In den Wochen vor dem Grand Prix USA schien Mercedes im WM-Kampf gegen Red Bull neues Momentum gefunden zu haben. Beim Rennen in Austin nahm Max Verstappen Weltmeister Lewis Hamilton allerdings gleich wieder den Wind aus den Segeln. Der Herausforderer fand bis jetzt immer eine Antwort auf den Titelverteidiger und holte sich die WM-Führung bereits zwei Mal zurück. Sieht sich Hamilton mit der bisher härtesten Nuss in seiner Karriere konfrontiert?

"Nein, das würde ich so nicht sagen", widerspricht er bei Sky Sports F1. Für den Rekordweltmeister ist der WM-Kampf gegen Verstappen bereits der elfte seine Laufbahn in der Königsklasse. Schon in seiner Rookiesaison mit McLaren sprach Hamilton ein Wörtchen um den Titel mit. Doch es sind nicht nur Rivalen wie Fernando Alonso oder Kimi Räikkönen, die ihn schon vor Jahren wie Verstappen forderten.

"Ich habe an all die Meisterschaften gedacht, die ich seit ich zehn Jahre alt war ausgefochten habe. Es gab so viele schwierige Momente und sie sind sich auf ihre eigene Weise alle ähnlich und gleichzeitig einzigartig", so der 36-Jährige. Sein letzter verlorener Titelkampf liegt fünf Jahre zurück. 2016 unterlag er Nico Rosberg, obwohl er mehr Einzelerfolge vorweisen konnte.

Hamilton rügt Fehler: Punkte liegen gelassen

In der laufenden Saison stellt sich das Kräfteverhältnis anders dar. Nach Punkten führt Verstappen zwar nur mit zwölf Zählern Vorsprung, doch die WM-Ambitionen des Red-Bull-Talents werden vor allem anhand seiner Siege deutlich. Verstappen gewann acht der bisher 17 Rennen, Hamilton lediglich fünf.

"Es könnte besser sein, in dem Sinne, dass wir Punkte liegen gelassen haben. Wir waren nicht immer perfekt", sagt der Brite selbstkritisch. Dabei hatte er erst eine Nullrunde zu verzeichnen, während der Rivale schon drei Mal nicht die Zielflagge sah. In den direkten Duellen setzte sich Verstappen zu seinem Unmut aber zu häufig durch.

Mercedes' Strategieabteilung stand über Jahre hinweg nahezu außer Konkurrenz. Sie wird dieses Jahr durch Red Bull gleichermaßen gefordert wie Hamiltons eigenes taktisches Verständnis. Kompetenzgerangel und Fehlentscheidungen kosteten die Weltmeister in Istanbul wertvolle Punkte. "Ich habe das Gefühl, dass die Dinge aus einem Grund so passiert sind. Wir haben viel daraus gelernt", gibt Hamilton sich weise.

Fehlschläge helfen Hamilton im WM-Kampf

Dass er trotz weniger Einzelerfolge in der WM nur knapp hinter Verstappen liegt, hat er vor allem seiner Weitsicht zu verdanken. Der siebenfache Weltmeister versucht sicherzustellen, stets die richtigen Entscheidungen zu treffen. So zum Beispiel im Duell gegen Verstappens Teamkollegen Sergio Perez, den er beim Türkei GP nach hartem Kampf ziehen ließ.

"Ich habe ihm so viel Platz gegeben, vielleicht zu viel, aber ich habe das Rennen beendet. Ich habe die Punkte geholt und darauf kommt es für mich an", sagt er. In der Vergangenheit bezahlte er für fehlende Übersicht einen hohen Preis. 2007 rutschte er in Shanghai mit einem Reifenschaden in der Boxeneinfahrt von der Strecke und blieb im Kiesbett strecken. Dieser Ausfall kostete ihn letztendlich den WM-Titel.

"In der Türkei hat mir dieser Boxengassen-Zwischenfall von 2007 definitiv geholfen", sagt er. "Ich habe in der Vergangenheit so viele Erfahrungen gemacht, selbst bevor ich in die Formel 1 kam, und die spielen unterbewusst alle eine Rolle und helfen mir, die Entscheidungen zu treffen, die ich treffe. Und trotzdem mache ich nicht alles richtig. Das ist Teil des Prozesses und das hält mich nicht auf. Ich weiß einfach, dass ich morgen besser sein kann."

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Hamilton will Red Bull in Mexiko und Brasilien in Schach halten

Die beiden bevorstehenden Rennen in Mexiko und Brasilien könnten in der WM eine Vorentscheidung bringen. Verstappen war mit Red Bull auf beiden Rennstrecken schon siegreich. Hamilton lässt sich von seinem Rückstand aber nicht verunsichern. "Ich denke da im Moment nicht dran", beteuert er. "Es kommen jetzt zwei Strecken, auf den Red Bull stark ist. Also werden wir versuchen, ihren Vorteil gegenüber uns zu minimieren und schauen, ob wir einen besseren Job machen können."

Nachdem die Formel 1 im vergangenen Jahr weder in Mexico City noch in Sao Paulo gastierte, glaubt Mercedes-Teamchef Toto Wolff nicht einmal mehr so richtig an die Wirkung des Red-Bull-Nimbus. "Mexiko war sonst immer ein Kurs der schwierig für uns war, aber diese Saison kann sich alles ändern", so der Österreicher bei Sky Sports F1. "Wir haben gesehen, dass wir dort, wo wir traditionell stark waren, nicht stark waren, und umgekehrt."