1. - S wie Startaufstellung

"Ich liebe diesen Kurs!", entfuhr es Felipe Massa nach seiner ersten Ausfahrt in der Türkei im Jahr 2005. Erst ein Jahr später hat er erstmals allen bewiesen, wie sehr er den Istanbul Park wirklich mag: drei Pole Positions und zwei Siege fuhr der Brasilianer zwischen 2006 und 2008 heraus - der dritte Sieg kann in diesem Jahr folgen. "Es wäre fantastisch, wenn ich das Rennen wieder gewinnen könnte."

Enttäuschte Gesichter gab es hingegen bei Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton. "Ich bin mit dem dritten Startplatz nicht ganz zufrieden, denn ich hätte wohl noch etwas schneller fahren können", klagte der Brite. Seine letzte Runde sei nicht perfekt gewesen. "Ich bin etwas enttäuscht", sagte Räikkönen. "Ich machte Fehler auf meiner zweiten Runde im Q3 und muss das akzeptieren." Vor allem in der letzten Kurve habe er viel Speed verloren. So steht er nur auf Platz 4. "Natürlich würde ich lieber weiter vorne starten, aber dieser Startplatz ist definitiv nicht das Ende der Welt."

Genauso wenig wie der zweite 9. Startplatz in Folge für Nick Heidfeld. Der Deutsche kämpfte zunächst am gesamten Wochenende mit den Reifen, danach machte er im Qualifying einen Fehler. "Ich habe mich in Kurve 12 ein bisschen verbremst, dadurch war auch der Rest der Passage schwierig und ich habe die Linie nicht mehr getroffen." Die ersten beiden Sektoren seien aber in Ordnung gewesen. "Leider habe ich dann drei Zehntel im letzten Sektor verloren - das war der Haken."

2. - S wie Start

Der Start wird wieder einmal entscheidend., Foto: Sutton
Der Start wird wieder einmal entscheidend., Foto: Sutton

Wie bei jedem Rennen steht schon jetzt fest: der Start wird extrem wichtig. Zwar gibt es in Istanbul einige Überholmöglichkeiten, aber wer sich am Start durchsetzen kann, hat immer einen Vorteil. "Ich starte auf der staubigen Seite der Strecke", sagt Heikki Kovalainen, "aber das sollte kein Problem sein. Ich kann es jetzt eh nicht mehr ändern."

Auch Nico Rosberg baut von Startplatz 11 auf einen guten Start. Normalerweise funktioniert das bei Williams ziemlich gut. "Das gibt mir Zuversicht Richtung Kurve eins", sagt er. "Wenn ich da schon vier Plätze gutmachen könnte... okay, ein, zwei vielleicht, dann ist alles offen." Ganz vorne gilt Felipe Massa aber als Startfavorit.

"Wir wissen, dass der Ferrari viel besser startet", analysiert Fernando Alonso. Das haben Renault-Kalkulationen bereits nach den ersten drei Rennen ergeben. "Ferrari hat die besten Starts." In Barcelona kam bei Alonso noch zu viel Wheelspin hinzu. "Nach den ersten 30, 40 Metern hatte ich ein bisschen zu viel durchdrehende Räder." So hatte er erst recht keine Chance gegen die Ferrari. "Alle Teams außer Ferrari müssen am Start arbeiten." Allerdings sieht Alonso hinter den Roten alle auf einem Level: "Mein Start war verglichen mit Kubica und Hamilton ähnlich." Christian Danner sieht deshalb nur eine Möglichkeit: "Ferrari startet gut, aber wenn McLaren vor Räikkönen bleiben kann, könnte Kimi unter Umständen ein Problem bekommen."

3. - S wie Schlüsselstellen

Die meisten Fahrer mögen die Berg- und Talbahn nahe Istanbul, vor allem die lang gezogene Kurve 8 mit ihren vier Scheitelpunkten hat es den Piloten angetan. "Man fühlt förmlich, wie das Adrenalin durch den Körper gepumpt wird", sagte Robert Doornbos nach dem Streckendebüt 2005. Und schon hatte der Kurs einen Beinahmen: Adrenalinpumpe am Bosporus.

