Ron Dennis musste leiden, ganze 18 Monate lang. Am 9. Oktober 2005 gewann ein gewisser Kimi Räikkönen den letzten Grand Prix für McLaren. Danach setzte eine lange Durstrecke ein. Die komplette Saison 2006 blieb McLaren Mercedes ohne Sieg. Doch die Champagnerdürre ist vorbei. Fernando Alonso erlöste die Silbernen mit seinem ersten Sieg seit dem Abgang von Renault; Lewis Hamilton komplettierte den Doppel-Triumph mit Rang 2.

Ein tiefer Schluck aus dem Siegerpokal., Foto: Sutton
Ein tiefer Schluck aus dem Siegerpokal., Foto: Sutton

Für Dennis kam das nicht überraschend. Schon am Samstag sagte er: "Wir waren auf den Low-Fuel-Runs eindeutig die Schnellsten." Diese Theorie bestätigte sich im Rennen. "Die Runden mit wenig Benzin hatten angedeutet, dass wir die Fähigkeit haben, die Pace zu gehen. Es war nur schwierig, zu wissen, ob es beim Handling der Reifen klappen würde." Das hat es. Allerdings musste man dafür einen kleinen Kniff anwenden. McLaren opferte etwas Top-Speed, um mehr Abtrieb zu generieren und so die Reifen besser zu nutzen. Das könnte erklären, warum Felipe Massa zu Beginn rundenlang im Getriebe von Hamiltons McLaren hing. Denn Ferrari hatte ohnehin schon einen Top-Speed-Vorteil.

Die große Frage nach dem Rennen war nun: Wo ist der große rote Vorsprung des ersten Rennwochenendes geblieben? Denn mit einer Niederlage der Scuderia hatte vor dem Rennen kaum jemand gerechnet. "McLaren Mercedes hat sich ordentlich nach vorne entwickelt", analysierte Mario Theissen. Niki Lauda sah es jedoch ganz anders. "Nein, McLaren ist gleich geblieben", sagte der Österreicher. "Ferrari ist langsamer geworden. Aus welchen Gründen auch immer." Zumindest bei den Roten stimmt Theissen zu. "Bei Ferrari haben wir heute nicht die volle Stärke gesehen."

Das mussten auch die Roten selbst eingestehen. Wirklich erklären konnten sie es aber nicht. Denn ihre Erklärungsversuche muteten etwas hölzern an. "Der misslungene Start hat unsere Strategie zerstört", beteuerte Jean Todt. "Wir waren im Qualifying relativ aggressiv, weshalb wir dann im Rennen keine neuen Satz Reifen mehr hatten, außerdem sind wir in den Verkehr geraten, hingen im zweiten Stint mit unseren schweren dann zum Teil hinter leichteren Autos fest", ergänzte Chefstratege Luca Baldisserri.

Überraschende Schützenhilfe erhielten die Roten von McLaren. "Der Schlüssel zum Sieg war ein guter Start, um die Führung zu übernehmen", sagte Fernando Alonso. "Wenn Felipe auf P1 geblieben wäre, wäre es uns schwer gefallen ihm zu folgen." Doch das Glück war auf Seiten der Silbernen. Massa fiel nicht nur hinter Alonso zurück, sondern auch hinter Hamilton. "Das hat es noch einfacher gemacht", so Alonso. Das sieht auch Todt so. "Mit einem besseren Start wäre das Rennen mit Sicherheit ganz anders gelaufen wäre."

Hinzu kam Massas Fahrfehler. "Es war ein hartes Rennen und beinahe unmöglich zu überholen", klagte der Brasilianer. "Ich habe es bei Lewis versucht, aber ich machte einen Fehler und endete neben der Strecke. Aber ich habe es wenigstens versucht, nächstes Mal klappt es sicher."

Ferrari auf Abwegen., Foto: Sutton
Ferrari auf Abwegen., Foto: Sutton

Räikkönen führte noch ein weiteres Problem an; eines, das es laut Ferrari gar nicht gegeben hat. "Wir mussten an meinem Auto einige Kompromisse eingehen, so konnten wir nicht das volle Potenzial ausnutzen." Am Vortag hatte Todt noch die Presse für die Meldungen über Motorprobleme am Ferrari mit der Startnummer 6 verantwortlich gemacht. Nach dem Rennen gestanden Todt und Baldisserri, dass man bei Kimi aus Sicherheitsgründen einige Kompromisse bei der Motorleistung eingehen musste. "Das hat etwa eine Zehntelsekunde pro Runde gekostet. Und er konnte natürlich deshalb auch im Training weniger fahren als normal."

War es also der verpatzte Start, die Fehler bei der Reifenwahl und Strategie, die starke Konkurrenz oder einfach eine Mischung aus allem zusammen? "Das sind eben die Rätsel der Formel 1", nahm es Nick Heidfeld ebenso überrascht wie philosophisch. "Beim nächsten Mal kann alles schon wieder ganz anders sein."

Fernando Alonso sieht McLaren ebenfalls noch nicht als neue Nummer 1. "Wir dürfen uns nicht blenden lassen", betonte er. "Aber wir sind näher an Ferrari dran als in Australien." Das hatte Lewis Hamilton schon am Samstag erkannt. "Es gibt keinen Grund", sagte er, "warum wir nicht gegen Ferrari, um den Sieg kämpfen sollten." Schließlich muss jede Durststrecke einmal enden. Ron Dennis vergaß die Zeit der Schmerzen sehr schnell. "Der letzte Sieg ist jetzt gerade einmal zwei Stunden her, das vergangene Jahr ist also nur noch eine verschwommene Erinnerung."