Die F1-Eigner von Liberty Media haben auf neuerliche Ausstiegsdrohungen des Formel-1-Traditionsteams von Ferrari reagiert, wonach die Scuderia ihr F1-Engagement überdenken müsse, sollte der Grad an Standardisierung in der Formel 1 ein gewisses Maß überschreiten. "Eigentlich denke ich nicht, dass wir eine andere Ansicht haben als Ferrari, sagte Libertys CEO Chase Carey am Donnerstag in einer Telefonkonferenz.

Hintergrund der einmal mehr aufgekommenen Drohungen aus Maranello waren die in der vergangenen Woche veröffentlichten Pläne von FIA und kommerziellem Rechteinhaber zu der Motorenzukunft in der Formel 1, nach Auslaufen der noch bis 2020 geltenden Regularien.

Ferrari-Boss warnt: Wenn Formel 1 wie NASCAR wird, sind wir weg

"Liberty hat insgesamt ein paar gute Absichten, eine davon ist, die Kosten der Teams zu reduzieren, was gut ist, denke ich. Aber es gibt ein paar Dinge, denen wir nicht unbedingt zustimmen. Ein Punkt ist der Fakt, das die Einzigartigkeit der Powertrains kein treibendes Unterscheidungsmerkmal der Wettbewerber sein soll", kritisierte Ferrari-Boss Sergio Marchionne zuletzt in einer Telefonkonferenz.

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Noch dazu ließ Marchionne einen kräftigen Stich in Richtung der Amerikaner von Liberty Media folgen. Die Formel 1 sei seit dem Tag der Ferrari-Geburt ein Teil der DNA. "Doch wenn der Sandkasten, in dem wir spielen irgendwann nicht mehr wiederzuerkennen ist, will ich dort nicht mehr spielen. Ich möchte nicht global NASCAR spielen", ergänzte der Ferrari-Mann mit Blick auf die beliebte US-Serie mit wesentlich ähnlicheren Boliden als innerhalb der Formel 1.

Schon kurz vor dem Pariser Motorengipfel hatte Marchionne bei Motorsport-Magazin.com Klartext zum Thema gesprochen: "Wenn wir unsere Fähigkeiten verlieren, unser Können in diesem Kontext zu zeigen, dann ist es nicht wert, Rennen zu fahren. Solange ich CEO bin - die anderen Leute können machen was sie wollen - werde ich es nicht erlauben, Einheitsmotoren in der Formel 1 zu fahren. Wenn es soweit kommt, genießt den Sport!"

Bernie Ecclestone an Liberty Media: Nehmt Ferrari lieber ernst

Nicht nur einmal, sondern gleich mehrfach äußerte Ferrari diesmal also seine Drohungen. Recht schnell meldete sich daraufhin Ex-F1-Boss Bernie Ecclestone, erfahren mit derlei Drohungen, zu Wort, warnte Liberty Media, es dieses Mal ernst nehmen zu müssen. "Wenn sich das Reglement so darstellt, dass Ferrari glaubt, dass es ein Kampf für sie wird und sie die Ausgaben nicht rechtfertigen können, werden sie gehen", sagte der Ex-Zampano dem Independent. "Sie wollen auch keine Budget-Obergrenze. Sie wollen so viel ausgeben, wie sie sich leisten können."

Etwas mehr Zeit ließen sich Ecclestones Erben mit ihrer Reaktion. Doch am Donnerstag lieferte Chase Carey nun ausführlich Liberty Medias Standpunkt zur Diskussion - und dem NASCAR-Seitenhieb Marchionnes. "Ich möchte nicht abwertend gegenüber der NASCAR zu sein, aber wir planen sowieso nicht so zu sein wie NASCAR", sagte Carey.

Chase Carey beruhigt: Jedes Formel-1-Auto soll Unikat bleiben

"Wir möchten, dass die Autos einzigartig sind. Wir wollen die Autos nicht standardisieren. Wir wollen nicht, dass 20 identische Autos um die Strecke fahren und der Fahrer der einzige Unterschied ist. Wir möchten, dass jedes Team in der Lage ist, ein Auto zu haben, das einzigartig ist", so Carey weiter. Eine Aussage wie Balsam auf die Seelen aller vielleicht schon vor dem Exit zitternden Ferrari-Fans. "Es wird niemals gleich sein, es wird auch immer Favoriten geben, die sich herauskristallisieren", beruhigte Carey.

Aber: "Wir wollen mit der Zeit einfach, dass alle Teams fühlen, dass sie eine Chance haben, zu kämpfen. Wir wollen, dass alle Teams eine Chance haben." Das sei letztlich für den Sport insgesamt nur von Vorteil. "Sport baut auf dem Unerwarteten auf, also wollen wir einen Sport, der dieses Unerwartete liefern kann. Wenn jemand jede Woche gewinnt, dass leidet am Ende des Tages der Sport. Du brauchst Wettbewerb, du brauchst das Unbekannte, du brauchst große Finishes, große Geschichten und große Dramen. Das wollen wir kreieren", erklärte Carey.

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Budgetgrenze in der Formel 1 rückt offenbar näher

Deshalb wolle Liberty Media Erfolg in der Formel 1 mehr davon abhängig machen, wie gut ein Team mit seinen auf ein bestimmtes Maß beschränkten Ressourcen umgehe, als davon, wer den absolut größten Geldbeutel auf den Tisch legt. "Ich denke, das macht den Sport gesünder", sagte Carey. "Dann wird es denen ermöglicht erfolgreich zu sein, die ihre Technologien entwickeln und besser darin sind, ihre Möglichkeiten zu entwickeln als die anderen."

In puncto Standardisierung sollte diese Äußerungen tatsächlich auf offene Ohren bei Ferrari in Maranello stoßen. Doch auch in Sachen Budgetgrenze? Danach zumindest klingen die Äußerungen Careys mehr als deutlich - was Ferrari ebenfalls nicht gerade begeistern dürfte. Immerhin steckt die Scuderia gegenwärtig ein gegenüber manchen Mitbewerbern Vielfaches an Millionen in ihr Formel-1-Projekt.

Gesünderer Sport?

Erst am Dienstag wurde dieses Thema in einem weiteren Meeting nach dem Motorengipfel diskutiert - in der Strategiegruppe. Chase Careys Eindruck dazu: "Zu sehr will ich das öffentlich gar nicht austragen. Aber ich denke, dass es im Grunde eine breite Übereinstimmung über die Richtung gibt, über die wir sprechen." Also doch Einigkeit unter allen Formel-1-Teams, dass eine Budget-Obergrenze kommen soll?

Offenbar. Die Spezifika müssten allerdings noch geklärt werden, relativierte Carey jedoch. "Und in den Details wird es noch unterschiedliche Ansichten geben. Aber es ist jetzt unser Job, die richtigen Kompromisse zu finden, sodass jeder meint, damit besser zu fahren, dass es ein fairer Vorschlag ist und den Sport viel gesünder macht."

So gesund, dass Carey zufolge auch wieder das Interesse neue Teams für die Formel 1 geweckt werden könne. "Jene, die gerade von Kosten und der Herausforderung, ein konkurrenzfähiges Paket zu entwickeln, abgeschreckt werden", so Carey. Der Fokus liege jedoch weiter auf den bestehenden Rennställen, so der CEO.