Der Zweikampf zwischen Lando Norris und Max Verstappen in Austin sorgt auch eine Woche später noch für reichlich Wirbel. Die Ablehnung der Austin-Stewards der McLaren-Berufung machte unter den Zweikampf noch lange keinen Schlussstrich. Im Fahrerbriefing am Freitag diskutierten die 20 Formel-1-Piloten die Szene zusammen mit der FIA und den Mexiko-Stewards.
Über eine Sache herrscht im Fahrerlager weitestgehend Einigkeit: Die Austin-Stewards haben das bestehende Regelwerk samt Fahr-Richtlinien, besser bekannt als Driving Standards Guidelines, korrekt angewandt. Die Frage ist nur: Sind die Richtlinien korrekt?
Formel-1-Fahrer einig: Verstappen kam zu gut weg
Fast alle Fahrer hatten das Gefühl, dass Verstappen beim Zweikampf zu gut wegkam. Während Norris für sein Überholmanöver neben der Strecke bestraft wurde, kam der Weltmeister ohne Konsequenzen davon - obwohl auch er die Strecke verlassen und Norris fast dazu gedrängt hatte, neben die Strecke zu fahren.
Dass Verstappen beim Überholvorgang noch einmal die Bremse löste, nur um den Regeln entsprechend am Scheitelpunkt vorne zu sein, war clever, wurde aber im Fahrer-Kollegium nicht unbedingt als fair eingestuft.
Neuer Regel-Entwurf in Katar
Bis zum Katar-GP sollen deshalb die Richtlinien überarbeitet werden. FIA-Sportdirektor Tim Malyon wird sich mit seinem Team daran machen, den nicht bindenden Zusatz des Regelwerks zu präzisieren. Vor allem soll dann auch der Verteidiger im Zweikampf miteinbezogen werden. Bislang geht es nur um den Angreifer - deshalb genoss Verstappen gemäß den Richtlinie fast Narrenfreiheit.
Es gibt aber zwei Probleme, vor dem FIA und Stewards stehen: Einerseits will man die Regeln präzisieren, gleichzeitig aber den Stewards noch entsprechend Spielraum lassen. Die aktuellen Richtlinien machen es den Stewards relativ einfach, die oftmals geforderte Konstanz anzuwenden.
Genau das war das Ziel der Richtlinien, ist aber gleichzeitig deren größtes Problem. Die Stewards überprüfen Zwischenfälle auf die unterschiedlichen Parameter und können so sagen: Erfüllt oder nicht erfüllt. Graubereiche gibt es hier kaum.
Die Kunst der überarbeiteten Version wird es sein, nach wie vor klare Regeln zu formulieren und trotzdem Spielraum zu lassen. Die Fahrer haben selbst eingesehen, dass man sich mit dem Wunsch nach mehr Konstanz mit diesen Richtlinien eine Sackgasse manövriert hat.
Neue Formel-1-Regeln schon ab heute?
Das zweite Problem ist die restliche Saison 2024. Man will die Regeln einerseits nicht überhastet und andererseits nicht während der Saison ändern. Gleichzeitig ist man sich aber einig, dass dem Verteidiger keine Narrenfreiheit zustehen soll.
Tatsächlich wäre eine Bestrafung für Verstappen auch nach den aktuellen Regeln möglich gewesen. Denn abseits der Richtlinien gibt es noch immer Anhang L des International Sporting Codes. Dort werden grundsätzliche Verhaltensregeln klargestellt. Verstappen hätte man demnach für das Abdrängen auch bestrafen können.
Aber: Trauen sich die Stewards bei einem ähnlichen Fall nun anders zu entscheiden? Beim Mexiko GP heute hilft die Strecke, aber vor allem vor Brasilien zittern die Stewards. Kurve 4 ist prädestiniert für solche Zwischenfälle, wie auch Max Verstappen und Lewis Hamilton dort 2021 bewiesen. Den Stewards könnte eine alte Weisheit helfen, die immer dann zum Einsatz kommt, wenn mangelnde Konstanz kritisiert wird: Kein Zwischenfall gleicht einem anderen - erst recht nicht auf unterschiedlichen Strecken.
Apropos Strecken: Mittelfristig, da sind sich alle Beteiligten einig, müssen die Strecken entsprechend angepasst werden. Kiesbetten, wenn auch nur kleine Streifen wie sie dieses Jahr in Österreich eingeführt wurden, lassen solche Diskussionen wie in Austin gar nicht erst aufkommen.
diese Formel 1 Nachricht