Bob, der R26 feierte vor genau einem Monat sein Streckendebüt. Mittlerweile hat der neue Bolide mehr als 6.000 Kilometer auf dem Buckel. Wie laufen die Arbeiten?

Bob Bell: Wir machen enorme Fortschritte mit dem neuen Auto. Bei den Tests stoßen wir zwar immer noch auf kleinere Probleme, aber wir konnten bisher sehr viele Kilometer absolvieren. Auch in puncto Leistungsfähigkeit hat der R26 unsere Erwartungen voll erfüllt. Die Fahrer sind sehr zufrieden und die Zusammenarbeit mit Michelin funktioniert einwandfrei.

Die Reifentests haben diesen Winter einen sehr hohen Stellenwert eingenommen. Kannst Du uns sagen, wie konkurrenzfähig die Marke aus Clermont-Ferrand sein wird?

Bob Bell: Wir merken Michelin den Hunger nach Erfolg deutlich an. Sie greifen mehr an als jemals zuvor. Auf Grund der Tatsache, dass die Reifen-Experten dieses Jahr weniger Teams ausrüsten, arbeiten wir noch enger und direkter mit ihnen zusammen.

Bei den Testfahrten in Jerez traten an den Heckflügeln einige Probleme auf. Habt Ihr diesen Fehler behoben?

Bob Bell: Ja. Wir haben in Jerez einen komplett neu konzipierten Heckflügel verwendet. Bei zwei dieser Neuentwicklungen mussten wir kleinere Defekte an der Struktur diagnostizieren, daher blieb uns in Jerez nur eines dieser Bauteile übrig. Deshalb konnten wir am Donnerstag nicht beide Autos gleichzeitig einsetzen. Wir wollten mit den Flügeln keinerlei Risiko eingehen, denn - wie jeder weiß - kann ein Defekt an diesem Teil fatale Folgen haben. Aus diesem Grund haben wir die Heckflügel zur Untersuchung nach Enstone geschickt. Nach intensiver Analyse fand sich die Lösung für das Problem schnell. Die Flügel wurden über Nacht ausgebessert und die modifizierten Teile zurück nach Jerez transportiert. So konnten am Freitagmorgen pünktlich um neun Uhr wieder beide Monoposti auf die Strecke gehen.

Insbesondere der neue V8-Motor wies eine erstaunliche Zuverlässigkeit auf. Wir sehr stellt Euch diese Tatsache zufrieden?

Bob Bell: Ich persönlich freue mich sehr darüber und ich weiß, dass es Rob White und seinem Team genauso geht. Im Gegensatz zur Konkurrenz stellt das neue Triebwerk für Renault einen größeren Unterschied dar: Wir mussten uns von V10 zu V8 und auch vom Zylinderbankwinkel her umstellen. Daher haben wir uns für eine gut durchdachte Lösung entschieden: Wir räumten der Konstruktion des RS26-Motors und den Tests auf dem Prüfstand sehr viel Zeit ein, damit unsere Piloten von Beginn an auf ein leistungsfähiges Aggregat zurückgreifen können. Für ihre hervorragende Arbeit gebührt den Mitarbeitern in Viry gehöriger Respekt

Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Renault F1-Piloten und dem Team?

Bob Bell: Alle drei Fahrer zeigen sehr viel Einsatz. Fernando und Giancarlo kennen das Team ja bereits und unterstützen die Mechaniker und Ingenieure bis zum Saisonende, wo sie nur können. Diese Einstellung muss ein Pilot auch haben, wenn er Weltmeister werden will. Beide äußerten sich über das Potenzial des Autos begeistert. Und Heikki ist motivierter als jemals zuvor. Als neuer offizieller Testfahrer möchte er natürlich zeigen, was in ihm steckt.

Was halten die Piloten vom neuen Renault R26?

Bob Bell: Sie sind sehr zufrieden. Alle drei haben mir bescheinigt, dass sich das Auto einfach fahren lässt und die Charakteristik des Motors sehr gut mit dem Chassis harmoniert. Außerdem finden sie, dass das Auto hervorragend auf Änderungen am Setup reagiert und sie schnell eine ausgeglichene Balance finden. Ich glaube, der R26 verfügt über alle guten Eigenschaften seines Vorgängers und sogar mehr. Unser Paket wirkt derzeit sehr konkurrenzfähig.

Genau das belegen auch die Rundenzeiten bei den Tests. Doch wie leistungsfähig ist der R26 wirklich?

Bob Bell: Das zu beurteilen, fällt mir sehr schwer. Wegen der geringen Asphalttemperaturen konnten wir bis heute nicht unter wettbewerbsähnlichen Bedingungen fahren. Außerdem gehen noch nicht alle Teams mit ihren endgültigen Autos, wie sie beim Auftaktrennen starten werden, auf die Strecke. Dazu zählen auch wir. Darüber hinaus gewöhnen sich andere Teams wie Toyota oder Williams gerade erst an ihren neuen Reifenpartner. Eine weitere Unbekannte stellt zusätzlich die Benzinmenge dar, die sich jeweils an Bord befindet.

Welche Kräfteverhältnis zeichnet sich für die kommende Saison ab?

Bob Bell: Wenn du solche Dinge genauer betrachtest, stößt du auf sehr viele Fragezeichen. Trotzdem kann ich Honda, Renault und vielleicht Ferrari als Favoriten ausmachen. Aber auch andere Hersteller können schnell dazustoßen. Auch wenn ihr Leistungsniveau bis jetzt noch nicht so klar ist, wird McLaren sicher ein gutes Auto auf die Beine stellen. Die Toyota mit neuem Aerodynamik-Paket dürfen wir auch nicht außer Acht lassen. Auf jeden Fall wird es in diesem Jahr enger zugehen als zuletzt. Ich denke, wir werden in der kommenden Saison mindestens drei Teams sehen, die die Siege unter sich ausmachen.

Letzte Frage: Mit welchen Neuentwicklungen von Renault können wir in den nächsten Wochen rechnen?

Bob Bell: Wie gesagt, wollen wir vor dem Saisonstart ein komplett neues Aerodynamik-Paket einführen, das wir zur Zeit produzieren. Die Hauptsache liegt allerdings darin, so viel Zeit wie möglich auf der Strecke zu verbringen. Nur so können wir sicher gehen, dass die beiden Renault R26 beim Saisonstart in Bahrain zu 100 Prozent zuverlässig sind.