Als Gerhard Berger 1990 von Ferrari zu McLaren wechselte, wurde er zum neuen Teamkollegen von Ayrton Senna und war überzeugt, diesen wie viele andere Teamkollegen zuvor durchaus in den Griff bekommen zu können. Bald sollte sich aber herausstellen, dass er mit dieser Einschätzung ziemlich falsch lag.

Am ersten Rennwochenende in Phoenix konnte Berger seinen Teamkollegen Senna zunächst noch recht klar hinter sich halten und fuhr direkt auf die Pole-Position, während der Teamkollege nur P5 erreichte. Aufgrund eines Kupplungs-Problems schied Berger aus dem Rennen aus, konnte die schnellste Runde aber dennoch für sich behaupten. Am Ende stand Senna ganz oben auf dem Treppchen.

Nach diesem kleinen Auftakterfolg für Berger entschied Senna das Teamduell aber die ganze Saison über fast immer für sich. So sicherte sich die brasilianische Rennlegende in den folgenden vier Rennen der Saison direkt die Pole-Position und der Kampf um die Spitze verlagerte sich bekanntermaßen zurück auf das Duell Prost gegen Senna, das beim Startunfall des Großen Preises von Japan seinen Höhepunkt erreichen sollte.

Berger gestand sich schnell ein, dass er gegen Senna nicht bestehen konnte

"Er war absolut der Beste, den ich den ganzen Jahren kennengelernt habe," räumt Gerhard Berger im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com ein. Nur einem hätte er zugetraut, ihm die Stirn zu bieten: dem ebenfalls bei einem Rennunfall verstorbenen Stefan Bellof, der bereits 1985 in Spa sein Leben lassen musste.

Was hat nun aber den Unterschied zwischen Gerhard Berger und Ayrton Senna ausgemacht? Das Talent? "Nein, nein, es waren viele Sachen", meint Berger und holt weiter aus. "Zunächst hat Senna bereits mit vier oder fünf Jahren begonnen, Kart zu fahren. Er war mit sechs Jahren bereits Profi im Kartsport. Bevor er in die Formel 1 gekommen ist, hatte Senna daher sicher schon 400 Starts absolviert. Wenn ich alle Rennen, die ich vom Beginn meiner Karriere bis zum Start in der F1 zusammenzähle, waren es vielleicht 40. Dadurch hat sich ein Aufholbedarf ergeben, der kaum mehr zu bewältigen war."

Senna war disziplinierter und bot das stärkere Gesamtpaket

"Er war wesentlich disziplinierter. Er war zu 100 % dem Motorsport verschrieben. Ich selbst habe abends gerne einmal ein Bier getrunken und auch die ein oder andere Party wurde gefeiert. Natürlich war auch ich stark fokussiert, getrieben, engagiert, aber nicht wie er," so Berger weiter.

"Es war am Ende das Gesamtpaket. Er war auch körperlich sehr stark. Er hat viel trainiert. Er war da überall einen Tick voraus. Ich glaube, das Einzige wo ich schon mithalten konnte, war das Talent."

Christians ausführliches Exklusiv-Interview mit Gerhard Berger könnt ihr im nachstehenden Video natürlich auch in voller Länge ansehen:

Gerhard Berger: Da denk ich: Der bringt mich jetzt um! (01:27:07)

Berger: Keine Gewissensbisse über damalige Einstellung

„Bereust du, dass du damals nicht ‚all-in‘ gegangen bist“? Als unser Christian Gerhard Berger diese Frage im Exklusiv-Interview stellt, richtet dieser sich in seinem Stuhl auf und denkt kurz nach. "Das wäre nicht ich gewesen," lautet seine Antwort. "Jeder hat so seine Fähigkeiten, jeder hat so sein Naturell - und so ein Naturell zu verbiegen geht meistens schief. Ron Dennis hat einmal gemeint, dass ich ein Rohdiamant bin, den man jetzt schleifen muss - und genau dieses ‚Schleifen’ ist bei mir nach hinten losgegangen."