Mit einer schwachen Performance im Qualifying glitten Stoffel Vandoornes letztem verbliebenen WM-Rivalen Mitch Evans die Chancen auf den Weltmeistertitel in der Formel E schon vor dem letzten Saisonrennen in Seoul durch die Finger. Am Ende konnte sich der Jaguar-Pilot von P13 zwar auf Rang sieben verbessern, doch das reichte bei Weitem nicht: Damit klaffte eine Punktelücke von 33 Punkten und Mercedes-Ass Vandoorne besiegelte seinen ersten Titel in der Elektrorennserie. Trotz anfänglicher Enttäuschung über den Vize-Titel zeigte sich Evans nach dem finalen Lauf in Seoul zufrieden.
"Ich bereue nichts", sagte Evans in Seoul zu Motorsport-Magazin.com. "Ich bin das gesamte Jahr über hart gefahren. Selbst heute habe ich alles gegeben, am Ende hat es aber einfach nicht gereicht. Das passiert manchmal." Schon im vergangenen Jahr musste sich Evans im WM-Kampf gegen einen Mercedes-Boliden geschlagen geben. Im extrem knappen Titelkampf 2020/21 lag der Neuseeländer am Ende mit nur neun Punkten hinter Nyck de Vries auf Platz vier.
Obwohl es dieses Jahr zumindest für Rang zwei reichte, konnte Evans die Rolle des Verfolgers nicht abschütteln. "Wir scheinen am Ende des Jahres einige Punkte zu verpassen. Das hat etwas mit unserer Konstanz zu tun - manchmal sind wir einfach super stark, dann gab es in den letzten Jahren ein paar Rennen, bei denen uns schlichtweg die Pace gefehlt hat", stellt der 28-Jährige nach dem Rennen fest. "Es tut weh, wenn ich daran denke, wie hart das Team arbeitet, wir haben einige sehr kluge und motivierte Köpfe bei uns. Dennoch können wir stolz auf vier Siege und den zweiten Platz sein."
In den vergangenen Jahren zählte Evans während der Saison stets zum Kreis der Titelanwärter, doch klappen wollte es bislang nicht. Mit seinen sechs Siegen und 18 Podestplätzen in 79 Rennen - allesamt für Jaguar - zählt der Kiwi zu den absoluten Top-Fahrern in der noch jungen Geschichte der Elektro-Rennserie. Der vom ehemaligen Formel-1-Fahrer Mark Webber betreute Werkspilot scheiterte jedoch immer wieder im Endspurt einer Saison. So auch in der letzten Saison mit den Gen2-Autos.
Jaguar: Fehlende Pace durch Sam Birds Handbruch?
Auch der Kampf um den Konstrukteurs-Titel wurde mit dem schlechteren Ende für Jaguar entschieden. Mercedes bestach im Gegensatz zu Jaguar mit überragender Konstanz. Für das Team mit der Raubkatze im Wappen kündigte sich schon vor zwei Wochen in London ein schwieriges Saisonfinale an. Stammfahrer Sam Bird zog sich in Rennen zwei im Jaguar-Heimatland einen Handbruch zu. Dadurch verpasste der Formel-E-Routinier mit 98 Rennstarts auf dem Konto seinen 100. Jubiläumsstart in Südkorea.
Stattdessen musste Jaguar-Ersatzpilot Norman Nato ran. Der ehemalige Venturi-Mann verspielte jedoch schon im ersten Rennen in Seoul wertvolle WM-Punkte. In der ersten Runde vergrub er zusammen mit fünf anderen Piloten seinen Boliden in der Barriere. Auch in Rennen zwei blieb der Franzose ohne Punkte. Fehlte in Seoul die Expertise des zweiten Stammfahrers?
"Norman ist ein sehr guter Ersatz mit viel Erfahrung und Rennsiegen auf dem Konto. Ich glaube, wir hatten heute einfach Probleme und Sam muss sich erst mal um seine Hand kümmern, um sicherzustellen, dass er bereit fürs nächste Jahr ist. Aber man kann nicht abschätzen, ob es mit ihm am Wochenende besser gelaufen wäre. Wir waren einfach generell ein bisschen zu weit weg", erklärte Evans.
Formel E: Jaguar mit neuer Teamstruktur bereit für Gen3
Mit der neuen Fahrzeuggeneration Gen3 verspricht sich Jaguar 2023 viel. Neben dem Hauptteam wird der britische Rennstall auch Envision-Racing mit Boliden ausstatten. "Es wird auf keinen Fall ein Nachteil sein. Das Team plant schon lange an den Strukturen für Gen3", so Evans. "Wir kennen unser Team und die Abläufe, das macht einen großen Wechsel wie diesen einfacher. Klar, wenn du zwei neue Fahrer hast, die du erst mal anlernen musst, ist das ein Risiko. Es ist aber nicht ungewöhnlich, mit neuen Fahrern in eine neue Generation starten zu wollen. Wir starten jedoch mit den gleichen Fahrern, das wird uns eine gewisse Stabilität geben, das Team weiß, was wir mögen und brauchen."
Um sich ideal auf die Herausforderung einer neuen Fahrzeuggeneration vorzubereiten, stehen den Piloten vor Saisonbeginn einige Stunden im Simulator und auch bei Testfahrten bevor. Die Devise des Vizemeisters ist jedoch erst einmal abzuschalten nach einer weiteren verpassten Titelchance in der Formel E. "Die nächsten paar Wochen werde ich wahrscheinlich erst einmal frei haben. Zum Winter hin wird es dann wahrscheinlich ein bisschen stressiger. Es wird keine verrückte Winterpause, aber wir haben schon ein wenig Arbeit vor uns", so Evans.
diese Formel E Nachricht