Jackie Stewart, der heute seinen 75. Geburtstag feiert, prägte die Formel 1. Auf der Strecke war der Schotte vor allem in den Jahren zwischen 1968 und 1973 nur schwer zu schlagen. Er gewann drei Mal den Weltmeistertitel und feierte in 99 Rennen 27 Siege. Zu Beginn seiner Karriere machte er sich nur wenige Gedanken über die Sicherheit in der Formel 1. Doch das sollte sich bald ändern.

Umdenken nach schwerem Unfall

Ein schwerer Unfall beim belgischen Grand Prix am 12. Juni 1966 führte beim Schotten zum Umdenken in der Sicherheitsfrage. Bei strömendem Regen war sein Wagen von der Stecke abgekommen und hatte sich überschlagen. Stewart war im Cockpit eingeklemmt, die herbeigeeilten Fahrer Graham Hill und Bob Bondurant befreiten ihn aus der misslichen Lage.

Stewart verunglückte in Belgien 1966 schwer, Foto: Phipps/Sutton
Stewart verunglückte in Belgien 1966 schwer, Foto: Phipps/Sutton

Der BRM-Pilot hatte einen Tag nach seinem 27. Geburtstag Glück im Unglück und sich lediglich Hautverbrennungen zugezogen. "Ich war 25 Minuten im Cockpit, das sich mit Benzin gefüllt hatte. Graham und Bob haben mich mit Werkzeugen eines Zuschauers aus dem Wagen geholt", so Stewart. Nach diesem Unfall habe er sich das erste Mal ernsthafte Gedanken über die Sicherheit gemacht.

Es habe damals keine ordentliche medizinische Versorgung an der Strecke gegeben. "Ich wurde zuerst in einem Truck erstversorgt und erst dann kam der Ambulanzwagen. Doch der Fahrer hat den Weg zum Krankenhaus nach Lüttich nicht gefunden. Das war einfach erbärmlich." Stewart brachte von da an einen Privatarzt zu den Rennen mit, sein Team BRM stellte dem gesamten Fahrerfeld einen Truck mit medizinischer Ausrüstung zur Verfügung. Abnehmbare Lenkräder wurden Standard.

Die Sicherheit wird weiter ausgebaut

Die Formel 1 wurde in den kommenden Jahren immer schneller, die Rennstrecken waren veraltet, hatten zum Teil keine Auslaufzonen, Fangzäune oder Leitplanken - stattdessen fuhr man wie in Rouen mit 300 km/h durch eine Allee oder in Spa wenige Zentimeter an Bäumen, Hausmauern und Telegrafenmasten vorbei.

Stewart druckte seine Blutgruppe auf Helm und Anzug, Foto: Sutton
Stewart druckte seine Blutgruppe auf Helm und Anzug, Foto: Sutton

"Wir haben damals Monat für Monat Freunde verloren. Es war mir ein Anliegen, für mehr Sicherheit zu kämpfen", so Stewart, der seine Blutgruppe zuerst auf seinen Helm und später auf den Rennoverall drucken ließ. Dies wurde später bis in die 1980er Jahre sogar Pflicht.

Ab der Saison 1968 sollten Heckflügel für ein stabileres Fahrverhalten sorgen. Zudem mussten auf allen Boliden Überrollbügel montiert werden, die fünf Zentimeter über dem Kopf des Fahrers endeten. Feuerfeste Kleidung sollte vor Verbrennungen schützen. In diesem Jahr fand auch zum letzten Mal ein Rennen im französischen Rouen statt. Nach dem tödlichen Unfall von Jo Schlesser wurde er aus dem Rennkalender gestrichen.

Kritiker und Fahrer gegen Stewart

Doch Stewart hatte nicht nur Mitstreiter. Kritiker warfen ihm Profilierungssucht vor. Fahrer wie Jacky Ickx oder Pedro Rodriguez machten sich zudem nichts aus Sicherheit. Sie wollten einfach nur fahren - egal unter welchen Bedingungen. So stand der Grand Prix von Belgien 1970 kurz vor der Absage. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke in den Ardennen gab es so gut wie keine Sicherheitsmaßnahmen.

Jackie Stewart stand und steht für mehr Sicherheit in der Formel 1, Foto: Ryder/Sutton
Jackie Stewart stand und steht für mehr Sicherheit in der Formel 1, Foto: Ryder/Sutton

Rodriguez sorgte mit der Aussage "Wenn es sein muss, fahre ich auch ohne Wertung" für Aufregung. Stewart gab sich geschlagen, das Rennen fand schlussendlich statt. Rodriguez gewann mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 240 km/h. 1971 war dann endgültig Schluss, von da an wurde der Große Preis von Belgien in Nivelles (zweimal) und später in Zolder (zehnmal) ausgetragen.

"Beliebter aber tot"

1971 wurde Stewart nach 1969 zum zweiten Mal Weltmeister. Er traf sich in dieser Zeit mit Streckeneigentümern, um mit ihnen über Sicherheitsvorkehrungen zu sprechen. Die neuen Kurse mussten von da an doppelte Leitplanken haben. Die Boxen wurden von der Strecke durch eine Mauer getrennt, Strohballen wurden ebenfalls verbannt und im Gegenzug Fangzäune errichtet. Erst in diesem Jahr wurde in der Formel 1 die Gurtpflicht eingeführt. Stewart hatte lange dafür gekämpft. Ebenso für feuerfeste Unterwäsche, die ab 1972 zur Standardausrüstung der Fahrer gehörte.

Bereits zu Beginn des Jahres 1973 hatte Stewart seiner Frau Helen versprochen, die Karriere mit Ende der Saison zu beenden. In Kanada fuhr der Weltmeister seinen 99. und letzten Grand Prix. Nach dem tödlichen Unfall seines Teamkollegen und Freundes François Cevert im Qualifying zum Großen Preis der USA in Watkins Glen verzichtete Stewart auf einen Start und gab seinen Rücktritt bekannt.

Zurückblickend auf seinen Kampf für mehr Sicherheit der Rennwagen und auf den Strecken sagte er: "Ich wäre ein viel beliebterer Weltmeister gewesen, wenn ich das gemacht und gesagt hätte, was die anderen Leute von mir wollten. Ich wäre dann wahrscheinlich beliebter gewesen, aber mit Sicherheit auch tot."