"Silly Season" heißt die Transferzeit in der Formel 1 - und kaum einmal trug sie ihren Namen so zu Recht wie in dieser Saison. Denn in diesem Jahr ist alles noch verrückter, es gibt noch mehr Durcheinander als üblich. Und zwar deshalb, weil es nicht nur darum geht, die derzeitigen - und den ein oder anderen neuen - Fahrer auf bestehende Teams zu verteilen. Noch ist immer noch nicht klar, welche Teams es 2010 überhaupt geben wird, zum Teil sind noch die Motoren offen, immer wieder tauchen für Plätze suchende Piloten neue "Fallstricke" auf.

Der Ausstieg von BMW, die Enthüllung von Toyota, dass das Budget für 2010 vom Vorstand eben doch noch nicht verabschiedet ist - all das sind schlechte Nachrichten für Timo Glock, der ansonsten laut John Howett wohl bei den Japanern bleiben könnte, die Frage, ob sich auf dem Neueinsteiger-Feld noch etwas verschiebt, was etwa bei dem Kontrollbesuch der FIA bei USF1 herauskommt, ob es doch noch Nachrücker wie David Richards oder Joan Villadelprat mit Epsilon Euskadi gibt...

Wer taucht 2010 auf dem Gruppenfoto in Melbourne auf?, Foto: Sutton
Wer taucht 2010 auf dem Gruppenfoto in Melbourne auf?, Foto: Sutton

Fakt ist: So perfekt, wie es zum Teil dargestellt wird, soll dort noch immer nicht alles sein - das YouTube-Geld, so hört man zum Beispiel hinter den Kulissen, sei nur ein vorläufiges Investment, das in erster Line dazu dienen solle, weitere Sponsoren anzulocken, das aber, sollte das nicht klappen, auch im November wieder zurückgezogen werden könnte...

Die Hinwil-Lösung

Bei BMW-Sauber wird zwar hinter den Kulissen sehr intensiv an einer Lösung für den Weiterbestand gearbeitet: Peter Sauber hat einige Investoren an der Hand, Petronas und die Billigfluglinie Air Asia, grundsätzlich scheint der südostasiatische Raum ein interessantes Gebiet für die Suche zu sein. Inzwischen hat man wohl auch in München gemerkt hat, dass die erste Verhandlungsbasis von 65 Millionen Euro zu hoch angesetzt war, dass man aber insgesamt als Unternehmen noch besser wegkommt, wenn man für einen niedrigeren Preis verkauft, als wenn man das Werk komplett schließt - die Frage ist nur, ob und wann man sich auf eine deutlich niedrigere, für potentielle Investoren realistische Summe einigen kann. Motoren wären dank der früheren Sauber-Verbindung zu Ferrari sicher kein Problem, gute Fahrer, vielleicht auch der ein oder andere mit gewisser Mitgift, wären sicherlich leicht zu finden...

Wirklich sicher für 2010 ist derzeit nur die Red-Bull-Besetzung mit Vettel und Webber - dafür ist dort noch die Motorenfrage offen. Nach den Problemen mit Renault hätte man zu gern Mercedes, allerdings, so hört man hinter den Kulissen, stimme die persönliche Chemie zwischen Dietrich Mateschitz und Norbert Haug nicht so richtig, was die Sache nicht einfacher mache... Außerdem wartet Mercedes, wo es ja einige Anfragen gibt, möglicherweise immer noch, was sich im Fall David Richards tut, mit dem man einen langjährigen Kontakt über McLaren hat - und mehr als vier Teams werden auch mit Sondergenehmigung nicht gehen.

