Die Entscheidungsträger der Königsklasse. Einige von ihnen sind derart wichtig, dass sie es sich nicht leisten können, in der Öffentlichkeit etwas anderes als Autorität, Schmallippigkeit und rennfuchsartige Listigkeit darzustellen. Wird gelacht, tut man das in Ermangelung eines Kellers möglichst im Transporter. Und auch wenn in der heutigen Formel 1 kein Platz mehr für die Eddie Jordans und die Paul Stoddarts zu sein scheint, kommen immer wieder Menschen in den Zirkus, die ihre Gesichtsmuskeln hin und wieder mit einem Lachen entspannen wollen und darauf auch als Formel 1-Teamchef nicht verzichten wollen...

Franz Tost leitet die Scuderia Toro Rosso - als Tiroler gab er der Tiroler Tageszeitung ein Interview. Es geht darin um die nahe Zukunft des jungen Zweitteams von Energiegetränkehersteller Red Bull. Aber auch die ferne Zukunft wurde thematisiert - und wie sieht Franz Tost die Scuderia Toro Rosso in zehn Jahren? Tost blickte in seine nicht vorhandene Kristallkugel: "Ferrari ist mittlerweile das 'andere italienische Team', auf dem Siegerpodest wird statt Champagner Red Bull verspritzt, Michael Schumacher gibt in RTL bekannt, dass er sich ein Comeback vorstellen könne, vorausgesetzt freilich, er bekäme ein Angebot von Toro Rosso."

Aufbauarbeit

Doch bevor das passieren mag, gibt es noch sehr viel Arbeit zu bewältigen. Schon in den letzten Monaten gab es viel zu tun, denn aus Minardi wurde die Scuderia Toro Rosso. Tost schildert: "Als allererstes legten wir die Struktur des Teams fest, indem wir zum Beispiel erst einmal ein Organigramm erstellt haben. Wo es nötig und möglich war, verstärkten wir die Mannschaft. Dieser Prozess ist zum größten Teil abgeschlossen. Des weiteren sind wir gerade dabei, die vorhandenen Räumlichkeiten umzugestalten, um auch die Arbeitsabläufe zu optimieren."

Tonio Liuzzi im RB1 der STR., Foto: Sutton
Tonio Liuzzi im RB1 der STR., Foto: Sutton

Auch auf der Strecke ist die neue Scuderia umtriebig. Schon im November wurde drei Tage lang mit den alten Red Bull-Cosworth RB1-V10 getestet. Derzeit fährt man in Jerez, Ende Januar wird man zwei weitere Tage in Barcelona testen, im Februar kommen acht Testtage hinzu. Obwohl man derzeit mit den alten RB1-Boliden testet, wird die STR einen eigenen Wagen schmieden, im Heck brüllt der gedrosselte V10-Motor von Cosworth. Allzu intensive Kooperationen mit dem Red Bull Racing-Team sind laut Tost nicht möglich: "Überall dort, wo es das Reglement erlaubt, werden wir versuchen, es auch in der Praxis möglich zu machen. Aber das Reglement ist in diesem Punkt strikt, und die Praxis engt unseren Spielraum zusätzlich ein. Man darf nicht vergessen, dass wir mit zwei völlig unterschiedlichen Motor-Konzepten unterwegs sind. Das daraus resultierende Paket mit Gewichtsverteilung, Thermik, Verbrauch und anderen Elementen variiert so stark, dass ein Technologietransfer schwer vorstellbar ist."

Dass STR aufgrund der Motorenregel (Reduktion auf 16.700 U/min, Lufteinlass auf 77 mm reduziert) einen Vorteil haben könnte, glaubt Tost nicht: "Alle Teams waren mit dieser Regelung einverstanden. Erst nachdem Red Bull Minardi kaufte, kamen die Diskussionen der Wettbewerbsverzerrung auf, weil die Herrschaften plötzlich Angst bekommen haben. Der V10 wird im unteren Drehzahlbereich Vorteile bieten, dafür verhungert er auf der Geraden."

Liuzzi ist kein Clown

Mit Vitantonio Liuzzi und Scott Speed hat die STR einen völlig unerfahrenen und einen beinahe völlig unerfahrenen GP-Piloten im Stall. Tost über Liuzzi: "Liuzzi ist ein lockerer Typ, gibt gerne ein bisschen den Clown. Wer ihn allerdings für einen Clown hält, hat schon verloren. Denn tatsächlich nimmt er seine Aufgabe sehr ernst. Luizzi war immerhin Kart-Weltmeister und 2004 Formel-3000-Europameister." Zudem sei sich der Italiener sehr wohl darüber im Klaren, dass "2006 ein entscheidendes Jahr für seine Karriere wird", sagt Tost unmissverständlich. Scott Speed habe das Team wegen seiner "Grundschnelligkeit" beeindruckt, Tester Neel Jani habe sich in der GP2 und bei seinen A1GP-Einsätzen empfohlen.

Für 2006 hat sich die Scuderia Toro Rosso keine wirklichen Ziele gesteckt: "2006 wird von Zufallserfolgen geprägt sein." Darüber hinaus hat die STR folgenden Masterplan: "2007 sollten wir uns stabilisiert haben, ab 2008 müssen wir regelmäßig Punkte holen."