Christian, Dein erster Eindruck nach dem Qualifying. Wo steht die Formel 1 2010?
Christian Klien: Es war extrem interessant. Die vier Top-Teams, die ich und andere vorne gesehen habe, sind auch vorne. Dass Red Bull mit Sebastian Vettel ganz vorne steht, hätte ich nicht gedacht, aber er hat eine tolle Runde hingezaubert. Wobei man eigentlich sagen muss, dass er das ganze Qualifying über schnell unterwegs war. Ich glaube, dass Ferrari in der Rennpace sehr, sehr stark sein wird, vielleicht im ersten Stint länger draußen bleiben kann und somit an Sebastian vorbei gehen kann. Dahinter ist es mit Mercedes und McLaren sehr knapp. Der Verlauf des Rennens wird sicher interessant werden. Grundsätzlich ist es eine spannende Ausgangsposition für die Saison.

Massa hat Alonso geschlagen, Rosberg Schumacher - für Dich eine Überraschung
Christian Klien: Teamintern waren einige Überraschungen dabei. Jeder hat heute versucht vor dem jeweiligen Teamkollegen zu sein - das versucht man prinzipiell bei den ersten Rennen, um die Sympathie im Team auf seine Seite zu ziehen. Heute hat sicher jeder sein Bestes gegeben.

Bestätigt sich die Einschätzung, dass es für Michael Schumacher nicht so leicht wird?
Christian Klien: Wenn man sich die ganzen Freien Trainings anschaut, dann würde ich das schon sagen. Nico war im Schnitt zwischen zwei und vier Zehntel schneller als er. Auf der anderen Seite kann man sagen, dass Nico ein guter Fahrer ist. Speziell im Qualifying hat er auch im Vorjahr bei Williams gezeigt, dass er sehr schnell ist.

Was ist Deiner Meinung nach das größte Problem für Schumacher?
Christian Klien: Er war drei Jahre lang weg. Die Technik hat sich verändert und ich glaube, dass junge Piloten wie Rosberg schon gut ausgebildet in die Formel 1 kommen. Das heißt, dass Schumacher, wenn er kommt, nicht auf Anhieb vor ihm sein wird.

Ist das für die anderen Piloten eine Bestätigung, zu sehen, dass Schumacher auch nur mit Wasser kocht?
Christian Klien: Sehen tut man es erst, wenn man gegen ihn fährt. Nico sieht jetzt, was er im Team macht - auf der anderen Seite kann Nico extrem viel von Schumacher lernen. Umsonst wird einer nicht siebenfacher Weltmeister. Er kann die Arbeitsweise und wie er an die Sachen herangeht, von ihm abschauen. Rein fahrerisch, denke ich nicht, dass Nico viel schlechter ist.

Wie sieht die Lage momentan bei Dir aus?
Christian Klien: Dieses Wochenende bin ich als ORF-Kommentator dabei. Man hat mich gefragt, ob ich als Ersatz für Alexander Wurz einspringen will. Ansonsten bin ich bei Peugeot wieder an Bord. Dennoch schaue ich nach wie vor, welche Möglichkeiten es in der Formel 1 gibt.

Colin Kolles hat angedeutet, dass er Dich gerne als dritten Fahrer hätte. Wäre das eine Option?
Christian Klien: Ja, das wäre definitiv eine Option. Ich glaube, dass es für das Team sehr wichtig ist, einen Fahrer zu haben, der Erfahrung mitbringt. Das Auto ist völlig neu und wurde nur wenig getestet - mit einem erfahrenen Piloten könnte man schneller Fortschritte machen.

Was hast Du für einen Eindruck von HRT und den anderen Neuen gehabt?
Christian Klien: Von HRT kann man an diesem Wochenende nicht sehr viel verlangen, außer dass sie so viele Runden wie möglich auf der Strecke sind. Es war eine Meisterleistung von Colin, dass alles in drei Wochen auf die Beine zu stellen. Von den neuen Teams schätze ich Lotus als das Beste ein, auch wenn sie von den Rundenzeiten her leicht geschlagen wurden. Aber sie sind am standfestesten und haben auch das meiste Potenzial. Bei Virgin ist schockierend, dass immer wieder Teile vom Auto wegfliegen, als Fahrer hätte ich da schon bedenken.

Bei HRT flogen heute keine Teile weg. Kann man in dieser Hinsicht sagen, dass HRT einen soliden Job heute gemacht hat?
Christian Klien: Brunos Auto war recht solide. Er ist am Freitag schon 17 Runden gefahren, heute im Qualifying sechs, sieben Runden wie alle anderen. Bei dem Auto von Chandhok hatte man ein Problem mit der Hydraulik. Dafür sind Wintertests da, um solche Sachen auszumerzen. Solche Probleme haben andere Teams auch gehabt. Generell ein starker Start.