Rosberg und McLaren

Klar scheint auf dem Fahrermarkt - neben dem wenn auch immer noch nicht offiziellen Alonso-Wechsel zu Ferrari - auch, dass Nico Rosberg eindeutig auf dem Weg zu McLaren-Mercedes ist. Die Liebeserklärungen von beiden Seiten werden im Laufe der Zeit immer deutlicher, mit dem Wegfall der Alternative BMW hat man wohl im Hause Rosberg - vor allem bei Papa Keke - beschlossen, über seinen Schatten zu springen und sich der Herausforderung Hamilton bei den Silbernen zu stellen. Wer davon überhaupt nicht begeistert ist, ist Papa Hamilton - aber es scheint, dass der sich diesmal nicht gegen McLaren- und Mercedes-Interessen durchsetzen kann.

Robert Kubica interessierte sich nach dem BMW-Ausstieg erst einmal stark für Toyota - und umgekehrt, doch die Unsicherheit, ob es dort überhaupt weitergeht, dürfte ihn nachdenklich gemacht haben. Naheliegend wäre Renault, doch da gefällt ihm bis jetzt nicht, dass Flavio Briatore ihn auf drei Jahre binden möchte, wobei auch Heikki Kovalainen bei den Franzosen ein Kandidat wäre für den Platz neben Romain Grosjean - als Briatore-Schützling, aber auch Williams hat bei Kubica angefragt...

Nick Heidfeld verhandelt vor allem mit Williams, wo auch Eigengewächs Nico Hülkenberg weit oben auf den Liste steht, und Brawn, wobei bei Ersteren durch die wahrscheinliche Trennung von Toyota und damit auch Nakajima zwei Plätze frei werden könnte, aber genau die Frage offen ist, welcher Motor kommt - Renault? Mercedes? Oder doch gar nur Cosworth? Und Ross Brawn hat jetzt, nach Rubens Barrichellos erstem perfekten Wochenende des Jahres, gleich mal verkündete, er sehe keinen Grund, an seiner Fahrerbesetzung etwas zu ändern...

Offene Sponsorenfragen

Brawn muss sich neue Sponsorenaufkleber suchen., Foto: Sutton
Brawn muss sich neue Sponsorenaufkleber suchen., Foto: Sutton

Interessanterweise wenige Tage, nachdem Jenson Button durchblicken ließ, er habe für 2010 noch keinen Vertrag, sei für Angebote offen. Auch interessant: Nachdem in Valencia die Frage, wie sich Brawn wohl 2010 finanzieren werde, allgemeiner Paddocktalk war, lancierte zwei Tage später Geschäftsführer Nick Fry über sein heimliches Sprachrohr Autosport, dass ja alles überhaupt kein Problem und die Finanzierung für die nächsten drei Jahre in trockenen Tüchern sei - nur Namen könne man noch keine nennen, alles streng geheim bis zum Launch 2010. Es ist nur ein bisschen komisch, dass potentielle Brawn-Sponsoren dann nicht jetzt schon die Werbewirksamkeit eines wahrscheinlichen WM-Gewinns 2009 mitnehmen wollen...

Auch Adrian Sutil hat bei Brawn und Williams angeklopft, sollte da nichts gehen, würde er wohl doch noch ein Jahr beim derzeit im Aufwind befindlichen Force India-Team bleiben, sehr wahrscheinlich mit neuem Teamkollegen, Giancarlo Fisichella ist ja auf dem Weg zum Ferrari-Testfahrer. Einer der Kandidaten wäre Bruno Senna, der aber auch - entgegen anderslautender Gerüchte in spanischen Medien, weiter bei Campos auf der Liste steht - zumindest hat ihm Adrian Campos das persönlich bestätigt.

Der Brasilianer könnte auch ein Thema für ein gerettetes Sauber Team sein - gute Perspektiven, bewiesene Qualitäten in der GP2 und bei einem ersten F1-Test im vergangenen Winter, gutes Marketingpotenzial und ein paar Sponsorgelder in der Hinterhand. Allerdings nicht so viele wie Vitaly Petrov - nicht umsonst taucht der Name des Russen, der in diesem Jahr in der GP2 auch keine so schlechte Figur macht, an verschiedenen Stellen immer wieder auf: Seine 15 Millionen Dollar aus Russland sind in heutigen Zeiten schon ein Argument...