An einem höchst ereignisreichen Samstag hat Sam Bird das zweite Rennen der Formel E in Saudi-Arabien gewonnen. Der Jaguar-Neuzugang überquerte die Ziellinie beim Nachtrennen vor Pole-Setter Robin Frijns (Virgin) und dem zweifachen Meister Jean-Eric Vergne (DS Techeetah). Der Franzose verlor den Podestplatz nachträglich an Teamkollege und Champion Antonio Felix da Costa, weil er im Rennen den verpflichtenden zweiten Attack Mode nicht genutzt hatte.

Bird errang seinen zehnten Sieg in der Formel E nach einem Abbruch mit roten Flaggen. Knapp drei Minuten vor dem eigentlichen Ende und nach einer langen Safety-Car-Phase sorgte die Rennleitung für einen vorzeitigen Feierabend. Vorausgegangen war ein Unfall samt Überschlag von Alex Lynn nach einer Kollision mit Jaguar-Pilot Mitch Evans. Der Vorfall war im Fernsehen nicht zu sehen.

Private Video-Aufnahmen im Internet zeigten, dass sich Lynn bei diesem Vorfall überschlug und in die Streckenbegrenzung einschlug. Der Brite sei bei Bewusstsein, ansprechbar und ins Krankenhaus zu weiteren Untersuchungen eingeliefert worden, teilte sein Team Mahindra in einem ersten Statement mit.

"Bei einem so schweren Unfall wie im Falle von Alex zählt nur, dass er okay ist", sagte Vergne, der bis auf den zwölften Platz zurückfiel. "Leider konnte ich deswegen nicht meinen zweiten Attack Mode benutzen." Rund zwei Stunden nach dem Rennende wurden zahlreiche weitere Fahrer im Nachgang wegen unterschiedlicher Vergehen bestraft.

Rast fällt nachträglich aus den Punkten

Unter anderem verlor Rene Rast den zehnten Platz wegen zwei Durchfahrtsstrafen (2. Attack Mode nicht benutzt, zu schnell unter Gelb), die jeweils in 24-Sekunden-Zeitstrafen umgewandelt wurden.

Der Audi-Pilot hatte das Rennen nach einem strategisch verpatzten Qualifying von P19 aufgenommen und wurde schlussendlich 17. Rast: "Am wichtigsten ist, dass es Alex und auch Edo (Mortara) nach ihren schweren Unfällen den Umständen entsprechend gut geht. Nach dem Qualifying war heute nicht mehr viel drin." Teamkollege Lucas di Grassi wurde Achter.

Zweite Nullrunde für BMW

Einen rabenschwarzen Tag und die zweite Nullrunde in Folge erlebte BMW. Die Münchner haben als einziges Team keinen einzigen Punkt in Saudi-Arabien gesammelt. Jake Dennis fiel nach einer Kollision mit Pascal Wehrlein frühzeitig aus. Im Schlussdrittel war auch für Teamkollege Maximilian Günther nach einem Crash mit Tom Blomqvist vorzeitig Feierabend.

"Unmittelbar vor dem Zwischenfall heute musste ich mich gegen Oliver Rowland verteidigen, der hinter mir den Attack Mode genutzt hat", sagte Günther. "Meine Räder haben beim Bremsen in die Kurve auf der Innenseite blockiert, und ich konnte das Fahrzeug nicht mehr stoppen. So habe ich leider Tom Blomqvist getroffen."

Wehrlein nachträglich in Punkterängen

Auch Porsche verpasste am Samstag zunächst die Punkte. In Folge der zahlreichen Bestrafungen rückte Pascal Wehrlein allerdings vom 16. bis auf den zehnten Platz nach vorne und holte einen WM-Zähler. Zur Kollision mit BMW-Pilot Dennis sagte der frühere Formel-1-Fahrer: "Wenn du im Pulk mitfährst und um dich herum Autos hast, die im ersten Rennen auch schon stark unterwegs waren, ist es nicht einfach, weiter nach vorne zu fahren. Ich habe alles versucht und war dabei einmal etwas zu optimistisch - nach der Durchfahrtstrafe, die ich für dieses Manöver bekam, war keine bessere Platzierung möglich."

