Locker und entspannt wirkt er schon, als er auf die Bühne des "Teatro Alfa" in Sao Paulo kommt: Michael Schumacher beim letzten großen PR-Auftritt seiner Formel-1-Karriere, für Ferrari-Partner Shell, empfangen vom großen Blitzlichtgewitter beim kurzen Foto-Shooting mit seinem brasilianischen Teamkollegen und Felipe Massa. Was kaum einer im überfüllten Auditorium dabei mitbekommt: Felipe, der treue Helfer, kommt auch diesmal seiner Rolle perfekt nach, gibt Schumi eine kleine Warnung. Er zeigt ihm genau, in welcher Richtung zwei brasilianische TV-Komödianten sitzen, die ihn möglicherweise mit einer albern-peinlichen Frage überfallen könnten. Schließlich haben sie Massa schon vorher damit in Verlegenheit gebracht...

Schumacher ist also vorgewarnt, als er plötzlich mit der Frage konfrontiert wird, was er denn täte, wenn er am Morgen des Rennens in den Spiegel schauen würde - und ihm plötzlich das Gesicht von Rubens Barrichello entgegen schauen würde... Während der halbe Saal schon losbrüllt vor Lachen, muss Schumacher erst auf die Übersetzung der auf Portugiesisch gestellten Frage warten, grinst dann aber nur und antwortet mit einer viel sagenden Geste: Er reibt sich erstaunt die Augen. Und mit der rollenden Plastik-Schildkröte namens "Rubinho", die ihm die beiden "als Abschiedsgeschenk Brasiliens" überreichen, fährt er am Ende für die Kameras mal schnell über den Tisch vor sich, relativ schnell sogar, als wolle er das ständige Veräppeln seines Ex-Teamkollegen als Dauer-Schlafmütze, ein Lieblingsspiel der brasilianischen Medien seit Jahren, nicht unbedingt mitspielen...

Schließlich, so findet er, habe er zu seinen brasilianischen Teamkollegen der letzten Jahre, ob Barrichello oder jetzt speziell Felipe Massa, immer ein gutes Verhältnis gehabt. Und auch sonst komme er gern hier her, er möge die Strecke sehr, habe hier ja schließlich auch schon oft gewonnen. Nur beim Thema Ayrton Senna, von den brasilianischen Reportern logischerweise aufgebracht jetzt zum Abschied, tut er sich wie immer schwer, ignoriert die Frage danach erst einmal recht geschickt... Aber dass er dann nicht darum herumkommt, die Falschmeldung einer brasilianischen Zeitung, er habe am Mittwoch das Grab von Ayrton Senna besucht, dementieren zu müssen, ist ihm sichtlich unangenehm - weil es Emotionen wecken könnte?

Der letzte Auftritt vor der versammelten Pressemeute., Foto: Sutton
Der letzte Auftritt vor der versammelten Pressemeute., Foto: Sutton

Öffentliche Emotionen waren und sind für Michael Schumacher ja schon immer ein schwieriges Thema, vor allem, wenn sie etwas anderes als die pure Siegesfreude betreffen. Die Emotionen rund um seinen eigenen Abschied bilden da keine Ausnahme. So behauptet er lieber, das Rennen im Moment noch wie jedes andere zu sehen: "Im Augenblick geht das noch, mal sehen, wie sich das im Laufe des Wochenendes entwickelt..." Die Zielsetzung für ihn bleibt unverändert: "Das Rennen gewinnen, mit Ferrari den Konstrukteurstitel holen - an etwas anderes denke ich gar nicht." Im Prinzip habe der Ausfall von Suzuka die Situation für ihn sogar einfacher, weil klarer gemacht: "Wir haben hier absolut nichts mehr zu verlieren, es kann für uns nur besser laufen." Er selbst sei völlig mit sich im Reinen, "ich habe sieben WM-Titel, habe soviel erreicht. Nur für meine Leute tat es mir in Suzuka halt so leid, vor allem für die, die noch nicht die ganz großen Erfolge mit mir miterlebt haben, wie mein neuer Chefmechaniker, der erst seit diesem Jahr für mich arbeitet, zu dem ich aber ein ganz besonderes Verhältnis habe..." Dass es tatsächlich doch noch mit dem achten Titel klappen könnte, davon will er nichts hören: "Ich glaube nicht, dass es für Fernando eine besonders schwierige Aufgabe wird, unter die ersten Acht zu kommen."

Michael Schumacher am letzten Rennwochenende seiner Karriere, beim letzten Herunterzählen der einzelnen Etappen - wirkliche Überraschungen, noch neue Aussagen, erwartet da eigentlich kaum jemand. Es ist mehr der Abschied auf Raten, auch von den Medien, die ihn 16 Jahre lang begleitet haben. Von den Deutschen und Italienern verabschiedet er sich noch einmal extra, nach dem offiziellen Teil, mit einem Dank für die gute Zusammenarbeit, bittet "um Verzeihung für Momente, in denen es mit mir vielleicht manchmal auch sehr schwierig war." Dass er doch eine Überraschung geliefert hatte, während dieses Auftritts, auf die Frage danach, wie er denn jetzt seine Aktionen in den entscheidenden WM-Rennen 1994 und 1997 sehe, hatten im allgemeinen Übersetzungschaos viele leider gar nicht mitbekommen. "Es gibt sicher Situationen im Leben, die man, wenn man sie wiederholen könnte, vielleicht anders machen würde", lautete die Antwort. Gerade im Bezug auf 1994, auf den Crash mit Damon Hill in Adelaide, war das tatsächlich etwas Neues: das Eingeständnis eines eigenen Fehlers, bisher so nie gehört, ein bisschen zusätzliche Größe - so wie zuletzt nach dem Ausfall von Suzuka...