"Kurve 8 ist eine superschnelle Kurve, ziemlich interessant, aber im Endeffekt im F1 relativ einfach", sagt Timo Glock. "Die schwierigste Kurve in Istanbul ist Kurve 1", meint Fernando Alonso. Das sieht auch Glock so: "Du fährst blind hinein, siehst den Scheitelpunkt nicht. Die unspektakulären Kurven sind oftmals schwieriger." Überhaupt könne man in schnellen Kurven nie viel Zeit gutmachen, in langsamen hingegen sehr wohl.

"Es gibt ein paar gute Stellen zum Überholen, immer wenn man die langsameren Kurven anbremst," verrät Heikki Kovalainen. "Die beste Möglichkeit für Ausbremsmanöver bietet das Ende der langen Gegengeraden." Rubens Barrichello sieht in Kurve 1 und 3 Überholchancen. "In den Kurven 9 und 12 könnte es auch klappen, wenn man sie hinbekommt.".

4. - S wie Setup

Lewis Hamilton sieht McLaren näher an Ferrari dran., Foto: Sutton
Lewis Hamilton sieht McLaren näher an Ferrari dran., Foto: Sutton

Die Berg-und-Tal-Charakteristik verlangt nach einer guten aerodynamischen Effizienz, in den Bergauf-Passagen und auf der langen Gerade sind kraftvolle V8-Triebwerke gefragt. "Weil es lange, zum Teil ansteigende Geraden gibt, wird mit einem mittleren Abtriebslevel gefahren", sagt Willy Rampf. "Hohe aerodynamische Effizienz ist der Schlüssel zu einer schnellen Rundenzeit. Aufgrund der verschiedenen Kurvenkombinationen ist der Istanbul Park eine fahrerisch anspruchsvolle Strecke, die ein präzises Handling verlangt."

"Istanbul ist eine fordernde Strecke für das Setup", sagt Alex Wurz. "Es gibt viele verschiedene Kurvengeschwindigkeiten und Griplevel." Auf schnelle Richtungswechsel folgt eine lange Gerade und am Ende eine langsame Passage. "Das macht einen Setupkompromiss schwierig." Auch verändert sich der Asphalt im Laufe einer Runde: "Im letzten Sektor ist er sehr rutschig, aber im ersten Sektor hat man viel mehr Grip." Robert Kubica sieht deshalb die richtige Balance zwischen Hochgeschwindigkeitskurven und langsamen Kurven als Schlüssel an.

"Der Istanbul Park bietet Abwechslung pur", weiß BMW Sauber-Technikchef Willy Rampf. "Er weist auch langsame Passagen auf, wo gute Traktion gefragt ist." In Istanbul wird mit einem um eine Stufe geringeren Abtriebslevel gefahren als zuletzt in Barcelona.

5. - S wie Strategie

Schon beim ersten Eintreffen an der Rennstrecke am Donnerstag war vielen Fahrern klar: die Reifen könnten an diesem Wochenende das Zünglein an der Waage werden. Es ist für türkische Verhältnisse einfach zu kalt. Die beiden harten Reifenmischungen kommen je nach Auto nur schwer auf Temperatur. Das brachte nicht nur Nick Heidfeld stark ins Grübeln, Setupumbauen und Ausprobieren. "Egal was ich machte: ich bekam die Reifen nicht zum Arbeiten", lautete sein ernüchterndes Fazit vor dem Qualifying.

Im Gegensatz zu Heidfeld hatte Robert Kubica keine Probleme mit der Reifentemperatur. Er heizt die Gummis mit seinem aggressiven Fahrstil besser auf. Schon am Freitag schätzte der Pole die Reifensituation so ein: "Der harte Reifen ist auf Long Runs sehr viel besser. Er wird mit abnehmender Spritmenge schneller und schneller. Der weiche Reifen ist nicht schlecht auf einer Runde, fällt dann aber stark ab."

