Ferrari spannt Formel-1-Fans 2021 mit der Präsentation des neuen Autos auf die Folter. Erst am 10. März wollen die Italiener die Hüllen des SF21 fallen lassen. In den 1970ern war der Spannungsbogen ähnlich aufregend. Erst beim dritten Rennen der Saison rollte die Scuderia am 1. März 1975 in Südafrika erstmals den 312T aus dem LKW. Anlässlich seines 46. Geburtstags schaut Motorsport-Magazin.com auf die beeindruckende Geschichte des legendären Boliden zurück, der Ferrari-Ikonen wie Niki Lauda, Gilles Villeneuve und Jody Scheckter zu Ruhm und Ehre führte.

Formel 1 heute vor 46 Jahren: Ferrari in der Krise

Die Vorzeichen vor der Saison 1975 waren die in Maranello altbekannten und auch im Jahr 2021 vorherrschenden. Seit dem Erfolg von John Surtees in der Saison 1962 war Ferrari ohne WM-Titel. Unter dem Druck des knallharten Enzo Ferrari und der mindestens genauso erbarmungslosen italienischen Presse hatte das Team auf seiner Durststrecke einen verheißungsvollen Boliden nach dem anderen präsentiert, die allesamt nicht an die großen Erfolge anzuknüpfen vermochten.

Parallel dazu wurden fast schon traditionell diverse hoffnungsvolle Fahrer verheizt. Nicht nur in der jüngeren Geschichte scheiterten Fahrer wie zum Beispiel Sebastian Vettel oder Fernando Alonso mit Ferrari. Und es waren auch nicht immer gestandene Weltmeister, die als Heilsbringer kamen und als Versager gingen. Es waren auch immer wieder junge Talente, welche von Il Commendatore auserkoren wurden, die Ehre seines Rennstalls wiederherzustellen. Vor 46 Jahren wurde diese Bürde dem zu dieser Zeit noch unbekannten Niki Lauda auferlegt.

Der Österreicher wurde 1974 für die Nachfolge von Jacky Ickx ausgewählt, der Ferrari nach seiner zweiten Amtszeit für das Team desillusioniert verlassen hatte. Doch sowohl Lauda als auch Teamkollege Clay Regazzoni stießen mit dem 312B3-74 an ihre Grenzen. Das von Chefkonstrukteur Mauro Forghieri entworfene Ursprungskonzept stammte aus dem Jahr 1970 und erwies sich schon lange vor seiner letzten Evolutionsstufe als schwierig.

Jacky Ickx waren mit dem Ferrari 312B nur Einzelerfolge vergönnt, Foto: Sutton
Jacky Ickx waren mit dem Ferrari 312B nur Einzelerfolge vergönnt, Foto: Sutton

Lauda scheitert mit dem Sorgenkind von Ferrari

Der flachliegende Zwölfzylindermotor machte die Hinterachse zu einer Herausforderung. Nach diversen Einzelerfolgen brachte Ferrari immer wieder Weiterentwicklungen, die noch grandioser als ihre Vorgänger scheiterten. In der Saison 1973 ließ Ferrari sogar einige Rennen, wie zum Beispiel den Deutschland GP auf der Nordschleife, aus, da es derart schlecht um die Konkurrenzfähigkeit des 312 B3 bestellt war.

Nordschleifen-Spezialist Ickx hatte dem Team diese Entscheidung übel genommen. Er empfand den Rückzug als inakzeptabel und fuhr auf dem Nürburgring stattdessen spontan für McLaren. Hinter dem dominanten Tyrrell-Duo Jackie Stewart und Francois Cevert belegte er den dritten Platz. Ende 1973 stieg Hoffnungsträger Lauda erstmals in den Boliden, doch das Urteil seines neuen Fahrers fühlte sich für Enzo Ferrari und seine Truppe kuam besser an, als der Abgang von Ickx.

Lauda bezeichnete den 312 B3 als "Stück Scheiße" und forderte umgehend Änderungen an der Vorderachse. Der 312B3-74 erwies sich Dank des Inputs vom Neuzugang als letztes Aufbäumen eines längst gescheiterten Konzepts. Im vierten Rennen für Ferrari feierte Lauda im spanischen Jarama seinen ersten Grand-Prix-Sieg. Es war der erste des Teams seit Ickx' Triumph auf der Nordschleife zwei Jahre zuvor.

