Die Inselkette Japan besteht aus rund 3.000 Inseln, von denen die größte Honshu genannt wird. Dort liegt die Hauptstadt Tokio. Dort liegen 60% der Gesamtfläche des so genannten Landes der aufgehenden Sonne. Und dort liegt an der Südostküste die kleine Stadt Suzuka.

Genau dort fand in den vergangenen Jahren bevorzugt das Saisonfinale der Königsklasse des Motorsports statt. Nachdem im letzten Jahr Interlagos diese Ehre zuteil geworden ist, übernimmt in dieser Saison der neue Shanghai International Circuit bei seinem erst zweiten F1 Grand Prix die Rolle des Schlussrennens. Eine Woche zuvor macht der F1-Tross auf der vorletzten Station seiner Mammuttournee 2005 aber noch einmal im altbekannten Suzuka Station. Diesmal zieht das Rennen auf der einzigen Acht des Rennkalenders aber hoffentlich nur die enthusiastischen japanischen F1-Fans an. Und nicht wieder Ma-On; auch bekannt als Taifun Nummer 22.

McLaren: Vom Jäger zum Gejagten

Der Titelkampf ist vorbei: Jetzt möchte JPM noch mehr Siege., Foto: Sutton
Der Titelkampf ist vorbei: Jetzt möchte JPM noch mehr Siege., Foto: Sutton

Seit einer Woche muss sich nun auch der kühnste Optimist, sprich Ron Dennis, damit abfinden, dass selbst die letzte und kleinste mathematische Chance auf einen Badewannenunfall von Fernando Alonso und den Titelgewinn von Kimi Räikkönen aufgebraucht ist. Zeitgleich mit dem - realistisch betrachtet nicht wirklich überraschenden - 'Titelverlust' in Interlagos, verbuchten die Silbernen aber immerhin zwei Highlights: Erstmals in dieser Saison schaffte das Silberpfeilduo einen Doppelsieg. Noch viel wichtiger für Ron Dennis & Co: Zwei Rennen vor dem Saisonende übernahmen die Silbernen die Führung in der Konstrukteurs-WM. Die Jäger wurden also zu den Gejagten. Sollten sie in Japan und China so weitermachen, wie in Brasilien und bei den zurückliegenden Jerez-Tests, dann werden die neuen Gejagten den neuen Jägern aber schon bald auf und davon gefahren sein...

Renault: Vom Spitzenreiter zum Weltmeister

Um dies zu verhindern möchten die Franzosen von Renault ab sofort wieder voll attackieren. Der erste Fahrertitel von Fernando Alonso und Renault als Werksteam ist eingefahren. Jetzt heißt es wieder Vollgas zu geben, mehr Risiken einzugehen und mit dem generalüberholten Renault die Spitzenposition in der Team-WM zurückzuerobern. Bei den Tests in Jerez gelang den Gelb-Blauen dieses Kunststück nur einmal: Als McLaren am letzten Testtag nicht mehr am Start war. Auf der Fahrerstrecke in Japan möchte man mit Alonso und Fisichella dennoch ein Wörtchen um den Sieg mitsprechen. Ohne Wetterkapriolen oder eine plötzliche Veränderung des Kräfteverhältnisses erscheint dies aber als äußerst schwierig.

Ferrari: Vom Seriensieger zum Punktehamster

Noch zwei Rennen: Dann ist Rubinhos rote Zeit vorbei., Foto: Sutton
Noch zwei Rennen: Dann ist Rubinhos rote Zeit vorbei., Foto: Sutton

Noch schwieriger gestaltet sich die Situation bei Ferrari: Noch einen Sieg möchten die Roten gerne in diesem Jahr einfahren. Auf dem Papier besitzen sie in Japan und China gute Chancen dazu. Die rote Statistik der letzten Jahre würde die Scuderia in Suzuka sogar zum Topfavoriten machen. Jedenfalls wenn es nur nach den Siegen der Vorjahre und nicht nach der Form dieses Jahres gehen würde. Einen kleinen Hoffnungsschimmer scheint es für das Bridgestone-Heimrennen aber zu geben: Bei den Le Castellet Tests konnte Michael Schumacher seinen eigenen Rundenrekord attackieren. Vielleicht kommen die von Luca di Montezemolo angekündigten Superreifen ja beim Heimspiel der Japaner zum Vorschein.

Toyota: Vom Neuling zum Topteam

Aber nicht nur Bridgestone feiert in Suzuka sein Heimrennen. Auch für Toyota steht mit dem Japan GP einer der vielen Heim-GP auf dem Programm; selbst da die Strecke dem Erzrivalen Honda gehört. Wie es sich für ein Heimrennen gehört, bringen die Weiß-Roten mit dem verbesserten TF105B eine Geheimwaffe zum Einsatz. Fraglich bleibt allerdings wie groß der Leistungssprung mit der B-Version ausfallen wird. Während sich Ralf Schumacher dabei recht zuversichtlich gibt, wollte Jarno Trulli zunächst auf die Verwendung des B-Wagens verzichten. Im Kampf um den 3. Rang der Konstrukteursweltmeisterschaft dürfte aber auch eine stark verbesserte B-Version den Japanern nicht mehr helfen können. Die 17 Punkte Vorsprung von Ferrari sollten auch mit B- sowie Heimbonus nicht mehr einholbar sein.

