Sebastian Vettel lag im Qualifying zum Spanien GP lange Zeit auf Pole-Kurs. Im finalen Versuch des letzten Qualifying-Abschnitts lag der Ferrari-Pilot bis zum zweiten von drei Messabschnitten deutlich vorne - doch am Ende verlor er alles und musste sich direkt hinter Lewis Hamilton auf Rang zwei einreihen. Kimi Räikkönen ereilte ein ähnliches Schicksal, auch er verlor alles im letzten Sektor. Was war los?

Sektor drei des Circuit de Barcelona-Catalunya ist kein wirkliches Highlight für Fans und Fahrer. Vor allem seit dem Umbau, bei dem eine Schikane in den ohnehin schon langsamen Abschnitt gebaut wurde, ist Sektor drei eine regelrechte Micky Maus Sektion.

Sebastian Vettel gab sich nach dem Qualifying selbstkritisch: "Ich wurde im letzten Sektor kalt erwischt - meinem Lieblingsort... Mark Webber hat mir da schon einige Lektionen erteilt über die Jahre und ich kriege es noch immer nicht hin. Vielleicht muss ich wieder in die Schule gehen, mich hinsetzten und es mir noch einmal genau anschauen. Ich bin hier schon so viele Runden gefahren und noch immer ist die letzte Schikane so knifflig."

Vettel-Fehler kostet keine fünf Zehntelsekunden

Tatsächlich hatte Vettel einen kleinen Fehler im letzten Abschnitt, doch fünf Zehntelsekunden kostete der nicht. Auch in seiner ersten schnellen Runde in Q3 war Vettel hier nur wenige Tausendstelsekunden schneller. Teamkollege Kimi Räikkönen verlor ähnlich viel auf Hamiltons Bestzeit. "Dabei hat es vor dem Qualifying hier noch geklappt", erklärt der Finne Motorsport-Magazin.com.

Sektor 1 Sektor 2 Sektor 3
Räikkönen 21.616 Vettel 29.440 Hamilton 27.647
Vettel 21.626 Hamilton 29.537 Bottas 27.912
Hamilton 21.730 Bottas 29.543 Verstappen 27.965
Bottas 21.752 Räikkönen 29.657 Räikkönen 28.055
Ricciardo 21.874 Verstappen 29.862 Vettel 28.106
Verstappen 21.879 Ricciardo 29.960 Ricciardo 28.283

Doch warum hat Ferrari im Qualifying so extrem viel im letzten Sektor verloren? Auch wenn der letzte Sektor unspektakulär aussieht - er ist extrem knifflig. Zum einen spielte der Wind im Qualifying erneut eine große Rolle. Der ist für alle gleich könnte man annehmen - ist aber nicht so. Die Autos reagieren unterschiedlich stark auf Wind, zudem weht der Wind nicht konstant.

Pirelli wurde viel für die zu konservativen Mischungen beim Spanien GP kritisiert. Die härteren Mischungen schlagen sich vor allem im letzten Sektor nieder, weil hier mechanischer Grip deutlich entscheidender ist als auf dem Rest des Kurses. Das treibt die Piloten in Fehler. "Es ist ein wahrer Fahrer-Sektor", meint ein Pilot und fügt an: "Deswegen bin ich da so schnell."

Pirelli ändert über Nacht Reifendrücke

Und Fehler werden im technisch anspruchsvollen dritten Sektor besonders bestraft. Es sind nicht die schnellen Kurven, in denen Zeit gewonnen wird, es sind die langsamen Ecken. Dort verbringen die Autos viel mehr Zeit, entsprechend groß sind dort auch die Zeitgewinne und -verluste. Vor allem die letzte Schikane ist wichtig, weil es am Ausgang gilt, so früh wie möglich wieder auf dem Gas zu stehen. Die Beschleunigung ist für die Rundenzeit deutlich wichtiger als die Endgeschwindigkeit - weshalb Topspeeds nicht überbewertet werden sollten.

Dazu kam, dass Pirelli von Freitag auf Samstag die Reifendrücke extrem senkte. Von 22,5 PSI auf der Vorderachse ging es auf 22,0 PSI, auf der Hinterachse wurden die Minimaldrücke sogar von 20,0 um 1,5 auf 18,5 PSI gesenkt. Diese Änderungen wirken sich auf den mechanischen Grip aus - der im letzten Sektor entscheidend ist.

Weil die Drücke vorne und hinten nicht im gleichen Maße gesenkt wurden, verändert sich die Balance. Pirelli verteidigt sich: "Wenn sie die Balance behalten wollen, brauchen sie ja nicht die Minimaldrücke fahren." Das allerding macht niemand, weil es am Ende Auflagefläche und damit Zeit kostet. Das könnte ein Grund sein, warum Ferrari im Qualifying mehr Probleme hatte.

Mercedes mit Spezial-Abstimmung

Zudem hat Mercedes den Boliden extra für den letzten Sektor abgestimmt. "Du musst einen Kompromiss zwischen Topspeed und Kurven-Speed machen, den du dir für jede Strecke überlegen musst", verrät Mercedes Motorsportchef Toto Wolff Motorsport-Magazin.com. "Wir glauben, dass Sektor drei essentiell ist. Wenn du dort gut bist, hast du normalerweise ein gutes Rennsetup und es erlaubt dir, eine kleine Lücke vor der Zielgeraden aufzumachen." Als gutes Indiz für Monaco will Wolff die Zeit aber nicht sehen: "Es ist komplizierter."