Bislang war er immer der jungblütige Jäger, der noch genügend Zeit hatte, sein Lebensziel, den Titel als Formel 1-Weltmeister, zu erreichen. Jetzt hat sich das geändert. Jetzt ist Fernando Alonso mit seinen 24 Jahren der jüngste F1-Weltmeister aller Zeiten - er ist ab sofort der Gejagte. Bis Michael Schumacher die Formel 1-Welt veränderte, gab es ein ungeschriebenes Gesetz, wonach die Verteidigung des WM-Titels in der Formel 1 besonders schwierig ist. Spätestens seitdem Michael Schumacher über ein halbes Jahrzehnt hinweg die Startnummer 1 beschlagnahmen konnte, ist das Schnee von gestern. Dennoch glauben viele, dass die Titelverteidigung für Alonso kein Kinderspiel werden dürfte, zumal der McLaren-Mercedes schon im abgelaufenen Jahr für viele Experten als das beste Auto galt und 2006 wohl auch Ferrari und der Rest der Welt ein Wörtchen mitsprechen wollen im Kampf um die beiden WM-Titel...

Fernando Alonso wollte eigentlich bis Januar nichts mehr von der Formel 1 wissen - doch das Team orderte den Spanier nach Jerez, wo er heute Freitag einen einzigen Testtag absolvierte, sodass er sich von der reduzierten Power der V8-Motoren ein Bild machen konnte, wie Renault mitteilte. Nach vollbrachter Arbeit sprach der Weltmeister in Jerez noch ein paar Worte in die Aufnahmegeräte der F1-Reporter...

"Ich spüre jetzt viel weniger Druck. Selbst wenn ich in den kommenden fünf Jahren immer nur Zwanzigster in der WM werden sollte, bleibe ich trotzdem der Weltmeister des Jahres 2005. Da habe ich nicht wirklich Stress damit. Ich habe jetzt viel weniger Stress, als ich es in meinem gesamten bisherigen Leben hatte. Ich galt immer als ein junger Fahrer mit Talent, der vielleicht einmal der neue Weltmeister sein wird. Dieser Fahrer bin ich jetzt nicht mehr - ich muss nicht mehr beweisen, dass ich Weltmeister werden kann. Ich habe es bewiesen, der Druck kam stets von mir selbst - und nicht von außen", sagte Alonso.

Die gedrosselte Motorenpower beschreibt Alonso folgendermaßen: "Manche Fahrer sagten, die Autos seien nun leichter zu fahren. Aber wir haben viel zu viel Grip für die Power, die wir haben - ich glaube nicht, dass es leichter wurde. Ich denke, wenn man sich ans Limit herantastet, ist es das Gleiche. Es ist nicht wichtig, ob man einen Formel 3 oder einen Formel 1 mit V10-Motor fährt - es geht lediglich darum, den Wagen am Limit zu fahren. Vielleicht haben wir zu viel Downforce für diese PS-Stärke - aber wie gesagt: Wenn man am Limit fährt, macht es genauso viel Spaß wie im letzten Jahr. Und es ist auch genauso gefährlich wie im letzten Jahr."

Alonso fügte hinzu: "Der Wagen hatte sicher weniger Power, er war auch ein bisschen seltsam zu fahren - aber diese Voraussetzungen sind für alle gleich. Da kann man nichts dagegen tun, man muss sich an die Motorenkraft gewöhnen. Und hoffentlich wird der V8-Motor, den wir im Januar testen, besser als dieser gedrosselte Zehnzylinder-Motor. Denn das Feeling war nicht sehr nett, die Zeiten jedoch waren gut. Und ich glaube, der neue Wagen wird gut sein, so dass wir wieder konkurrenzfähig sein werden."

Ein unerwartet unterbrochener Urlaub - und dann auch noch ein ungutes Fahrfeeling! Und das alles für einen einzigen Testtag - so ähnlich könnte sich das Fernando Alonso gedacht haben. Immerhin durfte er gleich wieder seinen Urlaub fortsetzen. Er wird erst dann wieder in ein Formel 1-Auto steigen, wenn der neue R26 präsentiert und in der Folge getestet wird, also ab dem 10. Januar.