Williams: Vom Topteam ins Mittelmaß

Der Jungle Boy erhält noch zwei Chancen., Foto: Sutton
Der Jungle Boy erhält noch zwei Chancen., Foto: Sutton

Bei Williams stehen die Zeichen weiterhin auf Abschied: Noch zwei Rennen bestreitet das zerrüttete Ehepaar Williams und BMW. Dann gehen beide getrennte und vor allem eigene Wege. Bereits in Asien nicht mehr mit von der Partie ist Nick Heidfeld, der erneut durch Antonio Pizzonia ersetzt wird. Für diesen gilt es jetzt in den beiden Schlussrennen noch einmal sein Können unter Beweis zu stellen. Denn die Konkurrenz um das zweite Stammcockpit für 2006 ist nicht gerade gering. Die Voraussetzungen sind aber alles andere als gut: Selbst mit den angekündigten aerodynamischen Verbesserungen sollte es Williams schwer haben in Japan in die Punkte zu fahren.

B·A·R: Vom Fehlstart zur Aufholjagd

Einer der vielen Konkurrenten des Williams Teams im Kampf um WM-Punkte ist British American Racing. Wie Toyota hoffen natürlich auch die Honda-Mannen von Nick Fry auf ein gutes Abschneiden vor den heimischen Fans. Beide Piloten bekommen deshalb einen verbesserten Suzuka Special Motor, welchen Sato nach seinem Motorwechsel bereits in Brasilien im Heck seines 007 verwenden durfte. Mit den zusätzlichen Pferdestärken im Rücken könnte es für die Weißen sogar auf das Podest gehen. Schließlich hat Takuma Sato bislang in jedem Jahr eine fantastische Leistung auf der ihm bestens bekannten Strecke von Suzuka abgeliefert. Andererseits verlief die Formkurve des Teams zuletzt ähnlich dem Verlauf der Achterbahn im Vergnügungspark rund um die Rennstrecke in Suzuka.

Red Bull Racing: Von Cosworth zu Ferrari

David Coulthard brennt auf ein Erfolgserlebnis., Foto: Sutton
David Coulthard brennt auf ein Erfolgserlebnis., Foto: Sutton

Die sportlichen Erfolge und Leistungen von Red Bull Racing entsprachen bei den letzten Rennen weder den Erwartungen an das Team noch den eigenen Ansprüchen. Dennoch ist bei den Dunkelblauen derzeit alles gut gelaunt: Die erste F1-Saison darf bereits seit Saisonmitte als voller Erfolge gewertet werden, mit Minardi hat man für 2006 ein Junior Team gekauft, damit die Zukunft der eigenen Jungtalente gesichert und ab 2006 fährt das Nummer 1 Team mit Ferrari-Motoren und dem springenden Pferd neben den roten Bullen. Da fehlt eigentlich nur noch ein versöhnlicher Saisonabschluss. In Suzuka und Shanghai könnten David Coulthard und Christian Klien also die Saison mit einer ähnlichen Überraschung beenden, wie sie diese in Melbourne und Sepang begonnen haben.

Sauber: Vom Privat- zum Werksteam

Wie bei Red Bull Racing liegt auch bei Sauber das Hauptaugenmerk und die volle Konzentration auf dem Jahr 2006. Dann nämlich beginnt die schwere Aufbauphase des BMW-Werksteams. In Suzuka möchten Felipe Massa und Jacques Villeneuve trotzdem noch einmal positiv auffallen: Einmal um den künftigen Arbeitgeber Ferrari zu gefallen und einmal um dem derzeitigen Arbeitgeber Sauber/BMW zu beweisen, dass es keines Shoot-Outs um das zweite Cockpit bedarf. Für Jacques Villeneuve sind die Rennen in Suzuka und Shanghai also besonders wichtig.

Jordan: Von Gelb zu Schwarz

Die Chancen der Gelben dürften minimal sein., Foto: Sutton
Die Chancen der Gelben dürften minimal sein., Foto: Sutton

Im Jahr 2002 bejubelten die Gelben unter der Führung von Eddie Jordan noch einen fünften Platz von Takuma Sato und dessen ersten WM-Punkte bei seinem Heimrennen in Suzuka. 2005 erscheint eine Wiederholung dieses Erfolges für das Team unter der Leitung von Colin Kolles und Alex Shnaider nicht möglich. Aber auch hier gilt die Hoffnung der Zukunft: Aber noch nicht jener als MidlandF1 im Jahr 2006, sondern vielmehr jener ab dem Jahr 2008. Dann möchte man in einer günstigeren F1 mit einer gerechteren Einnahmenverteilung weiter vorne mitmischen.

Minardi: Vom Hinterbänkler zur Nachwuchsmannschaft

Wie Sauber und Jordan bleiben auch Minardi nur noch zwei Rennen, um sich mit einem Knall und einer guten Leistung aus der Königsklasse zu verabschieden. Die Stoddart-Truppe sieht sich allerdings der höchsten Hürde gegenüber: Ohne ein Wunder oder ein Chaosrennen erscheint eine Punkteankunft in Suzuka ebenso wahrscheinlich wie eine eigene Fernseh-Talkshow für Kimi Räikkönen. Für Minardi heißt es also darauf zu hoffen, dass nach dem Taifun Ma-On in diesem Jahr die Regenfront Ma-O-Am einen Abstecher in den Südosten der japanischen Hauptinsel Honshu macht.