Lange hat es gedauert, aber in Kanada dominierte Renault endlich, wie vor der Saison erhofft, das Mittelfeld der Formel 1. Daniel Ricciardo hatte sich nach seinem fast unglaublichen Qualifying im Rennen auf Platz sechs behaupten können, während Nico Hülkenberg knapp hinter ihm als Siebter ins Ziel kam.

Feierstimmung herrschte daher nach dem Rennen - besonders bei Ricciardo, der einen unterhaltsamen Sonntag mit einem spektakulären Zweikampf mit Valtteri Bottas garnierte. Etwas gedämpft die Stimmung aber bei Hülkenberg. Der schloss in den letzten Runden zu Ricciardo auf, wurde dann aber angewiesen, die Position zu halten.

Hülkenberg flucht auf Teamorder: Bullshit

Etwa 15 Runden vor Schluss war Hülkenberg in Schlagdistanz zu Ricciardo gekommen. Dessen Reifen waren zu dem Zeitpunkt nicht mehr ganz auf der Höhe, denn Renault hatte ihn zu einem frühen Stopp in Runde elf an die Box geholt, um sich gegen direkte Verfolger abzusichern. Hülkenberg stoppte erst in Runde 19.

Aber auf einen Zweikampf der Teamkollegen um Platz sechs hatte man bei Renault keine Lust. "Okay Nico, uns wurde gesagt, wir sollen die Positionen halten", leitete Hülkenbergs Renningenieur Mark Slade 13 Runden vor Schluss die Anweisung weiter. Hülkenberg zeigte zuerst wenig Verständnis: "Das ist Bullshit. Ich habe viel schnellere Reifen."

Nico Hülkenberg im Rennen von Kanada, Foto: LAT Images
Nico Hülkenberg im Rennen von Kanada, Foto: LAT Images

Eine halbe Runde später passte die Box die Anweisung an: Hülkenberg solle sein Auto kühlen und sich zurückfallen lassen. Die nächsten fünf Runden folgten immer wiederkehrende Anweisungen, denen Hülkenberg widerstreben wollte. "Lasst mich einfach vorbei, dann kann ich das Auto kühlen", kam der Kommentar zurück.

Sieben Runden vor Schluss machte Hülkenberg selbst aber der Debatte ein Ende: "So, sag mir einfach, dass ich nicht attackieren soll. Kein Problem für mich." Die Bestätigung folgte prompt, die Geschichte war erledigt.

Hülkenberg fügt sich: Hätte Qualifying besser machen müssen

Nach dem Rennen bestätigt Hülkenberg die Überhitzungsprobleme. "Das wäre eng geworden. Und das Team hat die Anweisung gegeben, nicht zu kämpfen." Für ihn letztendlich dann auch kein Problem: "Das ist nach dem schwierigen Start in die Saison auch irgendwie verständlich." Renault schaffte in diesem Jahr noch kein doppeltes Punkte-Ergebnis. Die 14 Punkte aus Kanada bedeuteten aber einen Sprung nach vorne, auf Platz fünf in der Teamwertung.

"Ich hatte frischere Reifen und bessere Pace, aber die Temperaturen waren am Limit. Wenn man dicht dran ist, hat das großen Effekt auf die Temperatur", fügt sich Hülkenberg. "Dumm gelaufen heute. Hätte ich das Qualifying besser machen müssen, dann wäre ich von vornherein weiter vorne gewesen."

Ricciardo feiert Bottas-Duell: War die Probleme wert

Eine Rolle bei Ricciardos langsamem Tempo zu Rennende spielten auf jeden Fall seine älteren Reifen. Die waren aber nicht nur älter, sie hatten auch schon ordentlich arbeiten müssen: Denn Ricciardo, der vor Bottas und Verstappen gestartet war, hatte sich besonders mit dem deutlich schnelleren Bottas ein hartes Duell geliefert.

Das war für Ricciardo aber alle Probleme wert. "Ich dachte, er würde mich locker erwischen, aber dann konnte ich seinen ersten Versuch abwehren", erinnert sich Ricciardo. "Und dann ... er war nicht wirklich unser Gegner, aber zur Hölle damit, ich habe eine Chance, gegen einen Mercedes zu kämpfen! Also bat ich alles auf!"

Ricciardo und Bottas duellierten sich in Kanada hart, Foto: LAT Images
Ricciardo und Bottas duellierten sich in Kanada hart, Foto: LAT Images

Ein paar brutale Blockmanöver auf der Gegengeraden folgten, die Bottas nach dem Rennen aber locker nahm: "Manchmal war es am Limit der Regeln, weil er auf meine Entscheidung gewartet hat und mich dann bei hohem Speed so geblockt hat. Aber ich habe mich nicht beschwert, weil ich hartes Racing mag."

Bottas brauchte gute sieben Runden, bis er es endlich am langsameren Renault vorbeischaffte. "Das war für meine Reifen wohl nicht gut", räumt Ricciardo ein, "aber das war es wert, und es war nett, ein bisschen Charakter zu zeigen und für Aufregung zu sorgen."

Hülkenberg und Ricciardo einig: Hoffnung auf weitere Top-Ergebnisse lebt

Die Plätze sechs und sieben aus Kanada sind für Renault jetzt endlich einmal der Beweis, dass es tatsächlich aufwärts geht - dass die vermeintliche Stagnation der letzten Rennen kein Dauerzustand ist. "Wir hatten das schon in den letzten Wochenenden in uns, aber dann immer irgendwelche Probleme, die uns zurückhielten", sagt Hülkenberg. "Gut, dass wir es endlich einmal durchgebracht haben."

"Wir haben auf jeden Fall noch viel Arbeit vor uns, aber jetzt stimmt die Richtung und beginnt zu unseren Erwartungen aufzuholen", sagt Ricciardo. "Für Frankreich haben wir einige neue Teile. Natürlich auch die Konkurrenz, aber so lange wir für uns selbst gut arbeiten, werden wir weiter nach vorne kommen, und die Lücke sicherlich auch einmal schließen."

Für den Moment hat sich Renault einmal bis auf zwei Punkte in der Team-WM an McLaren herangeschoben und hält jetzt Platz fünf. Ricciardo fehlen in der Fahrer-WM nur mehr zwei Punkte auf den bestplatzierten Mittelfeld-Piloten Carlos Sainz.