Sie haben so viel gemeinsam und doch sind sie so unterschiedlich. Sie werden beide von erfolgreichen Geschäftsmännern geführt. Sie sind beide neu in der Formel 1. Sie basieren beide auf ehemaligen Teams. Sie streben beide nach vorne. Doch irgendwie traut man es nur Dietrich Mateschitz und seinen beiden Red Bull Rennställen zu, die gesteckten Ziele auch zu erreichen.

Wenn es nach Renault-Chefingenieur Pat Symonds geht, dann fehlt es dem Midland F1 Team von Alex Shnaider an einer der wichtigsten Zutaten für ein erfolgreiches Abschneiden in der Königsklasse: Es fehlt ihnen an Leidenschaft.

Obwohl diese Einschätzung des Briten unbewiesen ist, so fehlte MF1 Racing auf alle Fälle schon des Öfteren das sprichwörtliche glückliche Händchen. Egal ob es nun bei der ersten Teampräsentation anno 2005 auf dem roten Platz war oder beim unrühmlichen Vertragsverlängerungs-Chaos rund um Tiago Monteiro. Irgendwie machte Midland nie eine ausgewogene, geschweige denn eine gute Figur.

MF1 Racing droht ein schwieriges Jahr., Foto: Sutton
MF1 Racing droht ein schwieriges Jahr., Foto: Sutton

Das Team Eigentlich wollte Alex Shnaider ein komplett neues Team aufbauen und zusammen mit dem italienischen Rennwagenbauer Dallara einen F1-Boliden entwickeln. Doch dann kamen Bernie Ecclestone und die Möglichkeit das Jordan Team zu kaufen ins Spiel. Für den russischstämmigen Kanadier änderte das alles.

Zum einen bekam er so die Möglichkeit in der Jordan-Fabrik in Silverstone ein eigenes Auto zu bauen, zum anderen musste er die Altlasten des Teams von Eddie Jordan übernehmen. Diese waren mannigfaltig: Von Schulden über ein veraltetes Auto bis hin zu abwanderungswilligen Mitarbeitern.

Da man das erste Jahr noch nicht unter dem Midland-Banner verbrachte, steckte Shnaider nur so viel Geld wie gerade nötig in das Team. Laut Teamboss Colin Kolles soll sich das 2006 ändern. Aber obwohl das nötig wäre, fehlt der Glaube daran. Allerdings scheint nicht nur die Finanzierung auf wackeligen Füßen zu stehen: Auch das Auto wurde von einer Truppe Nobodies entwickelt, die zwar von ihrem Ex-Chef Eddie Jordan gelobt werden, ansonsten aber eher unbekannt sind.

Die Tests Entsprechend reihten sich die schwarzen Boliden vom Typ M16 zumeist ganz hinten in den Ergebnislisten der wenigen Testfahrten ein. Das einzige Feld auf dem das erste russische F1-Team glänzen konnte, war die Anzahl der Testfahrer. Nicht weniger als sieben Piloten schickte man beim letzten Test des Jahres 2005 in Jerez auf die Strecke. Darunter war mit Markus Winkelhock auch einer der vier offiziellen Testpiloten des Teams. Spötter mögen angesichts dieser Zahlen behaupten, dass MF1 mehr Testfahrer einsetzte, als man Testtage absolvierte.

Der M16 entpuppte sich bei den Tests nicht gerade als Geheimwaffe., Foto: Sutton
Der M16 entpuppte sich bei den Tests nicht gerade als Geheimwaffe., Foto: Sutton

Das Auto M16 - Der Name des ersten reinrassigen Midland-Boliden klingt schnittig, schnell und irgendwie nach einem Kampfjet. Doch bislang blieb das Auto den Beweis seiner Performance schuldig. Vor dem Beginn der Wintertests baute man bei MF1 noch auf einen Überraschungscoup von Reifenpartner Bridgestone. Aber auch die Japaner konnten bislang noch nicht mit den erhofften Superreifen für die neuen Regeln auftrumpfen. Somit bleibt nur noch der Motor.

Der Motor Und immerhin: Mit dem Toyota-V8 haben Tiago Monteiro und Christijan Albers ein echtes Schmuckstück in ihrem Heck. Das japanische Triebwerk erwies sich wie schon im Vorjahr - von einigen wenigen Ausnahmen einmal abgesehen - als äußerst standfest und stark. Trotzdem wird der Motor alleine keine Wunderdinge vollbringen können.

Die Fahrer Genauso wenig trifft dies auf die beiden Stammpiloten zu. Christijan Albers vereint zumindest zwei Eigenschaften auf sich: Er bringt viele niederländische Sponsorengelder mit und ist gleichzeitig schnell. Das hat er als DTM-Vizemeister bei Mercedes bewiesen. Allerdings ist zu befürchten, dass bei Midland der erste Faktor mehr wiegt als der zweite.

Zudem sorgte Albers immer wieder durch Negativschlagzeilen für Aufsehen. Zweimal betraf dies Fahrerkollegen: Zuerst beschwerte er sich öffentlich über die Arbeitseinstellung von Minardi-Teampartner Robert Doornbos, dann folgte er dem Beispiel seines neuen Teamchefs Colin Kolles und schoss gegen seinen Vorgänger Narain Karthikeyan.

Ein Bild mit Seltenheitswert: Midland vor Renault., Foto: Sutton
Ein Bild mit Seltenheitswert: Midland vor Renault., Foto: Sutton

Tiago Monteiro hält sich lieber aus solchen Streitereien heraus. Ebenso unauffällig schaffte er es 2005 einen neuen Zuverlässigkeitsrekord aufzustellen und den einzigen Punkt des Jordan Teams abseits des Indy GP einzufahren. In diesem Winter war jedoch Schluss mit der Ruhe: Wochen lang beschäftigte seine ungewisse Zukunft die Medien.

Das Teamduell scheint bei MF1 ausgeglichen zu sein: Albers dürfte ähnlich wie Karthikeyan im Qualifying die Oberhand haben, aber im Rennen könnte Monteiro dank seiner Konstanz mindestens gleich gute Karten besitzen. Den beiden Piloten bleibt zu wünschen, dass sie dieses spannende Duell nicht um die letzten beiden Ränge austragen müssen.

Die Prognose James Key mag vor seiner Beförderung zum Technischen Direktor nur den Wenigsten bekannt gewesen sein, aber mit seiner Zielvorgabe für die anstehende Saison brachte er sich nachdrücklich ins Gespräch: Der Technikchef peilt niemand anderes als BMW Sauber und Red Bull Racing als Hauptgegner an. Teamboss Colin Kolles unterstützt diese Zielsetzung mit der Forderung nach "regelmäßigen Punkteplatzierungen". Allerdings scheint er im Hinterkopf ganz andere Alpträume zu hegen: Sonst würde er nicht bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Boliden der Scuderia Toro Rosso "illegal" seien und sein Team Einspruch einlegen werde, wenn die STR-Boliden in Bahrain vor den M16 landen sollten. Eines sollte nach den Wintertests klar sein: Realistisch betrachtet sind die Gegner von MF1 nicht RBR oder BMW, sondern STR oder viel eher Super Aguri.

Die Team-Analysen im Überblick