rast, der mit seinen Teamkollegen (Connor De Phillippi/Maxime Martin/Nick Yelloly) das Rennen auf Platz sieben beendete, wertvolle Erfahrungen aus den Staaten mit.

Rene Rast: LMDh so komplex wie Formel-1-Auto

"Ich glaube, von der Komplexität ist es wie ein Formel-1-Auto. Da gibt es nicht viel, was wir nicht haben, was ein Formel-1-Auto hat", zeigte sich Rast gegenüber Motorsport-Magazin.com von der Komplexität eines LMDh-Autos beeindruckt. Den Vergleich zur Formel 1 hatte in Daytona bereits jemand bedient, der es wissen muss: Ex-Weltmeister Jenson Button.

"Es gibt in diesem Auto (LMDh; d. Red.) hunderte Dinge mehr zu tun als in einem Formel-1-Auto. Es ist so weit technisch fortgeschritten, es ist verrückt", erklärte der Brite, der bei seinem Daytona-Debüt mit Acura in der Top-Klasse GTP den dritten Podestplatz erreichte. "Die meiste Zeit in der Formel 1 spielt es sich hinter den Kulissen ab. Hier können wir selbst vieles im Auto machen. Es gibt so viele Dinge, die wir anpassen können", so Button weiter.

Acura bei den Roar-Testfahrten zu den 24 Stunden von Daytona
Jenson Button konnte bei seinem Daytona-Debüt mit Acura das Podest erreichen, Foto: LAT Images

Jenson Button wird nach seinem Start in Daytona 2024 auch in Vollzeit in der WEC mit dem Porsche-Kundenteam Jota an den Start gehen. Warum er auch darüber hinaus seine Zukunft in der Langstrecken-WM sieht, lest Ihr in diesem Artikel:

Rast: "Das Ding ist nur am Vibrieren!"

Rast erklärte beim Treffen mit MSM in Daytona genauer, was den LMDh-Boliden besonders macht: " Wenn du mit dem Auto 300 km/h fährst, ist das Ding nur am Vibrieren, nur am Springen! Du bist auf dem Boden, permanent."

Rast: Fahrer im Auto nicht nur fahrerisch gefordert

Hinzu kämen die von Button angesprochenen Anpassungsmöglichkeiten im Auto - auch während des Rennens. "Das Team sagt dir, wenn sie irgendwas geändert haben wollen. Es kann sein, dass jede Runde eine neue Einstellung kommt. Es kann auch sein, dass zehn Runden gar nichts ist", führte Rast aus.

Hat im LMDh-Cockpit alle Hände voll zu tun: Der dreifache DTM-Champion Rene Rast, Foto: BMW M Motorsport
Hat im LMDh-Cockpit alle Hände voll zu tun: Der dreifache DTM-Champion Rene Rast, Foto: BMW M Motorsport

Doch selbst in Phasen, in denen keine Anweisungen vom Team kämen, habe der Fahrer noch alle Hände voll zu tun. "Du bist permanent am Traktionskontrolle und Bremsbalance einstellen, weil sich über den Longrun natürlich die Bedingungen verändern. Das heißt, deine Reifen sind am Anfang gut, aber hinten raus werden sie schlechter. Du kannst nicht von Anfang bis Ende mit der gleichen Traktionseinstellung fahren", meinte der BMW-Werksfahrer.

Bei all diesen Einstellungsmöglichkeiten im Auto, gibt es gerade für neue Fahrer eines Hybrid-Prototypen eine Menge zu lernen. Zudem gebe es fast jede Woche Neuerungen im Handbuch des Autos, verriet Rast. Diese müsse der Fahrer verinnerlichen, um auf Anweisungen von der Boxenmauer reagieren zu können: "Wenn die mir sagen, wir brauchen einen Energy Reset, dann muss ich wissen, welchen Knopf ich von den 50 Knöpfen am Lenkrad drücken muss."

Rast: Du musst im Auto ein bisschen rumspielen

Dennoch geschehe dem 26-fachen DTM-Rennsieger zufolge ein großer Teil des Lernprozesses beim Fahren: "Wenn du ein System verstellst, dann liest du es natürlich in der Theorie auf dem Papier, aber weißt nicht, wie es sich im Auto anfühlt. Du musst im Auto tatsächlich auch mal ein bisschen rumspielen, damit du fühlst, was die Systeme machen und wie es sich verhält."

Der BMW mit der Nummer 24 auf der Strecke in Daytona am Tag.
Ein großer Teil des Lernprozesses geschieht nach wie vor im Auto, Foto: LAT Images

Eine zusätzliche Herausforderung bei Langstreckenrennen stellen für die Top-Kategorie traditionell die großen Geschwindigkeitsunterschiede zu den anderen Klassen dar, besonders zu den GT3-Fahrzeugen. Auf Ovalkursen wie in Daytona werde diese Herausforderung noch einmal verstärkt. "Wenn es schlecht läuft, musst du gleichzeitig noch zwei GTs überholen. Wenn einer vor dir ausschert, sind es zwei vor dir, dann musst du gleich ganz nach oben und fährst bei 300 km/h knapp an der Mauer vorbei", schilderte Rast.

Rene Rast und BMW 2024: Harte Konkurrent in der WEC

Nach seinem IMSA-Gastspiel geht es für Rast als nächstes weiter nach Katar. Dort bestreitet die WEC am 24. und 25. Februar den traditionellen Prolog, die offiziellen Vorsaison-Testfahrten. Eine Woche später erfolgt an selber Stelle der Saisonauftakt mit dem 1.812-Kilometer-Rennen in Doha. Das Saisonhighlight in Le Mans findet 2024 am 15. und 16. Juni statt.

Die WEC-Saison 2024 wird Rast im #20-BMW bestreiten, mit Formel-E- und DTM-Rennsieger Robin Frijns sowie dem ehemaligen DTM-Champion Sheldon van der Linde verfügt er über hochklassige Teamkollegen. Der Konkurrenzkampf hat es jedoch in sich: Neben BMW gesellen sich mit Lamborghini, Alpine und Isotta Fraschini drei weitere neue Hersteller zum Kreis der bereits etablierten Hypercar-/LMDh-Marken Toyota, Ferrari, Cadillac, Porsche und Peugeot.