Andre Lotterer, der das Rennen nach einem Trainings-Unfall und verpasstem Qualifying aus der Box aufgenommen hatte, kam im Endergebnis nicht über den elften Platz (P17 beim Zieleinlauf) hinaus. Der dreifache Le-Mans-Sieger: "Für mich war es leider ein Wochenende zum Vergessen. Gestern eine Schraube im Reifen, heute der Unfall im freien Training, so dass ich das Qualifying auslassen musste."

De Vries führt Fahrer-Wertung an

Den Saisonauftakt am Freitag auf dem Wüstenkurs gewann Mercedes-Pilot Nyck de Vries. Nach dem verpassten Qualifying (siehe weiter unten) ging der Niederländer von Platz 20 ins Rennen und überquerte die Ziellinie auf dem 14. Platz. Auch de Vries profitierte von den vielen Strafen anderer Fahrer, landete letztendlich auf Rang neun und fuhr die schnellste Rennrunde. Mit 32 Punkten führt er die Gesamtwertung vor Sam Bird und Robin Frijns an.

De Vries: "Auf meinen ersten Sieg von gestern folgte heute ein frustrierendes Rennen. Alle waren auf einer ähnlichen Strategie unterwegs und so kamen wir nicht weit nach vorne. Aber solche Tage gehören zum Rennsport dazu. Persönlich fühlte ich mich stark, wir hatten ein gutes Paket und es ist schade, dass wir am Ende so viele Safety-Car-Phasen hatten, denn wir hätten mit drei Prozent mehr Energie im Vergleich zu unseren direkten Konkurrenten in der Schlussphase gut ausgesehen."

Großer Wirbel um Mercedes nach Mortara-Unfall

Großen Wirbel vor dem Rennen löste Edoardo Mortara aus. Der Pilot aus dem Mercedes-Kundenteam Venturi verunfallte im 3. Training am Samstagvormittag schwer und musste zu Untersuchungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. In der Folge verweigerte die Rennleitung sowohl Mercedes als auch Venturi die Teilnahme am Qualifying aus Sicherheitsgründen. Knapp eineinhalb Stunden vor dem Rennbeginn gab die FIA nach einer tiefgreifenden Untersuchung schließlich grünes Licht.

Mortara konnte das Rennen allerdings nicht aufnehmen, sein Auto war zu stark beschädigt. Vor dem Rennen sagte der frühere DTM-Pilot bei Sat.1: "Das war ein großer Crash mit ungefähr 50 G! Ich bin schon sehr dankbar, dass ich hier bin. Das Rennen können wir leider nicht starten, aber es ist gut, dass ich hier stehe."

Nach den beiden Nachtrennen in Saudi-Arabien gastiert die Formel E zum dritten Rennen der Saison in Rom (10. April 2021).

Fahrer-Gesamtwertung nach 2 Rennen - Top-8

PositionFahrerTeamPunkte
1Nyck de VriesMercedes32
2Sam BirdJaguar25
3Robin FrijnsVirgin22
4Edoardo MortaraVenturi18
5Antonio Felix da CostaTecheetah15
6Mitch EvansJaguar15
7Oliver RowlandNissan14
8Rene RastAudi13

Team-Gesamtwertung nach 2 Rennen - Top-8

PositionTeamPunkte
1Jaguar40
2Mercedes36
3Virgin22
4Dragon22
5Audi19
6Venturi18
7DS Techeetah15
8Nissan14

Formel E: So lief Rennen 2 in Saudi-Arabien

Die Startaufstellung: Nach den dramatischen Ereignissen rund um den Trainings-Unfall von Edo Mortara, erhielten Mercedes und Kundenteam Venturi rund 80 Minuten vor dem Rennen die Startfreigabe durch die FIA. Der Autobauer aus Stuttgart konnte das Problem bei Mortaras Auto aufklären, sodass die Rennleitung alle vier Mercedes-Boliden als sicher erachtete.

