Pro: Schumacher bringt Schwung

von Stephan Heublein

Sommer 2009. Die Begeisterungswelle nach der Comeback-Ankündigung von Michael Schumacher für Ferrari ist enorm. Die gesamte Medienwelt scheint sich nur noch um den siebenfachen Weltmeister zu drehen. Diese Euphorie überraschte selbst Schumacher, der wusste, dass er zu seiner aktiven Zeit alles andere als von allen Fans und Medien geliebt wurde - der Umdenkprozess und die weltweiten, positiven Reaktionen scheinen ihm endgültig signalisiert zu haben: Die Formel 1 will ihn zurück, die Formel 1 braucht ihn.

Vergesst alle Herstellerausstiege, Krisen, Skandale, Affären und Kellergeschichten - die Königsklasse des Motorsports würde mit einem Schumacher-Comeback endlich wieder positive, sportliche Schlagzeilen schreiben.

Pro: Solche Jubelbilder fehlen der Formel 1., Foto: Sutton
Pro: Solche Jubelbilder fehlen der Formel 1., Foto: Sutton

Wie gut, dass ihm nach drei Jahren Privatleben anscheinend langweilig geworden ist - Kart- und Motorradrennen reichen ihm nicht mehr aus, nur Spaß zu haben ist schön, aber der Wettkampfmensch Schumacher möchte sich auch mit anderen messen - wie beim Race of Champions, wo er und Sebastian Vettel die Konkurrenz in Grund und Boden fuhren. 2010 könnten die beiden deutschen Superstars zum ersten Mal in einem Formel-1-Auto gegeneinander antreten! Allein dafür lohnt sich das Comeback schon.

Aber es gibt noch mehr epische Duelle: Schumacher würde auch erstmals in einem Rennen auf Lewis Hamilton treffen, den er nur auf der Teststrecke einige Male im Auto begegnete. Schon damals wurde das Duell hochgespielt, jetzt würde es richtig heiß: der Rekordchampion im Werks-Mercedes gegen den jüngsten Champion aller Zeiten im McLaren Mercedes. Und dann gibt es da noch Fernando Alonso, der mit Schumachers alter Ferrari-Familie eine ähnliche Ära beginnen möchte, wie sie Schumacher ein Jahrzehnt dort erlebte. Seit dem verlorenen WM-Titel 2006 hat Schumacher mit Alonso auch noch eine Rechnung offen.

Aber könnte er nach einer so langen Pause wirklich konkurrenzfähig sein? Natürlich, sagen alte Wegbegleiter wie Mika Häkkinen, Eddie Jordan, Eddie Irvine und Damon Hill. Das letzte bisschen Speed, die letzten Tausendstel wird er vielleicht nicht mehr so abrufen können, wie das Ende 2006 noch der Fall war, als er drei Jahre jünger war und voll im Training stand - aber es erwartet auch niemand, dass er erneut zur Saisonhälfte schon den WM-Titel einfährt. Für gute Ergebnisse sollte es trotzdem reichen, so lange die Gesundheit mitspielt. Eins ist klar: Die Konkurrenz ist heutzutage größer denn je zuvor in seiner Karriere. Mit Ferrari, McLaren, Red Bull und Brawn könnte es vier Topteams geben, die um Siege und den Titel kämpfen - und Schumacher mittendrin.

Contra: Schumacher zu alt für die F1

von Kerstin Hasenbichler

Am 3. Januar wird Michael Schumacher 41 Jahre alt. Vielleicht fühlt sich der Deutsche mit Anfang 40 noch wie Mitte 30, aber die Realität sieht anders aus: Schumacher ist keine 30 mehr, sondern geht viel mehr auf die 50 zu. Kein Alter, in dem man wieder in einen F1-Boliden steigen sollte. Denn in diesem Sport kommt es nicht nur auf Motoren, Chassis und Reifen an, sondern auch auf die physische Kraft des Piloten. Seit drei Jahren hat Schumacher keinen Härtetest mehr auf der Rennstrecke absolviert.

Contra: Schumacher sollte den Helm am Nagel hängen lassen., Foto: Sutton
Contra: Schumacher sollte den Helm am Nagel hängen lassen., Foto: Sutton

Ein paar Trainingsfahrten hier. Ein paar Spaßduelle dort. Aber ein Rennen unter härtesten Wettkampfbedingungen, das hat Schumacher in einem F1-Boliden schon lange nicht mehr absolviert und wie bei jedem Menschen lässt mit zunehmendem Alter das Reaktionsvermögen nach. Dieses Manko könnte Schumacher mit seiner Erfahrung kompensieren - aber nur eine gewisse Zeit. "Michael kann ohne Zweifel noch gut Autofahren. Aber er ist nicht mehr der Jüngste", meinte Sebastian Vettel.

Weiters steht die Frage im Raum, ob sein Nacken überhaupt die Belastung eines ganzen Rennens durchsteht. Im Sommer scheiterte das geplante Comeback im Ferrari am Veto der Ärzte. Schumacher sollte einfach einsehen, dass er zu alt ist und nicht so enden wie Sir Ranulph Twisleton-Wykeham-Fiennes. Vier Monate nach einer Bypass-Operation lief der Mittsechziger in sieben Tagen sieben Marathons auf sieben Kontinenten. So verrückt ist Schumacher hoffentlich nicht. Und wenn ihn sein Alter nicht abschreckt, dann sollte der siebenfache Weltmeister zumindest auf seinen eigenen Rat hören.

"Die Formel 1 verändert sich ständig, die Technik, die Motoren, die Regeln, die Pisten. Wenn du einmal raus bist, bist du raus", erklärte Schumacher 2006. Und seit seinem Ausstieg hat sich einiges verändert, vor allem die Aerodynamik wurde radikal beschnitten. Ganz zu schweigen von Neuerungen wie dem Doppeldiffusor, der Rückkehr zu Slicks und verstellbaren Frontflügeln. Aufgrund des Testverbots dürfte Schumacher zudem erst ab Februar mit seinem neuen Silberpfeil testen. Damit blieben ihm nur wenige Testwochen bis zum Saisonstart, um sich an alle Neuerungen zu gewöhnen.

Mit sieben WM-Titeln hat sich Michael Schumacher selbst zu einer F1-Legende gemacht. Doch mit nur einem schlechten Jahr könnte er sich seinen Legendenstatus wieder zerstören. Wenn er mit den jungen Wilden nicht mithalten kann, dann wäre das ein nicht wieder gut zumachender Imageschaden. Daran sollte er lieber denken, bevor er für Mercedes GP wieder in den Wagen steigt.