Der Ausflug nach Montreal gehört zu den beliebtesten überhaupt für die meisten im Formel-1-Tross - aber nicht nur, "weil diese Strecke noch eine der wenigen mit Seele und Charakter ist", wie Sebastian Vettel meint. Es ist vor allem das Drumherum, die Atmosphäre in der Stadt, die ihren Grand Prix lebt und feiert wie sonst vielleicht nur noch Melbourne.

Die Folge: Obwohl das Fahrerlager am Ufer des olympischen Ruderbeckens von 1976 durchaus Charme hat - auch wenn die Umbauten in diesem Jahr mit mehr Gebäuden und weniger "Gartenfeeling" zumindest außerhalb der Teams eher wenig Beifall finden - ist es vor allem am Donnerstag und Freitag spätestens ab 17:00 Uhr schon ziemlich leer, selbst die Mechaniker scheinen es irgendwie zu schaffen, hier ihre Autos schneller fertig zu kriegen als anderswo. Wer kann, der flüchtet - schließlich bietet sich in wenigen Kilometern Entfernung deutlich Attraktiveres: Shopping in der Stadt - beim günstigen Dollarkurs natürlich besonders interessant. Aber nicht nur Jeans- und Modeläden sind das Ziel - wenn auch das der allermeisten. Es gibt auch ein paar Ausnahmen. Nick Heidfeld zum Beispiel, ein Freund moderner Kunst, hat hier in Montreal schon fast eine "Stammgalerie", wo er regelmäßig einkauft.

Zweiter großer Pluspunkt von Montreal über viele Jahre hinweg: Die ungeheuer vielfältige Restaurantszene, gute Qualität zu vernünftigen Preisen. Was allerdings allmählich umzukippen droht: Denn nach den Hotels, wo das Phänomen schon seit zwei oder drei Jahren zu beobachten ist, haben jetzt auch die Lokale offenbar die Chancen und Möglichkeiten der "Grand-Prix-Preise" entdeckt. Aus Monaco etwa kennt man das ja schon - FIA-Safety-Car-Fahrer Bernd Mayländer sollte dort vor zwei Wochen in einem relativ "normalen" Restaurant für ein Menü pro Person 500 Euro berappen, verzichtete dann aber dankend auf den angebotenen Tisch. Dass die Unsitte jetzt auch hier um sich greift, mussten drei deutsche Kollegen feststellen: 760 Dollar Rechnung in einem der "angesagteren" Steakhäuser, "und dabei war die Qualität schlechter als in jedem deutschen Maredo um die Ecke..."