Vereint gegen Vettel, so lautet jetzt die Devise bei Mercedes. Das hässliche Wort 'Teamorder' will keiner der Silberpfeile direkt in den Mund nehmen. Klar ist aber, dass interne Positionswechsel zwischen Lewis Hamilton und Valtteri Bottas ab sofort viel häufiger zu sehen sein könnten als es früher bei Mercedes der Fall war.

Schon in Bahrain musste der finnische Neuzugang Platz machen, weil Hamilton schneller war und Vettel an der Spitze enteilte. Beim Rennen in der Wüste reagierten die Silberpfeile zu spät und schenkten Ferrari wertvolle und siegbringende Zeit - das soll in Zukunft nicht mehr passieren. Mercedes hat aus seinen Fehlern gelernt.

Lauda: Das ist keine Teamorder

"Vettel macht keine Fehler und liefert uns einen sehr interessanten Kampf", sagte Niki Lauda am Samstag in Russland zur BBC. "Unsere neue Politik muss also sein: Wenn einer unserer Fahrer nicht schneller fahren kann als der andere, muss er ans Team denken und den anderen nicht blockieren." Dabei hob Lauda hervor: "Dabei handelt es sich nicht um Teamorder."

Der Österreicher hat Recht. Teamorder im klassischen Sinne würde bedeuten, dass sich ein Team für einen bestimmten Meisterschafskandidaten entscheidet und seinen Teamkollegen zur reinen Unterstützung zwingt. Das gibt es in der Formel 1 und generell im Motorsport seit Jahrzehnten, auch, wenn es niemand öffentlich aussprechen würde.

Hamilton vs. Vettel: Das Duell geht in die nächste Runde (00:50 Min.)

Vettel zwingt Mercedes zur Reaktion

Bei Mercedes ist die Situation allerdings anders. Das Team lässt Hamilton und Bottas frei gegeneinander fahren, bleibt aber seinem Grundprinzip treu: Oberstes Ziel hat der Gewinn der Konstrukteurswertung. Das kann nur erreicht werden, wenn beide Fahrer möglichst viele Punkte pro Rennen einfahren. Wer am Ende früher die Ziellinie überquert, ist dabei egal.

In den vergangenen Jahren musste Mercedes nur selten über eine Platzanweisung nachdenken - vor Hamilton oder Nico Rosberg fuhr in der Regel kein anderer Fahrer. Dank Vettel und Ferrari ist die Situation nun eine andere - und sie zwingt die Silberpfeile zur Reaktion. "In der Vergangenheit hatten wir keine Teamorder, weil wir mit beiden Autos dominierten und es keinen Gegner gab", bestätigte Lauda. "Nach den ersten drei Rennen des Jahres ist es jetzt komplett anders."

Valtteri Bottas hat schon einmal Platz gemacht für Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Valtteri Bottas hat schon einmal Platz gemacht für Lewis Hamilton, Foto: Sutton

Was ist eigentlich Teamorder?

Die Frage, was denn nun eine Teamorder genau bedeutet, ist eine philosophische. Theoretisch bedeutet jeder Eingriff des Kommandostandes ins Renngeschehen eine Teamorder, also eine Anweisung ans Team. Andererseits ist die Mercedes-Herangehensweise nicht mit der eines Nummer-1- und Nummer-2-Fahrers zu vergleichen. Die Interessen des Teams, nicht eines einzelnen Fahrers, stehen deutlich im Vordergrund.

"Teamorder ist ein ziemlich umfassendes Wort", sagte Toto Wolff. "Wir mögen keine Teamorder wie vor 15 oder 20 Jahren, wo man einen Fahrer zu einem frühen Zeitpunkt zugunsten der Meisterschaft bevorzugt. Wenn es aber Unterschiede bei der Pace gibt und wir die Gründe kennen, könnten wir eingreifen wie beim letzten Mal." Dabei räumte er ein, dass die Entscheidung in Bahrain zu spät gefallen sei.

Wissenswertes über den Russland GP (00:46 Min.)

Risiko-Faktor Lewis Hamilton

Hamilton und Bottas müssen sich also gegebenenfalls damit anfreunden, vom eigenen Kommandostand zurückgepfiffen zu werden - zum Wohle des Teams. Bislang versichern beide Fahrer, dass dies überhaupt kein Problem sei.

Während man bei Bottas davon ausgeht, dass er sich an die Regel hält - schließlich kämpft er in erster Linie um seine Zukunft - könnte es bei Hamilton spannender werden. Man erinnere sich nur an das Saisonfinale 2016, als er mit seiner Schleichfahrt in Abu Dhabi einen Doppelsieg gefährdete, nur, um seine eigenen Interessen zu wahren...