Bei der FIA-Pressekonferenz in Ungarn waren folgende Gäste geladen: Martin Whithmarsh (McLaren), Geoff Willis (BAR), Sam Michael (Williams), Willy Rampf (Sauber) und Günther Steiner (Red Bull Racing).

Das Zauberkürzel wird ausgesprochen: V8! Die Formel 1 steht nach mehr als einem Jahrzehnt vor einer großen Motorenumrüstung - von zehn Zylindern, drei Litern Hubraum und einem frei wählbaren Zylinderbankwinkel zu acht Zylindern, 2,4 Litern und einem vorgeschriebenen Zylinderbankwinkel von 90 Grad.

Sauber respektive BMW wird im Winter erstmals mit einem Hybridauto den V8 testen, verrät Willy Rampf. Bei Red Bull ist das anders, denn da wird Motorenlieferant Ferrari die Testarbeit vornehmen - und zwar bald, sagt Günther Steiner. Ein erstes Exemplar werde man "im Oktober oder November" erhalten, aber da der RB2 erst am Ende des Jahres fertig sein wird, wird also am Ende des Jahres mit dem Testen begonnen. B·A·R-Honda wird auch im Winter testen, zumal man bereits einen Hybrid in einem Test-Chassis gefahren ist, sagt Geoff Willis. Ein McLaren-Interimswagen wird laut Martin Whitmarsh in rund acht Wochen erste V8-Tests unternehmen, der neue Bolide für 2006 soll dann "im Laufe des Winters" kommen.

Williams-Technikchef Sam Michael erzählt, dass man vor ein paar Wochen bereits in Jerez den V8 getestet habe. "Welchen V8?", fragt man. "Das war ein BMW V8", antwortet Michael. "Sie testen also diesen Motor, obwohl Sie ihn im kommenden Jahr möglicherweise nicht einsetzen werden?", fragt man. "Ja, das ist richtig", sagt Michael. In punkto Motorenverpflegung möchte der Mann ansonsten keine näheren Auskünfte geben, da man sich in laufenden Verhandlungen befinde.

Und weil der gute Mann aber schon hier sitzt, kann man ihn ja auch in punkto Jenson Button befragen. Der wollte vor einem Jahr noch unbedingt zu Williams wechseln und bittet jetzt bekanntlich darum, bei B·A·R bleiben zu dürfen - damit er endlich seinen ersten Sieg einfahren kann. Doch Sam Michael sagt nur: "Wir haben einen Vertrag mit Jenson, der ab 2006 gültig ist..." B·A·R-Mann Geoff Willis erklärt, dass man Button natürlich gerne weiter im Team haben möchte, dass er aber seine Vertragsgeschichte mit Williams "selber lösen" müsse.

That is motor racing - Martin Whitmarsh., Foto: Sutton
That is motor racing - Martin Whitmarsh., Foto: Sutton

Martin Whitmarsh wird auf die Standfestigkeitsprobleme von McLaren-Mercedes angesprochen. Diese seien natürlich "enttäuschend", es sei aber kein "endemisches Problem", es wären "verschiedene Probleme", das letzte Problem sei "ein winziger Fehler in unserem Prozedere" gewesen - aber "that's motor racing", sagt Whitmarsh. Was man jetzt zu tun gedenke? "Keep pushing" sagt Whitmarsh und "find performance" und "work on reliability" - und zwar "at the same time". Das Übliche also.

Der Fragesteller spricht von irgendeiner "special Special"-Motorausbaustufe von Honda in China - Willis antwortet, dass "die Geschichten von einer 1000 PS-Maschine ins Fantasiereich" gehören würden, aber dass man ja immer neue Ausbaustufen erhalte und so weiter und so fort. Günther Steiner wiederum kann nichts dazu sagen, ob Klien oder Liuzzi in der Türkei fahren werden. Willy Rampf verrät dafür, dass man nun in Hinwil "mehr deutsch" sprechen würde, weil man "mehr Kontakte zu BMW" habe. Er spricht von einem C25 als das nächstjährige Auto.

