Seit knapp zwei Jahren beherrscht Liberty Media nun die Formel 1. Seither ist viel passiert: Bernie Ecclestone wurde als Geschäftsführer abgesetzt, stattdessen eine regelrechte Führungsriege installiert. Das Trio um Chase Carey, Ross Brawn und Sean Bratches hat seither schon einiges verändert.

Weil Liberty Media ein börsennotierter Konzern ist, müssen die Amerikaner regelmäßig Geschäftszahlen offenlegen und Investorenkonferenzen abhalten. Der dritte Quartalsbericht war am 8. November für das Geschäftsjahr 2018 fällig. Ein guter Zeitpunkt, um die vorgelegten Informationen zu analysieren und eine Bestandsaufnahme der Formel 1 vorzunehmen.

Im ersten Teil ging es um das Concorde Agreement, die geplante Budget-Obergenze, die sinkenden Einnahmen und das mediale Angebot:

Formel-1-Motoren: Power Units bleiben fast unverändert

Einst waren die Motoren das größte Gesprächsthema, inzwischen sind die Diskussionen fast eingeschlafen. Ferrari ist inzwischen auf Mercedes-Niveau, Honda hat sich mit Toro Rosso gefangen, holt schnell auf. Und Renault konnte im Red-Bull-Heck 2018 immerhin einige Rennen gewinnen. Eigentlich wollte Liberty 2021 das Antriebskonzept komplett überdenken, die MGU-H aus dem Heck schmeißen.

Doch nun wird fast alles beim Alten bleiben: Die Power Unit bleibt im wesentlichen unverändert. Ein erhöhter Benzinfluss soll aber für mehr Leistung, höhere Drehzahlen und einen besseren Sound sorgen. Gleichzeitig soll auch die MGU-K verstärkt und vermehrt in die Hände der Fahrer gelegt werden.

Lange Zeit Streitpunkt Nummer eins, inzwischen kein Problem mehr: Die Formel-1-Motoren der Zukunft, Foto: Renault Sport F1
Lange Zeit Streitpunkt Nummer eins, inzwischen kein Problem mehr: Die Formel-1-Motoren der Zukunft, Foto: Renault Sport F1

"Vor einem Jahr wollten wir einen signifikant anderen Motor", gesteht Chase Carey. "Jetzt haben wir uns mit allen darauf geeinigt, dass es der richtige Pfad ist, die existierenden Regeln zu stabilisieren. Bei Änderungen gibt es immer ungewollte Konsequenzen." Ein neuer Motorenhersteller neben den vier aktuellen ist derzeit zwar nicht mehr in Sicht, aber Carey ist sich sicher: "Hybridmotoren sind straßenrelevant und die Spitze der Technik. Damit sind sie auch für neue Hersteller interessant."

Signifikante Änderungen wird es aber hinter den Kulissen geben: Derzeit sind die Prüfstandzeiten nicht reglementiert. Das wird sich 2021 ändern. Damit soll die Kostenexplosion beim Antrieb eingedämmt werden. Allerdings: Die Prüfstände wurden bereits angeschafft, der Betrieb ist vergleichsweise günstig, weil sie nicht wie Windkanäle Energie verschlingen.

Formel-1-Regeln 2021: Futuristische Überhol-Autos

Der Motor ist inzwischen Nebensache, das Hauptaugenmerk von Ross Brawn und Co. liegt auf den Chassis-Regeln. Es geht darum, Autos zu kreieren, die nicht nur spektakulär aussehen, sondern auch spektakuläres Racing ermöglichen.

2019 wird bereits ein erster Feldversuch unternommen, die Dirty-Air-Problematik zu verringern. Auf die Schnelle wurde im Rahmen der beschränkten Möglichkeiten das aktuelle Reglement geändert, um die Nachströmung der Fahrzeuge zu verbessern. Dadurch sollen mehr Überholmanöver entstehen.

Sieht so die Zukunft der Formel 1 aus?, Foto: FOM
Sieht so die Zukunft der Formel 1 aus?, Foto: FOM

2021 soll das Reglement nicht adaptiert, sondern auf einem weißen Blatt Papier neu geschrieben werden. Die Autos werden gravierend anders aussehen und funktionieren. Erste Konzepte dafür gibt es schon, wie nah die jedoch an der Realität sind, wird sich erst noch zeigen. Ross Brawn arbeitet gemeinsam mit Pat Symonds und einem ganzen Techniker-Team daran - auch das verschlingt Geld, das den Teams abgeht.

Eine Fixgröße gibt es bei den neuen Autos bereits: die Reifen. Die 13-Zoll-Pneus sind dann endgültig Geschichte. In der Ausschreibung für den Reifenalleinausrüster ab 2020 verlangt die Formel 1 explizit 18-Zoll-Reifen. Ebenfalls klar: Heizecken soll es dann nicht mehr geben.

Rennkalender: Mehr USA, weniger Tradition

2019 bleibt Deutschland vorerst im Rennkalender - das sind die guten Nachrichten. Allerdings ist fraglich, wie langfristig die Sicherung des Deutschland GP ist. Eigentlich wollte die Formel 1 2019 nach Miami, doch daraus wurde vorerst nichts. Deutschland droht nur der Notnagel zu sein, weil der Kalender sonst schrumpfen würde.

Dass das Rennen in Miami 2019 nicht stattfindet, war ein harter Schlag für Liberty, gab es sogar schon einen konkreten Streckenverlauf für das Prestigeprojekt. "Da sind viele Parteien involviert, was bei einem Straßenrennen auch nicht ungewöhnlich ist. Makropareiten und Mikroparteien, das ist ein zeitaufwändiger Prozess", erklärt Chase Carey die Verschiebung des Miami-Projekts.

Das Rennen in Miami findest vorerst nicht statt, Foto: Google Maps
Das Rennen in Miami findest vorerst nicht statt, Foto: Google Maps

"Die USA bleiben auf jeden Fall die Priorität", gesteht Carey. "Wir sind aber auch noch anderswo in den USA in Gesprächen, nicht nur in Miami. Aber Miami könnte für uns ein toller Event sein, weltweit, nicht nur in den USA."

Währenddessen muss nicht nur Hockenheim zittern. Auch Silverstone kämpft um einen neuen Vertrag. "Wir wissen um den Wert des Rennens in Silverstone", sagt Carey zwar. "Aber wir müssen auch an einen Ort, der für uns funktioniert. Und diese Diskussionen laufen noch. Es gibt immer andere Optionen und wir müssen sicherstellen, dass wir sie weiterentwickeln.

"Wir sind in der glücklichen Position, dass wir mehr Länder haben, die Rennen wollen als wir Rennen fahren können. Das ist eine gute Situation", so Carey. "Wir werden deshalb weiter Optionen entwickeln, müssen dabei aber sicherstellen, dass wir die beste Entscheidung für die Fans, das Racing und für uns als Business treffen."

Das erste zusätzliche Rennen konnte Liberty Media vor wenigen Wochen klarmachen: Ab 2020 fährt die Formel 1 in Vietnams Hauptstadt Hanoi. Auch wenn Liberty Media gerne einen expandierenden Kalender hätte, Fahrer und Teams laufen gegen diese Pläne Sturm. Es wird interessant, wer sich am Ende durchsetzen wird. Liberty sprach einst von bis zu 25 Rennen.