Die neuen Boliden der Formel verfolgen ein zentrales Ziel: Besseres Racing. Durch weniger verwirbelte Luft soll das Hinterherfahren in den Kurven erleichtert werden, was laut den Fahrern sogar bereits erste Früchte zeigt.

So weit, so gut: Laut McLaren-Fahrer Lando Norris und Mercedes-Pilot George Russell soll das neue Fahrzeugkonzept dafür gesorgt haben, dass der Windschatten nun schlechter funktioniert. Könnte dieses Phänomen entgegen dem eigentlichen Ziel der neuen Boliden das Überholen erschweren? Norris bleibt vorsichtig.

Norris und Russell: Windschatten plötzlich weniger effizient

Die neue Generation der Formel-1-Boliden hatte mit dem bei den auftretenden Bouncing auf den Geraden bereits einen Nebeneffekt erzeugt, der für viele Teams überraschend kam. Doch damit nicht genug. Denn George Russell und Lando Norris erklären, dass es durch die neuen Boliden zwar leichter sein soll, dem Vordermann in den Kurven zu folgen, gleichzeitig soll es aber schwerer geworden sein, dem Vordermann auf den Geraden näher zu kommen.

"Ich denke, dass das Folgen des Vordermanns verbessert wurde, der Slipstream-Effekt wurde aber reduziert, was ziemlich erheblich ist, denke ich", so Russell in einer Pressekonferenz am Freitag bei den Testfahrten in Barcelona.

"Du braucht natürlich ein Delta auf den Geraden, um in der Lage zu sein, zu überholen. Weil du nur am Ende der Gerade bei der Einfahrt in die Kurve überholen kannst", geht der Mercedes-Pilot ins Detail. Der Brite habe versucht, sich an Lando Norris auf der Gerade heranzuziehen, was jedoch nicht so gut funktioniert haben soll.

Die Ursache dieses Problems liegt im neuen technische Reglement. Das hat nämlich dafür gesorgt, dass die Boliden aerodynamisch weniger komplex sind und dadurch unter anderem weniger Luftverwirbelungen erzeugt werden. Die Autos bilden dadurch einen geringeren Luftwiderstand. Das ist gleichbedeutend damit, dass sich weniger Windschatten erzeugen.

In der Vergangenheit bildeten diese Luftverwirbelungen auf den Geraden zudem eine Zone mit geringerem Druck hinter dem Auto. Hinterherfahrende Autos konnten sich so an ihren Vordermann heransaugen und etwa einen Überholvorgang starten. Da die neuen Boliden jedoch weniger Luftverwirbelungen generieren, könnte der Effekt so schwächer ausfallen, was dies ebenfalls erklären würde.

Lando Norris ist sich nicht sicher, ob der geringere Windschatten dem leichteren Folgen auf den Geraden überwiegt, Foto: LAT Images
Lando Norris ist sich nicht sicher, ob der geringere Windschatten dem leichteren Folgen auf den Geraden überwiegt, Foto: LAT Images

Auch Lando Norris selbst unterstreicht die Aussagen seines Landsmannes. "Ich denke, George hat es korrekt ausgedrückt", so der McLaren-Fahrer. "Wir können den Autos besser folgen, der Slipstream ist aber schlechter. Es gibt also positive und negative Auswirkungen [der neuen Autos]."

Norris lässt in der Frage, ob dies dafür sorgt, dass das Überholen durch die 2022er Boliden nun doch nicht leichter wird, aber deutliche Zurückhaltung walten. Eine richtige Rennsituation stellen die Wintertests nämlich nicht dar. "Ich weiß nicht, welcher Effekt am Ende überwiegt. Wir müssen das erste Rennen abwarten."

Neben 'Bouncing' kommt schlechterer Windschatten

Das neue Fahrzeugkonzept, bei dem ein Großteil des Anpressdrucks durch den Ground Effect und damit verbunden Venturi-Kanäle erzeugt wird, bringt damit einige Nebeneffekte mit sich. In Barcelona sorgte in den vergangenen Tagen zum Beispiel vor allem das sogenannte 'Bouncing' für Aufregung.

Je schneller das Auto fährt, umso mehr Anpressdruck wird erzeugt, was die Boliden vor allem auf den Geraden auf den Asphalt drückt, wodurch es zu Berührungen der Bodenplatte mit der Strecke kommt und die Boliden regelrecht Auf- und Abspringen. Gut zu beobachten war dies beispielsweise beim F1-75 von Ferrari. Ein Effekt, der für viele Teams in der gesehenen Ausprägung unerwartet kam. Die Teams gehen jedoch davon aus, zumindest dieses Problem in den kommenden Wochen in den Griff zu bekommen.