Malaysia, USA, Bahrain und China - So lauteten die letzten Orte, an denen die Königsklasse des Motorsports Neuland betrat. Doch so unterschiedlich diese vier Länder und größtenteils auch Strecken sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: Das Debütrennen gewann ein rotes Auto aus Maranello.

War es in Malaysia 1999 noch Eddie Irvine, der den Sieg von seinem Teamkollegen Michael Schumacher geschenkt bekam, siegte beim ersten F1-Gastspiel in Indianapolis der Champion selbst. Und auch beim ersten Wüstenrennen in Bahrain stand Schumacher ganz oben auf dem Podest. In China musste der amtierende Weltmeister wiederum seinem Teampartner beim Jubeln zusehen. Diesmal hieß dieser allerdings nicht mehr Irvine, sondern Rubens Barrichello.

Mit dem ersten Großen Preis der Türkei betritt die Formel 1 am kommenden Wochenende nun erneut Neuland. Diesmal werden die Roten von den meisten Experten aber nicht zum Favoritenkreis gezählt. Bleibt die einzige Gemeinsamkeit von vier der fünf Debütrennen der letzten Jahre also nur der Architekt?

Sie möchten bei der Besichtigung die Erfolgsspur wiederfinden., Foto: Sutton
Sie möchten bei der Besichtigung die Erfolgsspur wiederfinden., Foto: Sutton

Renault: Neuanfang

Nach drei Wochen Sommerpause beginnt für die WM-Spitzenreiter ein neuer Abschnitt. Entgegen allen Erwartungen, konnten Giancarlo Fisichella und Fernando Alonso auf ihrer Lieblingsstrecke in Ungarn nicht überzeugen. Auf dem unbeschriebenen Blatt des Istanbul Speed Park möchten die Gelb-Blauen deshalb erholt und gestärkt zu alter Form zurückfinden. Angesichts der starken Performance in den ersten zwölf Saisonrennen, sollten die Franzosen auch in der Türkei konkurrenzfähig sein. Wie es aber tatsächlich aussehen wird, lässt sich erst nach den ersten Runden auf dem neuen Kurs sagen.

McLaren: Neuer Anlauf

Für McLaren Mercedes kam die Aufholjagd von Budapest jedenfalls genau zum richtigen, Fußball-Kollegen würden sagen zu einem psychologisch günstigen, Zeitpunkt. Nichtsdestotrotz müssen die Silbernen auch auf dem unbekannten Gebiet vor den Toren Istanbuls erst einmal beweisen, dass ihr zuletzt unangefochten schneller MP4-20 auch dort funktioniert und man auch nach der Sommerpause noch das beste Auto besitzt. Die Chance weitere Punkte gutzumachen, besteht aufgrund der vielen Fragezeichen auf dem neuen Kurs allemal. Nach der Sommerpause zu Beginn der letzten sechs Rennwochenenden wäre dies dann erneut ein psychologisch sehr günstiger Zeitpunkt...

Die Roten setzen große Hoffnungen in den Türkei GP., Foto: Sutton
Die Roten setzen große Hoffnungen in den Türkei GP., Foto: Sutton

Ferrari: Neue Hoffnung

Und auch die Scuderia Ferrari muss dieser Tage vor dem ersten Großen Preis der Türkei auf einige psychologische Kniffe zurückgreifen. Denn so ganz weiß auch in Maranello niemand, ob man nach der Pole von Ungarn tatsächlich wieder zurück im Geschäft ist. Da kommt es den Roten sehr gelegen, dass sie mit dem Schwung des positiven Ergebnisses von Budapest sowie den guten Erinnerungen an die letzten Streckendebüts nach Istanbul reisen können. Die große Frage wird jedoch bleiben: Hilft die Unbekannte einer neuen Strecke den Italienern beim Comebackversuch oder bewirkt sie in ihrer derzeitigen Situation eher das Gegenteil?

Toyota: Neue Erkenntnisse

Bei Toyota ist man nach dem erfreulichen Ungarn GP jedenfalls zuversichtlich auch in der Türkei vorne mitmischen zu können. Angesichts der guten Leistungen des TF105 und dessen Michelin-Pneus unter heißen Bedingungen, könnten die Weiß-Roten auf dem türkischen Neuland, welches bekanntlich für alle eine Art Neubeginn darstellt, zu einer Art Geheimfavorit mutieren. Denn auch hier gilt: Wer am besten mit den Bedingungen und der neuen Strecke zurecht kommt, kann vielleicht einen auf bekannten Strecken vorhandenen Nachteil oder Rückstand kaschieren.