Heidfeld hatte die Situation am Freitag anders bewertet: "Die meisten Leute, uns eingeschlossen, hatten am Freitag mehr Probleme mit den weichen Reifen wegen des Grainings an den Vorderreifen", sagte er. "Die harten Reifen scheinen sehr stabil zu sein." Zu Anfang habe es auf einer Runde bei ihm keinen Unterschied zwischen den weichen und den harten Reifen gegeben. "Für mich waren alle zu hart. Aber am Samstagnachmittag war der weiche schon besser."

Die Reifen spielen eine wichtige Rolle., Foto: Sutton
Die Reifen spielen eine wichtige Rolle., Foto: Sutton

Lewis Hamilton setzte im Qualifying trotzdem auf harte Reifen und gestand hinterher zunächst, dass dies ein Fehler gewesen sei. Nach dem Datenstudium revidierte er diese Aussage allerdings wieder. "Bei McLaren hat es mit beiden Mischungen funktioniert", hielt Mario Theissen fest. Denn Kovalainen fuhr mit den weichen Reifen auf Platz 2. "Im Rennen wird es nach unserer Einschätzung anders aussehen, weil man da nicht so zwischen den Reifentypen hin und her springen wird wie heute im Qualifying", glaubt Theissen.

Und dann ist da noch etwas: "Wir haben eine starke Abhängigkeit der Reifen von der Benzinmenge gesehen", verriet Theissen, ohne weiter darauf einzugehen, wie viel Sprit die beiden BMW Sauber im Tank hatten. "Felipe Massa ist logischerweise deutlich leichter als Kimi", glaubt Christian Danner. "Kovalainen hat gestrahlt wie ein Honigkuchenpferd." Das deutet Danner so: "Er ist wohl sehr schwer."

6. - S wie Sonntagswetter

Der August-Termin des Türkei GP wird im Fahrerlager schwer vermisst. Denn in den letzten drei Jahren war es ein Hitzerennen - von Reifen- und Gripproblemen keine Spur. "Die Temperaturen sind ziemlich niedrig und anders als wir es hier gewohnt sind", stimmt Massa zu. "Aber das ist für alle gleich." Man müsse einfach die Reifen auf dem Weg in die Startaufstellung gut aufwärmen. "Und natürlich die richtige Reifenwahl treffen, damit man keinen Grip verliert." Vielleicht also mit den weichen Gummis losfahren, die schneller auf Temperatur kommen. Später im Rennen gehe es ebenfalls darum, die richtigen Reifen zum richtigen Zeitpunkt aufzuziehen.

7. - S wie Spannung

"Das war wahnsinnig gut, weil alle gleich schnell sind: Alonso, Kubica, die zwei Ferrari und die zwei McLaren", freute sich Danner nach dem Qualifying. "Das war beeindruckend und hat mir gut gefallen." Ähnliches könnte sich im Rennen wiederholen. McLaren sieht sich nämlich näher an Ferrari dran als zuletzt in Barcelona, und selbst da sah man sich noch stärker.

"Wir haben den Abstand zu unserem stärksten Wettbewerber etwas verkürzt", sagte Ron Dennis. Hamilton sieht McLaren in einer guten Position, um in der ersten Runde anzugreifen und um den Sieg zu fahren. "Ich dachte schon vor dem Wochenende, dass wir näher dran sind, auch wenn sie immer noch sehr schnell sind. Im Qualifying waren wir sehr nahe, Heikki sogar noch näher. Ich denke, wir sind näher als in Barcelona", sagte Hamilton.

Mario Theissen sieht Ferrari noch vorne, dahinter aber BMW Sauber und McLaren gleichauf. Das interne Duell zwischen Kubica und Heidfeld schürt Theissen mit diesen Worten an: "Nick muss im Rennen versuchen, das Reifenproblem aus dem Qualifying mit Übersicht und guten Überholmanövern auszugleichen." Fernando Alonso wird sich mit Grausen daran erinnern, dass Heidfeld das sehr gut beherrscht.