In Zandvoort feierte Lauda einen zweiten Sieg. Sechs Rennen vor dem Ende der Saison lag er mit 36 WM-Zählern an der Spitze der Gesamtwertung, vier Zähler vor Regazzoni. Der Österreicher wurde auf dem Weg zu seinem ersten WM-Titel jedoch vom Pech ausgebremst. Die letzten fünf Rennen beendet er nicht. Drei Mal war ein Defekt für die Nullnummer verantwortlich. Regazzoni hatte mehr Glück, scheiterte jedoch um drei Punkte an Fittipaldi.

Niki Lauda testet in Fiorano für die Saison 1975, Foto: LAT Images
Niki Lauda testet in Fiorano für die Saison 1975, Foto: LAT Images

Revolutionärer 312T führt Lauda und Ferrari zur WM

In weiser Voraussicht machte Forghieri sich 1974 frühzeitig an die Entwicklung eines Nachfolgers. Mit dem 312T versuchte er einen radikal neuen Ansatz. Der weiterhin liegend verbaute Zwölfzylinder übertrug seine Leistung von rund 500 PS über ein quer vor der Hinterachse verbautes Getriebe. Das T im Namen stand für dieses transversale angebrachte Getriebe. Dadurch wurde die Gewichtsverteilung des Boliden optimiert.

Gegenüber dem Vorgänger wurde auch die Aufhängung von Grund auf neugestaltet, um das auch nach den von Lauda angestoßenen Modifikationen immer noch vorherrschende Untersteuern zu beseitigen. Im Herbst 1974 wurde der erste 312T fertiggestellt und daraufhin in Modena der Öffentlichkeit präsentiert. Auf den ersten Renneinsatz mussten Lauda und Regazzoni jedoch lange warten.

Ferrari startete 1975 mit dem ungeliebten 312B3-74 ins Jahr, Foto: Sutton
Ferrari startete 1975 mit dem ungeliebten 312B3-74 ins Jahr, Foto: Sutton

Die ersten beiden Saisonrennen 1975 musste das Ferrari-Duo erneut mit dem ungeliebten 312B3-74 in Angriff nehmen. Damit waren zwar Punkte drin, doch vom Podest oder gar von Siegen war das Team weit entfernt. Erst beim dritten Rennen der Saison kam am 1. März 1975 erstmals der 312T zum Einsatz. In Kyalami verfehlte der Bolide jedoch die Erwartungshaltung, die er auf der hauseigenen Teststrecke in Fiorano geschürt hatte.

Lauda wurde mit einem fehlerhaften Motor nur Fünfter, während Regazzoni mit einem verkorksten Setup völlig chancenlos war. Die Kinderkrankheiten waren allerdings schnell ausgeräumt. Bei der nicht zur Weltmeisterschaft zählenden BRDC International Trophy in Silverstone war Lauda mit dem 312T erstmals siegreich. Mit fünf Siegen aus den darauffolgenden elf Rennen fuhr er unangefochten zu seinem ersten WM-Titel und erlöste die Scuderia von ihrer Dürre.

Der Ferrari 312T führte Niki Lauda 1975 zu seinem ersten WM-Titel, Foto: Sutton
Der Ferrari 312T führte Niki Lauda 1975 zu seinem ersten WM-Titel, Foto: Sutton

Ferrari 312T wird zum Dauerbrenner

Im Jahr darauf erlangte der 312T2 besondere Bekanntheit, als Lauda am Steuer des Boliden auf der Nordschleife verunglückte. Trotz des Feuerunfalls des WM-Favoriten gewann Ferrari die Konstrukteursweltmeisterschaft erneut. Im Jahr darauf kämpfte sich Lauda zurück und gewann seinen zweiten WM-Titel mit dem Ferrari 312T2B. Der Teamleader verließ Maranello Ende 1977 aus persönlichen Gründen. Er hatte Enzo Ferrari die respektlose Behandlung nach seinem Rückzug beim WM-Finale 1976 in Fuji nicht verziehen.

