Die Formel 1 ist ein Hightech-Spielplatz, ein Ort für harte, schnelle Kerle und, auch wenn es manchmal nicht so den Eindruck macht, auch ein Sammelsurium an vielen verschiedenen Typen. Eben dieser Eindruck geht oft verloren, weil beinahe alles in der Königsklasse des Motorsports genau vorgeschrieben ist. Die Wägen vom Reglement, deren Design vom Team und den Sponsoren, die Rennanzüge ebenso. Da gibt es nicht mehr viel Raum, um die eigene Persönlichkeit nach Außen zu tragen.

Diesen kleinen Raum zu füllen, dabei hilft Jens Munser, seines Zeichens Helmdesigner in Salzgitter. "Heutzutage hat der Fahrer in der Formel 1 nicht mehr viel. Er kann den Anzug nicht bestimmen, er kann das Auto nicht bestimmen, aber den Helm; wenn Michael Schumacher jetzt meinen würde, er will den Helm in grün, dann könnte er in grün fahren", sagt Munser im Gespräch mit motorsport-magazin.com. Eben jene kleine Insel von Individualität hat dem Deutschen ein kleines aber feines Geschäft ermöglicht, mit dem er im Moment neben Michael Schumacher noch acht weitere Formel-1-Fahrer, vier Testfahrer und zahlreiche Piloten aus anderen Rennserien versorgt.

Begonnen hat das Ganze allerdings eher per Zufall. Munser selbst fuhr früher Motocross und entwarf seine Helme dafür selbst. Das machte er so gut, dass bald andere Fahrer auf ihn zukamen und sich erkundigten, wo denn solche Kopfbedeckungen zu bekommen seien. "Für die habe ich das dann nach und nach als Hobby gemacht und mir dadurch das Motocross-Fahren finaziert", erinnert sich Jens Munser zurück. Schließlich wurden die Aufträge dann aber immer mehr und mehr und er gründete seine eigene Firma mit dem Namen "Jens Munser Designs" (JMD), die mittlerweile fünf Mitarbeiter hat. Aus den Kunden, die anfänglich noch aus dem Motocross-Bereich kamen, wurden schließlich Kart- und Autorennfahrer.

Eine Spezialanfertigung für Nick Heidfeld, Foto: JMD
Eine Spezialanfertigung für Nick Heidfeld, Foto: JMD

"Mich hat eigentlich immer schon die Kombination Design und Motorsport begeistert, schon von Kind auf. Mein Fahrrad oder mein Mofa habe ich mir früher auch schon selber gestaltet", erklärt Munser den Ursprung seiner Leidenschaft, die ihn vom Funkelektroniker zum Designer werden ließ. Den ersten großen Erfolg in seiner neuen Haupttätigkeit hatte er, als 1998 Formel-1-Pilot Toranosuke Takagi auf ihn zukam und für sein Heimrennen eine spezielle Chromlackierung auf dem Helm haben wollte.

"Das konnte damals noch keiner. Die neue Technik kam gerade aus Amerika zu uns und wir haben das dann als erste in Europa gemacht. Er bekam dann einen speziellen grünen Helm in Chrom", sagt Munser. Doch obwohl diese Spezialanfertigung einiges Aufsehen erregte, war das noch nicht der große Durchbruch. Der folgte aber kurz darauf, als die Helmfirma Schuberth in die Formel 1 einstieg und als ersten Kunden Nick Heidfeld hatte, für den JMD damals auch schon lackierte. Munser erzählt: "Die haben den Nick Heidfeld dann gefragt, wer seine Helme macht und sind so auf mich gekommen. Im Anschluss gab es dann gleich die Frage, ob ich nicht auch für Ralf und Michael Schumacher arbeiten könnte."

Bei einer derart hochkarätigen Klientel, die mittlerweile auch noch Giancarlo Fisichella, Mark Webber, Rubens Barrichello, Felipe Massa, Nico Rosberg, Scott Speed, Robert Doornbos, Marc Gene und Luca Badoer umfasst, ist es natürlich auch interessant zu wissen, ob da der eine oder andere gewisse Eigenheiten hat. Jens Munser sagt: "Also gerade bei Michael Schumacher ist es so, dass er an seinem Grunddesign nur soweit festgehalten hat, dass er oben immer noch die Sterne und als Grundfarbe rot hat. Die Farbe fährt er seit Monaco 98. Seitdem haben wir schon sehr viel verändert. Die Flagge ist nicht mehr drin, dafür hat er jetzt den Drachen und die Initialen der Vornamen seiner Familie - er ist ja auch ein Familienmensch. Was dabei übrigens interessant ist, die sieben Sterne hatte er eigentlich immer schon, obwohl viele Leute jetzt ja behaupten, er hätte die sieben Sterne wegen seiner Weltmeister-Titel. Ich glaube, die hatte er schon drauf als er Formel 3 gefahren ist. Sollte es noch einen achten Titel geben, dann müssten wir schauen, ob wir noch einen achten Stern irgendwo hinklemmen."

