Mercedes betritt mit dem Debüt von Andrea Kimi Antonelli in der Formel 1 2025 vollkommen neues Terrain. Erstmals fährt im modernen Zeitalter der Königsklasse ein Rookie für die Silberpfeile, das erfordert einen etwas adaptierten Management-Stil im Umgang mit den Piloten. Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat sich dafür einen Plan zurechtgelegt.

Toto Wolff erinnert an Hamilton-Debüt 2007

Schon seit Monaten kündigte er an, Antonelli so wenig Druck aufzubürden, wie nur möglich. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. "Ich will in beide Richtungen vermeiden, einen Fehler zu begehen", betont Wolff. Aus der Laufbahn von Lewis Hamilton hat er gelernt, dass man auch beim Dämpfen von Erwartungen vorsichtig sein muss. Er verglich die Situation mit dem Formel-1-Einstieg des Rekord-Weltmeisters 2007 bei McLaren.

"Das alte Ron-Dennis-Ding, als er zu Lewis sagte, dass ein zweiter Platz hinter Fernando als gutes Ergebnis eingestuft werde", erinnerte Wolff an die damalige Situation. "Und Fernando, der gleichzeitig wahrscheinlich am Anfang gedacht hat, dass es ein Spaziergang für ihn wird – und dann hat sich alles geändert."

Der weitere Verlauf der Geschichte ist bekannt: Hamilton spielte mitnichten die zweite Geige, sondern war von Saisonbeginn an auf Augenhöhe mit Fernando Alonso, mit dem er sich im Formel-1-Titelkampf matchte. Das Duell zwischen dem amtierenden Weltmeister und dem Neuling eskalierte schnell.

Toto Wolff erwartet enges Duell: Sonst hätten wir Kimi nicht geholt

Wolff versucht den Spagat, beiden Fahrern angesichts der neuen Situation Druck abzunehmen. "Für Kimi geht es darum, sich zu entwickeln, die Strecken zu lernen und es für nächstes Jahr im Griff zu haben", so die Anweisung des Österreichers an den F2-Aufsteiger. "Gleichzeitig erwarten wir uns von George nicht, dass er Kimi die ganze Zeit zerstört. Denn dann hätten wir Kimi nicht unter Vertrag genommen, wenn wir davon ausgehen, dass das der Fall ist."

Lernphase hin oder her, Wolff geht davon aus, dass Antonelli von Anfang an schnell ist: "In Sachen Speed wird Kimi voll bei George dabei sein." Der Mercedes-Teamleiter erhofft sich, dass die Fahrerpaarung eine Dynamik entwickelt, die beide Fahrer gemeinsam beflügelt und das Verhältnis nicht wie das Beispiel 2007 Selbstzerstörungskräfte in Gang setzt: "Wir haben eine Fahrerkombination mit einem sehr jungen Fahrer mit 18 Jahren und einem jungen Fahrer mit 27 Jahren, die sich hoffentlich beide stark pushen können."

Formel-1-Experte Alexander Wurz wies im Interview mit Motorsport-Magazin.com darauf hin, dass George Russell durch die Ankunft von Antonelli deutlich mehr unter Druck steht, als er es noch in seiner Zeit mit Hamilton tat. Was Wurz im Detail zu diesem Thema sagte, könnt ihr hier nachschauen:

Alex Wurz: Gegen Hamilton hatte Russell nichts zu verlieren! (02:12 Min.)

Kimi Antonelli: Fühlt sich surreal an, mit Hamilton und Co auf der Strecke zu sein

Antonelli hinterließ bei seinem FP1-Debüt im Vorjahr den Eindruck, das Abenteuer Formel 1 furchtlos in Angriff zu nehmen, kurz vor seinem Einstand als Stammfahrer staunt er aber doch über die Situation, in der er sich befindet. "Es fühlt sich sehr surreal an, mit Leuten wie Lewis Rennen fahren zu können", sagte er in der Pressekonferenz vor dem Australien-GP.

"Es ist ein Traum, der wahr wird. Ich habe auf diesen Moment mein ganzes Leben gewartet und der Winter hat sich sehr lange angefühlt", fasste der Italiener seine Emotionslage zusammen. Der mehrfache Nachwuchs-Champion hat als direkter Nachfolger von Hamilton große Schuhe zu füllen, vor allem aber kommt er nach seiner kometenhaften Junior-Karriere mit hohen Erwartungen bestückt in die Königsklasse. Schon jetzt kann er sich Vergleichen mit Größen wie Hamilton oder Max Verstappen kaum erwehren.

Genauso wie Wolff will er davon aber noch nichts wissen und legt den Fokus auf kleinere Ziele: "Ich will einfach nur ein sauberes Wochenende haben, an dem ich in einen guten Rhythmus finde, auf den ich dann aufbauen kann", formuliert er seine Zielsetzung für Melbourne. Von Podien oder Siegen wagt er nicht zu träumen.

Für die restliche Saison gibt er verhaltene Erwartungen aus: "Ich werde noch sehr viel zu lernen haben. Es gibt so viele Szenarien, die ich erst noch erleben muss. Aber ich denke, dass es eine gute Saison wird, in der ich versuche, jedes Resultat zu maximieren und dabei weiterhin an jedem Wochenende zu lernen und mich zu entwickeln."

Bei den Testfahrten vor zwei Wochen hinterließ Antonelli bereits einen guten und vor allem schnellen Eindruck, George Russell mahnt aber, dass die Pace bei einem Formel-1-Rookie nicht das größte Fragezeichen sei.