Fünftes Rennen, fünfter Sieg von Red Bull. In dieser Hinsicht war der Große Preis von Miami Business as usual. Nicht so das Prozedere vor dem Start: Eine lange Show kurz vor dem Beginn des Grand Prix bedeutete für die Fahrer eine Abkehr ihrer gewohnten Vorbereitungen und Ablenkung. Kontroversen, Unverständnis und Ablehnung von Lando Norris, George Russell und Max Verstappen. Tenor: Wir fahren Formel 1, nicht Formel Hollywood.
Norris: Keiner der Formel-1-Fahrer mag Miami-Show
"Keiner der Fahrer mag es", fasst es Lando Norris zusammen. "Aber im Endeffekt machen wir es ja nicht für uns, wie viele Dinge." Anstatt ihrer normalen Rennvorbereitung wurde jeder Pilot einzeln zum neuen Formel-1-Song 'The Formula' von Will.I.Am und von Rapper LL Cool J vorgestellt. Klassisch amerikanisch, inklusive Cheerleader.
Ein Großteil der Piloten fühlte sich sichtlich unwohl dabei. Sergio Perez erntete 'Checo'-Sprechchöre, konträr dazu wurde Teamkollege Max Verstappen vom Publikum ausgebuht. "Als Fahrer wollen wir uns einfach nur hinsetzen und uns auf die eigentliche Sache konzentrieren", merkt Norris an. Der Zeitplan des Renntages wurde dafür extra um 10 Minuten erweitert. "Wir machen sowieso so viel TV und natürlich ist es am Ende ein Geschäft. Aber es kommen immer mehr Sachen hinzu."
"Einige mögen das Rampenlicht, andere nicht. Ich persönlich mag es nicht, und fand die Show unnötig", meint Max Verstappen. "Ich würde lieber meinen Helm aufsetzen, ins Auto steigen und losfahren." Der Amerika-Spezialist (Siege in Austin und Miami, jeweils 2022 und 2023) versteht den Showfaktor, hofft aber auf viele normale Startvorbereitungen.
Seine Podiumskollegen sind ähnlicher Meinung. "Es muss etwas Respekt vor den Fahrern geben", meint Sergio Perez. "Wir müssen uns auf das Rennen vorbereiten, so wenige Minuten vor dem Start." Der drittplatzierte Fernando Alonso findet die Show ebenfalls störend: Bei Gesprächen mit Ingenieuren und für die Strategiebesprechungen.
"Wenn wir so etwas machen, müssen wir es überall machen", hat der Spanier einen weiteren Kritikpunkt. USA-Rennen sollen nicht bevorzugt behandelt werden. "Ich glaube nicht, dass die Fans in Miami besser sind als die Fans in Italien, Spanien, Mexiko oder Japan. Im Zweifel sollte jeder die gleiche Show geboten bekommen."
Die Formel 1 kündigte bereits an, das übliche Prozedere fallweise ändern zu wollen, nicht nur bei Rennen in den USA. Zuletzt gab es eine derartige Präsentation 2017 in Austin. In diesem Jahr sind sechs bis sieben geplant. Das kann sich je nach Feedback jedoch auch ändern.
Russell: Bin hier, um zu gewinnen, nicht als Show-Act
"Ich bin hier, um Rennen zu fahren und zu gewinnen, nicht für die Show", ist auch George Russell kein großer Fan der extravaganten Vorstellung inklusive musikalischer Untermalung. "Es lenkt einfach ab. Wir waren eine halbe Stunde in Overalls am Grid. In der prallen Sonne. Ich kenne keinen anderen Sport, wo das so läuft. Alle Kameras sind auf dich gerichtet und es wird eine Show draus gemacht."
Das Thema wurde bereits am Freitag mit der FIA besprochen. "Ich bin zwar offen für Veränderung, will es aber nicht jedes Wochenende sehen", so Russell. Gegen das normale Prozedere hat er aber nichts einzuwenden. "Ich liebe die Nationalhymnen, das pusht mich so richtig."
"Wir machen sowieso schon die Fahrerparade und Interviews, ich sehe keinen Sinn darin", ist auch Valtteri Bottas kritisch. "Es gibt ein Limit. Kein anderer Athlet muss vor dem eigentlichen Event so viel Zeug machen." Oscar Piastri hatte mit dem langen Stehen in der Sonne und der Änderung seiner Toiletten-Routine zu kämpfen, Lance Stroll sieht das Ganze gelassen.
Hülkenberg mit Gänsehaut, Hamilton durch nichts ablenkbar
Einzelnen Fahrern gefällt das neue Prozedere. "Ich finde es cool, dass sich der Sport ständig weiterentwickelt und nicht immer dasselbe macht", ist Lewis Hamilton tatkräftiger Unterstützer. Ablenkung war die Show für den Briten absolut keine. Denn: "Ich bin seit letztem Sonntag voll fokussiert."
"Es war eigentlich ganz nett, da zu stehen, und zu sehen, wie die Menge bei der Vorstellung der einzelnen Fahrer durchdreht", meint auch Nico Hülkenberg. Wie sein Mercedes-Pendant fühlte er sich durch den extra Aufwand nicht beeinträchtigt in seinen Rennvorbereitungen. "Ich hatte ehrlich gesagt sogar Gänsehaut."
Abseits der Fahrer spalten sich ebenfalls die Geister. "Wenn es funktioniert und den Fans gefällt, dann ist es gut. Viele Leute mögen keine Veränderungen", meint Haas-Teamchef Günther Steiner. Christian Horner versteht die Ablenkung und Bedenken der Fahrer, Toto Wolff hat wilde Ideen über Zusatzpunkte für die WM-Wertung. Beim nächsten Rennen in Imola ist bislang abseits der Fratelli d'Italia aber keine (noch spektakulärere) Show geplant.
Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken
- 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
- 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
- 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
- 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
- 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
- 07. Mai: Großer Preis von Miami
- 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
- 28. Mai: Großer Preis von Monaco
- 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
- 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
- 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
- 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
- 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
- 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
- 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
- 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
- 17. September: Großer Preis von Singapur
- 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
- 08. Oktober: Großer Preis von Katar
- 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
- 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
- 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
- 19. November: Großer Preis von Las Vegas
- 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi
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