Lauda brachte sich und Ferrari damit um die Fortsetzung der Siegesserie, doch der 312T fand 1979 trotzdem noch einmal zurück in die Erfolgsspur. Mit dem Ferrari 312T4 gelang es Forghieri, dem 1978 durch den Ground Effect dominanten Lotus 78 Paroli zu bieten - obwohl der ausladende Zwölfzylinder die Konstruktion der für den Unterdruck-Effekt notwendigen Venturi-Tunnel im Unterboden schwierig gestaltete.

Gilles Villeneuve und Jody Scheckter gewannen jeweils drei Rennen. Der Südafrikaner setzte sich durch mehr Konstanz im Titelkampf gegen den Tifosi-Liebling durch. Die Erfolgsgeschichte des 312T neigte sich damit dem Ende. Vier Konstrukteurs- und drei Fahrer-WM-Titel gingen auf das Konto des Boliden. In 90 Rennen errangen seine Piloten 27 Siege, 61 Podien, 19 Pole Positions und 25 schnellste Runden.

In der Saison 1980 kam mit dem 312T5 eine letzte Evolutionsstufe zum Einsatz, doch die Zeichen der Zeit konnte diese nicht mehr kaschieren. Die Konkurrenz entwickelte mit ihren kompakten V8-Motoren unermüdlich am Ground Effekt weiter, während Ferrari mit dem Zwölfzylinder an die Grenzen des Packagings gestoßen war. 1981 folgte mit dem 126C samt 1,5 Liter Turbo-Motor die Ablöse.

Jody Scheckter bescherte Ferrari mit dem 312T4 den letzten WM-Titel für die nächsten 21 Jahre, Foto: Sutton
Jody Scheckter bescherte Ferrari mit dem 312T4 den letzten WM-Titel für die nächsten 21 Jahre, Foto: Sutton

Was sonst noch geschah:

Vor 29 Jahren: Die Königsklasse kehrt nach sieben Jahren Pause auf einen umgebauten Kyalami Grand Prix Circuit zurück. Nachdem der GP von Südafrika nach 1985 aufgrund der politischen Situation im Land nicht mehr ausgetragen wurde, war das Rennen 1992 wieder im Kalender. Die Traditionsrennstrecke war in der Zwischenzeit umfangreich modernisiert worden. Aus dem ehemaligen Highspeed-Kurs wurde ein technisch anspruchsvolles Layout mit 13 Kurven. Williams-Pilot Nigel Mansell holte beim Saisonauftakt sowohl die Pole Position als auch den Sieg, vor seinem Teamkollegen Ricciardo Patrese und Titelverteidiger Ayrton Senna im McLaren-Honda.

Vor 41 Jahren: Als drittes Rennen der Saison 1980 wurde der Große Preis von Südafrika zu einer rein französischen Angelegenheit. In Folge einer fünfwöchigen Pause seit dem Rennen in Argentinien brachten mit ATS und Tyrrell zwei Teams gleich ganz neue Autos, nachdem der Saisonstart mit den Vorjahresboliden absolviert worden war. Das Geschehen in Kyalami hatten dennoch Renault und Ligier fest in der Hand. Jean-Pierre Jabouille eroberte für die Gelben die Pole Position, schied im Rennen jedoch nach 62 der 78 Runden durch einen Reifenschaden aus. Teamkollege Rene Arnoux erbte den Sieg vor den Ligier-Teamkollegen Jacques Laffite und Didier Pironi.

Vor 52 Jahren: Die dritte Ausgabe des Grand Prix von Südafrika in Kyalami markierte den Start in die Saison 1969. Durch die Verlegung des in den Vorjahren stets im Januar abgehaltenen Rennens in den März stellte sich eine neue Ausgangslage dar. Durch die lange Vorbereitungszeit fuhren die Teams massiv weiterentwickelte Boliden auf, was vor allem durch die ausladenden Flügelkonstruktionen zur Schau gestellt wurde. Der spätere Champion Jackie Stewart fuhr im von Tyrrell eingesetzten Matra-Ford vor Graham Hill (Lotus) und Denny Hulme (McLaren) zum Sieg.