Der Vorfall überschattete das eigentliche Qualifying komplett - dabei ging es auch hier ordentlich zur Sache. Robin Frijns sicherte sich seine erste Pole Position im 48. Formel-E-Qualifying vor Sergio Sette Camara aus dem vergleichsweise kleinen Dragon-Rennstall. Teamkollege Nico Müller wurde Sechster. Sam Bird, Oliver Turvey und Tom Blomqvist (P3 bis P6) starteten ebenfalls aus den ersten drei Reihen.

Überhaupt nicht nach Plan lief es für die vier Deutschen: Andre Lotterer verpasste das Qualifying nach einem Trainings-Unfall und startete aus der Box. Rene Rast schaffte keine schnelle Runde wegen schlechten Timings und startete von Platz 19. BMW-Pilot Max Günther kam nicht über den elften Startplatz hinaus, Pascal Wehrlein im Porsche wurde 16.

Das Wetter: Das Rennen begann unter dem künstlichen Flutlicht um 20:00 Uhr Ortszeit. Am Abend herrschten 20 Grad Außentemperatur (Strecke: 20 Grad) im historischen Stadtteil Diriyah nahe der Hauptstadt Riad.

Der Start: Robin Frijns hatte keine Probleme, die Pole durch die erste Runde zu bringen, weil Hintermann Sergio Sette Camara früh Druck von Sam Bird bekam und seinen Platz nach wenigen Kurven einbüßte. Auf den folgenden Plätzen gab es keine Positionswechsel, Oliver Turvey, Tom Blomqvist und Nico Müller folgten auf P4 bis 6. Maximilian Günther beendete die erste Runde auf seinem Startplatz 11, Pascal Wehrlein und Rene Rast folgten auf den Plätzen 16 und 17. Andre Lotterer fuhr nach seinem Start aus der Box am Ende des Feldes.

Der Fanboost: Stoffel Vandoorne setzt seine Serie auch in der dritten aufeinanderfolgenden Saison fort: Fanboost in jedem seiner bisherigen 26 Rennen des Mercedes-Fahrers! Teamkollege Nyck de Vries erhielt die kurzzeitige Zusatzleistung ebenso wie Sergio Sette Camara, Antonio Felix da Costa und Lucas di Grassi.

Die Zwischenfälle: Mercedes-Pilot Stoffel Vandoorne trat früh im Rennen eine 10-Sekunden-Stop-And-Go-Strafe an, weil das Team einige Teile an seinem Antriebsstrang ausgetauscht hatte. Nach der Nicht-Teilnahme am Qualifying fuhr der amtierende Vize-Meister zu diesem Zeitpunkt im hinteren Teil des Feldes.

In Runde 22 wurde es haarig bei Techeetah: Antonio Felix da Costa und Teamkollege Jean-Eric Vergne kamen sich auf den Plätzen drei und vier liegend ins Gehege und berührten sich sogar mit ihren schwarz-goldenen Boliden. Der Vorfall blieb ohne schwerwiegende Folgen.

Die Ausfälle: Edoardo Mortara konnte das Rennen nach seinem Trainings-Unfall nicht aufnehmen. Venturi gelang es nicht, das Auto rechtzeitig zu reparieren. In der Startaufstellung standen 22 Autos, nachdem Porsche-Pilot Andre Lotterer das Rennen aus der Boxengasse aufnahm.

In Runde 17 kollidierte Pascal Wehrlein (Porsche) mit dem BMW von Rookie Jake Dennis. Der Brite musste seinen Boliden mit einer beschädigten Aufhängung am Streckenrand parken. Der Vorfall löste eine Full Course Yellow-Phase aus.

Der nächste Ausfall folgte in Runde 27, als Sebastien Buemi auf der Strecke liegen blieb. Wenig später kollidierte Maximilian Günther mit Tom Blomqvist - das Aus für den Allgäuer und damit der zweite BMW-Ausfall. Zur gleichen Zeit überschlug sich Alex Lynn nach einer Kollision mit Mitch Evans. Die Rennleitung schickte das Safety Car nach einer Full Curse Yellow auf die Piste. Nach einigen Runden wurde das Rennen mit roten Flaggen abgebrochen.

Dieser Artikel wurde nachträglich in Folge zahlreicher Ergebnis-Änderungen aktualisiert