Lucas di Grassi gehört zum elitären Kreis der Fahrer, die seit 2014 jedes der bisherigen 69 Rennen in der Formel E bestritten haben. Zur kommenden Saison 2021 muss sich der Audi-Veteran umgewöhnen: Mit Rene Rast erhält di Grassi nach sechs Jahren einen neuen Teamkollegen für die gesamte Saison.

Der dreifache DTM-Champion folgt auf Daniel Abt, der in diesem Jahr nach dem berüchtigten Computerspiel-Skandal von Audi vor die Tür gesetzt wurde und das Saisonfinale in Berlin stattdessen für das kleine chinesische Team NIO 333 bestritt. Für das Audi-Werksteam fuhr stattdessen Rast die sechs Rennen innerhalb von nur neun Tagen.

Rast war für di Grassi schon davor kein Unbekannter. Bereits 2015 traten sie bei den 24 Stunden von Le Mans für das Audi Sport Team Joest an, wenngleich auf unterschiedlichen Autos. "Rene ist ein extrem erfahrener und sehr guter Fahrer. Er arbeitet sehr hart", sagte di Grassi bei der Vorstellung des neuen Formel-E-Autos, für das Audi erstmals den Antriebsstrang in kompletter Eigenregie entwickelt hat.

Di Grassi: Abt oft als Fahrer unterschätzt

Di Grassi weiter: "Ich komme schon seit LMP-Tagen sehr gut mit Rene klar. Wir kennen uns lange und ich habe sehr großen Respekt vor ihm. Das gleiche gilt für Daniel. Er war oftmals sehr unterschätzt für seine Qualitäten als Fahrer. Er war nicht so ein harter Arbeiter. Das war der einzige Unterschied zu Rene, würde ich sagen." Gleichzeitig wies der 36-Jährige darauf hin, dass Rast noch am Beginn seiner Formel-E-Karriere stehe.

Vorgänger Abt erzielte in 63 Rennen für Audi zwei Siege, zehn Podestplätze und zwei Pole Positions. Mit 390 Punkten belegt er aktuell den fünften Platz in der ewigen Statistik. Angeführt wird die Liste von di Grassi, der 796 Punkte durch zehn Siege und 32 Podiumsplätze sammeln konnte. Abt hat angekündigt, sich am kommenden Sonntag zu seiner Zukunft im Motorsport äußern zu wollen.

Rast: Steile Lernkurve in der Formel E

Sein Potenzial im Elektro-Rennwagen ließ Nachfolger Rast bereits bei den sechs Rennen in Berlin im August dieses Jahres erkennen. Eine kurze und steile Lernkurve endete mit den Plätzen drei und vier in den letzten beiden Rennen auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof. "Er ist eine großartige Ergänzung für das Team", fand di Grassi. "Hoffentlich ist unser Paket gut genug, sodass wir in der kommenden Saison um beide Meisterschaften kämpfen können."

Audi zählt seit Beginn der Formel E jährlich zu den Titelfavoriten und holte mit di Grassi 2017 die Fahrer- sowie 2018 die Team-Meisterschaft. Die abgelaufene und wegen der Corona-Krise verkürzte Saison lief jedoch nicht nach Plan für das Team, dessen Renneinsätze weiter von Abt Sportsline - zuletzt Rasts Titelgegner-Team in der DTM - durchgeführt werden. Hinter Team-Champion DS Techeetah kam Audi nicht über den sechsten Platz hinaus.

Rast und di Grassi treffen bei den anstehenden Kollektiv-Testfahrten in Valencia (28. November-01. Dezember) erstmals auf die Konkurrenz. Für den Deutschen dürfte der Fokus darauf liegen, sich weiter ins Team zu integrieren und Abläufe bei Rennsimulationen zu erlernen. Um einen Eindruck von den üblichen Stadtkursen zu erhalten, eignet sich der permanente Circuit Ricardo Tormo wenig.

Formel E: Alle Audi-Rennwagen 2014-2021 auf einen Blick (00:29 Min.)

Rast: Spannender als jedes Formel-1-Rennen

Mit Prognosen für seine erste volle Saison in der Formel E hielt sich Rast zurück. "Das ist schwer zu sagen", sagte er. "Das ist natürlich Neuland für mich. Außer Berlin kenne ich keine Strecke. Es wird eine große Herausforderung für mich, da schnell reinzukommen. Vor allem sind die Events ja eigentlich alle an nur einem Tag. Das heißt, ich muss brutal schnell lernen."

Weitere Podestplätze seien das Ziel in der Rennserie, in der vieles etwas anders läuft als in traditionellen Rennserien. Rast: "Die Rennen sind immer unvorhersehbar, spannender als jedes Formel-1-Rennen. Es passiert mehr, es gibt mehr Action. Auch für die Fahrer ist das sehr anspruchsvoll." Die siebte Saison der Formel E, erstmals als FIA-Weltmeisterschaft, beginnt mit einem Doppel-Rennen in Santiago de Chile am 16./17. Januar 2021.