Williams hatte drei Wochen Zeit die Probleme zu finden., Foto: Sutton
Williams hatte drei Wochen Zeit die Probleme zu finden., Foto: Sutton

Williams: Neue Entwicklungen

Für BMW-Williams wäre dies eine lobenswerte Entwicklung. Denn seit der Einführung des Aerodynamik-Updates enttäuschen die Weiß-Blauen auf ganzer Linie. Da könnte ihnen eine unbekannte Strecke durchaus einen kleinen Vorteil verschaffen. Zusätzlich sollen auch einige Neuentwicklungen den FW27 schneller machen. Besonders groß sind die Erwartungen an die britisch-bayrische Allianz trotzdem nicht. Zu schwach waren hierfür ihre letzten Vorstellungen.

Red Bull: Neuer Spaß

Mit einigen kleineren Aerodynamikverbesserungen erlebte Red Bull Racing vor der Sommerpause einen gehörigen Auftrieb, der allerdings unverschuldet schon in Runde 1 des Ungarn GP jäh gestoppt wurde. Auf dem unbekannten Kurs am Bosporus sowie angesichts der gleichen Ausgangslage für alle Teams, könnten die roten Bullen am kommenden Wochenende aber wieder für eine Überraschung gut sein. Die Konkurrenz ist mit Ferrari, Toyota, Williams, B·A·R und Sauber jedoch alles andere als klein.

B·A·R: Neue Kraft

Vier Pünktchen trennen British American Racing noch vom korrigierten Saisonminimalziel des sechsten Ranges in der Konstrukteursweltmeisterschaft. Diesen hat momentan noch Red Bull inne. Mit einer guten Leistung und vielleicht einer kleinen Überraschung könnten die Weißen dies aber schon in der Türkei ändern. Während Takuma Sato zuletzt nicht das halten konnte, was man sich von ihm versprochen hatte, dürfte zumindest Jenson Button mit einem konkurrenzfähigen 007 zu einer guten Punkte-, wenn nicht sogar Podestplatzierung fähig sein. Entscheidend dafür wird aber sein, wie das Team mit dem neuen Kurs zurecht kommt. Und das lässt sich nach einer ersten Saisonhälfte voller Pleiten, Pech und Pannen nur schwer voraussagen.

Villeneuve kämpft um seine Chance für 2006., Foto: Sutton
Villeneuve kämpft um seine Chance für 2006., Foto: Sutton

Sauber: Neue Besitzer

Bei noch sechs ausstehenden Rennen dürfte es für das Sauber Team schwer werden den achten Rang der Team-Wertung zu verlassen. Entsprechend wird im Hintergrund bereits alles auf das Debütjahr unter der Führung von BMW ausgerichtet. Nichtsdestotrotz werden die Fahrer natürlich alles geben, um vielleicht doch noch einen Sprung in der Konstrukteurs-WM machen zu können. Nicht zuletzt um sich einerseits würdig vom Team zu verabschieden (Massa) und andererseits ein klares Zeichen dafür zu setzen, dass es für einen vorzeitigen Abschied 2006 keinen Grund gibt (Villeneuve).

Jordan: Neuer Lokalmatador

Noch nicht in der Türkei, aber möglicherweise zwei Wochen danach in Monza, soll endlich der neue EJ15B zum Einsatz kommen. Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, darf derzeit getrost bezweifelt werden. Bereits am Sonntag kommt jedoch Jason Tahincioglu zu seinem ersten Auftritt in einem F1-Boliden. Der Lokalmatador darf, wie einst Zsolt Baumgartner in Budapest, einige Demorunden in einem Jordan absolvieren. Für mehr Aufsehen werden die Gelben aber auch an diesem Rennwochenende nicht sorgen können.

Das unbekannte Land bietet Minardi eine große Chance., Foto: Sutton
Das unbekannte Land bietet Minardi eine große Chance., Foto: Sutton

Minardi: Neuer dritter Mann

Stattdessen wird sich Jordan auch in der Türkei mit Minardi herumschlagen müssen, wobei die Schwarz-Weißen dort aufgrund der gleichen Ausgangslage durchaus wieder einmal die Chance haben könnten nicht nur im Training und Qualifying, sondern auch im Rennen vor der Ex-Truppe von Eddie Jordan zu liegen. Dank des Neuzugangs von Enrico Toccacelo wird man zumindest auf die Daten eines dritten Fahrers zurückgreifen können. Und obwohl deren Aussagekraft bei einem Debütanten natürlich noch abzuwarten bleibt, könnte dies im türkischen F1-Neuland einen entscheidenden Vorteil bieten.