Designer arbeiten ins Blaue

From the Floor kommt eine "gute Frage", lobt Willis. Es geht darum, dass man noch immer nicht weiß, welcher Qualifying-Modus im kommenden Jahr zum Einsatz kommt. Und dass sich dies aber auf das Design der nächstjährigen Fahrzeuge auswirken würde. Es wäre ein großer Unterschied, ob es ein Low Fuel-Quali oder ein Rennsprit-Quali sein wird - "sogar eine Reduzierung der Geschwindigkeit in der Boxengasse hat Auswirkungen auf die Strategie und somit auch auf das Fahrzeug-Design", sagt Willis. Diese Entscheidungen hätten also "bereits vor einem Monat" fallen müssen, damit es die Designer nicht so schwer haben. Und es geht nicht nur ums Schwerhaben - bekanntlich kostet die Entwicklung sehr viel Geld. Und somit kostet auch jede Kurskorrektur in Sachen Design sehr viel Geld. Womit man wieder einmal bei jener absurden Kostenexplosion landet, welche Max Mosley mit seinen Sparmaßnahmen respektive seinem Zickzackkurs und seinen kurzfristigen Entscheidungen anrichtet.

Sam Michael sagt, dass sehr viele Leute über Low Fuel sprechen würden und man daher in den Designbüros eher in diese Richtung arbeiten würde. Günther Steiner sagt dazu, dass nun eben jeder in jene Richtung arbeiten würde, die dem entspreche, was man für 2006 als wahrscheinlichste Lösung betrachte. Und: "Wenn das jemand falsch einschätzt, zahlt er eben seinen Preis." In den Designabteilungen ist also das große "Sport-Reglement-2006-Rätselraten" ausgebrochen. Die Konstrukteure hoffen, dass man vielleicht in einem Monat eine Entscheidung in punkto Sportliches Reglement haben werde.

Geoff Willis bei einer FIA-Anhörung., Foto: Sutton
Geoff Willis bei einer FIA-Anhörung., Foto: Sutton

Doch die FIA muss bekanntlich die Weichen für 2008 und die Zeit danach stellen - vielleicht hatte man ja deshalb nicht die nötige Zeit, um das Regelwerk für 2006 in Angriff zu nehmen? Es gab ein Meeting von Vertretern der GPMA, so heißen die Hersteller jetzt, mit Max Mosley. Und das soll laut Whitmarsh gut gewesen sein. Die GPMA hat bekanntlich ihre Regelvorschläge für die Zeit ab 2008 bei der FIA vorgelegt. Whitmarsh erklärt, dass auch Red Bull Racing und Jordan, die ja bereits wie die Scuderia Ferrari ein neues Concorde-Abkommen bis 2012 unterschrieben haben, an den Meetings der GPMA teilnehmen würden. Und vor allem: In Wirklichkeit würde es allen nur um die Zukunft der Formel 1 gehen.

Marc Surer möchte wissen, was die Techniker mit jenen 90 Millimetern zu tun gedenken, die aufgrund der kürzeren V8-Aggregate frei werden. Willis: "Das ist eine interessante Frage. Manche werden sich für ein kürzeres Heck entscheiden, andere werden längere Getriebe entwerfen."

Der Aerodynamik-Fettnapf

Ein Reporter von ITV ist schwer besorgt: "Geoff und Martin, ihr habt vorhin gerade gesagt, dass es in punkto Aerodynamik keine großen Änderungen im kommenden Jahr geben wird. In Silverstone sahen wir, wie Kimi Räikkönen die Frontpartie seines Wagens wegschmierte, als er in der Stowe-Kurve hinter Michael Schumacher herfuhr. Und auch die anderen Fahrer sprachen über das Problem - sie erzählten uns, dass es in der aktuellen Aerodynamik-Konstellation noch schwieriger ist, hinter einem anderen Fahrzeug herzufahren, dass es noch mehr Turbulenzen geben würde. In Hockenheim gibt es normalerweise fantastische Überholmanöver, doch es war diesmal für alle Fahrer sehr hart. Dass heißt doch, dass ihr für das kommende Jahr drastische Änderungen im Bereich der Aerodynamik durchführen müsst - nicht nur, damit besser überholt werden kann, sondern auch, um die Zuschauer zu unterhalten. Martin, du hast doch auch über Entertainment gesprochen?"