Doch nicht nur der siebenfache Weltmeister hat bei seinem Helm ganz eigene Wünsche. Allerdings gibt es da Piloten, die eher wenig verändern und welche, die oft und viel etwas an ihrem Design machen lassen. "Mark Webber sagt zum Beispiel, sein Design ist immer so und das möchte er auch behalten und so erkannt werden. Wir haben nur einmal etwas Kleines geändert, indem wir seine Initialen oben in den Deckel einlackiert haben. Ganz anders ist da Scott Speed. Der will immer neue Sachen probieren. Er kann sich für das Thema Helmdesign begeistern und es ist ihm nicht so wichtig, dass es dauerhaft das gleiche ist", erklärt Munser.

Helmdesign anlässlich des 11. September, Foto: JMD
Helmdesign anlässlich des 11. September, Foto: JMD

Dabei muss es dann manchmal natürlich auch sehr schnell gehen. "Wir schaffen es aber, dass wir alle Anfragen immer pünktlich abarbeiten können", sagt Munser. Dem stimmt auch Red Bull Racing Testfahrer Robert Doornbos zu: "Jens ist sehr gut, bei dem was er tut, aber vor allem ist er auch sehr schnell. Es passiert oft, dass ich einen neuen Arai-Helm aus Japan bekomme, der besser schon heute lackiert wäre als morgen." Auch Doornbos ist einer derjenigen, die gerne an ihrem Design herumarbeiten, allerdings bleibt ein gewisses Grundthema immer gleich. "Blaue Farben vorne und eine diamantenförmige Zeichnung auf der Oberseite des Helms", verriet Doornbos motorsport-magazin.com über die Konstanten auf seinem Kopfschutz.

Besonders prägend sei bei den Lackierungen generell der aktuelle Modegeschmack und der Einfluss verschiedener Stilrichtungen, meint Munser. Doch auch aktuelle Ereignisse spielen dabei manchmal eine Rolle. So hatte Michael Schumacher nach den Anschlägen vom elften September ein eigenes Design im Gedenken daran. Damit konnte er danach sogar Gutes tun, da der Helm um 70.000 Euro versteigert wurde und das Geld den Familien der Opfer zukam. Einen etwas erfreulicheren Anlass hat Giancarlo Fisichella in diesem Jahr in Magny Cours genutzt, um seine Kopfbedeckung verändern zu lassen. Er zelebriert auf seinem Haupt den Fußball-Weltmeistertitel der Italiener.

Doch bei allen Freiheiten gibt es auch gewisse Einschränkungen. Einerseits sind da die Sponsorenlogos zu berücksichtigen, für die ein bestimmter Platz auf den Helmen vorgesehen ist. Andererseits gibt es aber auch spezielle Anforderungen an die Lackierung selbst. "Da in der Formel 1 offen gefahren wird, haben die Helme natürlich eine hohe Steinschlagempfindlichkeit, vor allem im Stirnbereich. Die müssen mindestens vier, fünf Rennen durchhalten, ohne dass sie gleich schlecht aussehen, da ja da Sponsoren drauf sind. Das Problem dabei ist aber, dass wir keine großen Lackstärken aufbringen dürfen. Denn jedes Gramm extra zerrt den Fahrer in der Kurve am Hals. Wir könnten eine Lackierung locker mit 200 Gramm machen, aber dann würden wir ganz schönen Ärger bekommen. Bei Michael Schumacher kommen wir zum Beispiel locker mit 25 Gramm aus", spricht Munser über die Widrigkeiten im Designer-Alltag.

Einfacher ist das Ganze natürlich, wenn private Kunden zu JMD kommen. Da muss auf keine Sponsoren und auch auf kein Gewichtslimit Rücksicht genommen werden, obwohl der Nackenkomfort schon auch berücksichtigt wird. Laut Jens Munser holen sich die Meisten ihre Anregungen auf der Homepage der Firma (www.jmd.de) und nennen dann gewisse Eckpunkte, die sie im Design haben möchten. "Diese Informationen sammeln wir und versuchen zu verstehen, was dem Kunden vorschwebt. Daraus entwerfen wir dann ein Design. Es würde für uns deswegen keinen Sinn machen, ein Design zu entwerfen, wenn wir nicht wissen, mit wem wir es zu tun haben", sagt Munser. Der fertige Entwurf wird dann dem Kunden zugeschickt, der noch Änderungswünsche anbringen kann. Die Helmmarke ist dabei übrigens egal. Wer einen Helm bringt, kann ihn sich auch lackieren lassen und dadurch für die eigene Individualität auf dem Kopf sorgen.