Geflügelsalat - es wurde noch schlimmer..., Foto: Sutton
Geflügelsalat - es wurde noch schlimmer..., Foto: Sutton

Geoff Willis sagt dazu, dass man so spät nur noch dann eine solch große Änderung durchführen könne, wenn alle Teams zustimmen würden. Und: "Es stimmt, dass wir, als wir die Autos einbremsen wollten, indem wir die Frontflügel höher anbrachten, wir damit nicht gerechnet haben, dass dabei das Fahren hinter einem anderen Fahrzeug um so viel schlimmer werden würde. Das zeigt, dass es wohl klüger gewesen wäre, mehr Tests durchzuführen, bevor wir uns für diese Richtung entschieden haben." Aber, so Willis, es würde dahingehend Hoffnung bestehen, dass man mit den nächstjährigen Autos wieder besser hinter einem anderen Fahrzeug herfahren könne, da manche Autos der Generation 2005 auch ähnliche Probleme hätten, ohne einem Wagen in Front. Dass die Teams also aus ihren Fehlern lernen würden.

Martin Whitmarsh erkennt einen implizierten Vorwurf an die Teams, sie hätten nicht genügend in der Frage kooperiert, die Show, den Rennsport zu verbessern. Und dieser Vorwurf sei auch angebracht, gibt Whitmarsh zu. Er gibt auch zu, dass die Teams kaum daran denken, wie man denn die Show verbessern könne, sondern dass es lediglich darum ginge, die eigene Performance zu optimieren. Whitmarsh warnt davor, jetzt wieder zu schnelle Schritte zu gehen. Auch in punkto Qualifying. Als ein Reporter zu bedenken gibt, dass mit einem Low Fuel-Qualifying die schnellsten Boliden vorne stehen würden und es doch mit dem aktuellen Format oft dazu kam, dass ein schnellerer Bolide sich vorkämpfen musste und genau das die Spannung der vergangenen Rennen ausgemacht habe, gibt Whitmarsh dem Journalisten Recht. Er sagt, es würden einige Argumente dafür sprechen, das Quali-Format nicht zu ändern.

Gremium?

Ein Fazit aus dieser aufschlussreichen Pressekonferenz könnte lauten: Voreilig hat man die Autos einbremsen wollen und damit das Fahren im Windschatten weiter erschwert - obwohl das schon seit Jahren einer der wesentlichen Kritikpunkte der Fahrer ist. Derzeit arbeiten die Konstruktionsbüros ins Blaue, weil man das Sportliche Reglement für 2006 nicht kennt, dafür wird aber eifrig am Regelwerk für 2008 bastelt. Die FIA hat in den letzten Jahren eine Regeländerungswut an den Tag gelegt, die ihresgleichen sucht. Nun ist man so weit, dass anscheinend niemand mehr wirklich weiß, was getan werden soll. Die Teams arbeiten nur für ihre eigenen Interessen. Die einzige Möglichkeit wäre daher nur, dass man den Teams und den Herstellern jedes Mitspracherecht in Sachen Regelwerk entzieht und dass künftig ein unabhängiges Gremium aus Technikern, Fahrern, Medien- und Sponsorvertretern sowie natürlich dem Publikum (Internetwahl) die Regeln für die Königsklasse des Automobilrennsports erstellt. Die Teams und auch die FIA in ihrer aktuellen Besetzung haben jetzt lange genug bewiesen, dass sie es einfach nicht schaffen, ein vernünftiges Regelwerk zu erstellen.