Die Ausgangslagen von Max Verstappen und Daniel Ricciardo hätten beim Großen Preis von China unterschiedlicher kaum sein können. Während der Australier als erster Verfolger des silber-roten Spitzenquartetts ins Rennen ging, musste sein Teamkollege vom 16. Startplatz aus das Feld von hinten aufrollen. Der Rennverlauf brachte die beiden Bullen jedoch schon nach kurzer Zeit wieder zusammen, was zum ersten Schlagabtausch in der Saison 2017 führte. An dessen Ende stand mit dem 100. Podiumsplatz für Red Bull ein durchaus versöhnliches Ergebnis.

Über die Plätze drei und vier konnte sich bei Red Bull nach einem turbulenten Grand Prix von China sicherlich niemand beschweren. Vor allem Verstappen, der dem Teamkollegen den letzten Platz auf dem Treppchen wegschnappte, war mehr als zufrieden. "Das war ein sehr besonderes Rennen für mich. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, hätte ich nie damit gerechnet, auf das Podium zu fahren", so der 19-Jährige, der sich den achten Podestplatz seiner Formel-1-Karriere gegen den Ricciardo hart erkämpfen musste.

Verstappen hatte von der achten Startreihe aus eigentlich ganz andere Zielsetzungen für das dritte Saisonrennen: "Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, ein paar Punkte zu holen. Das wäre schon gut gewesen." Nach einer beinahe genauso spektakulären Aufholjagd wie beim Brasilien-GP 2016, den er ebenfalls als Dritter beendete, scheute sich der Shooting Star nicht vor Superlativen: "Es war auf jeden Fall eines meiner besten Rennen."

Teamkollege Ricciardo hätte mit seiner Startposition die deutlich besseren Voraussetzungen für ein Ergebnis unter den ersten Drei gehabt. Dementsprechend hielt sich seine Begeisterung darüber, dass ihm der Stallgefährte zuvorkam, in Grenzen. "Ich habe gemischte Gefühle, denn für mich ist es natürlich enttäuschend, das Podium so knapp verpasst zu haben", so der 27-Jährige, der weniger als eine Sekunde hinter Verstappen über den Zielstrich fuhr.

Verstappen wertete den Grand Prix von China 2017 als eines seiner besten Rennen, Foto: Sutton
Verstappen wertete den Grand Prix von China 2017 als eines seiner besten Rennen, Foto: Sutton

Bullen-Duell in zwei Akten

Der Schlagabtausch der beiden Bullen begann schon in der Anfangsphase des Rennens, denn trotz der weit auseinandergelegenen Startpositionen trafen sich die beiden bereits nach kurzer Zeit auf dem Shanghai International Circuit wieder. Den Grundstein legte Verstappen mit seiner Startrunde. "Ich habe neun Plätze gutgemacht, was sehr positiv war", so der Niederländer, der nicht ohne Grund gleich von Anfang an Tempo machte: "Die Bedingungen halfen mir wirklich, schnell an den anderen Autos vorbeizukommen. Das war wichtig, denn ich wusste, dass es abtrocknen würde und das Überholen dann schwieriger würde."

Nachdem sich bei der VSC-Phase zu Beginn des Rennens einige Piloten zu einem frühzeitigen Reifenwechsel entschieden, fanden sich Ricciardo und Verstappen schnell zwischen der Konkurrenz von Mercedes und Ferrari wieder. Die Durch Sauber-Pilot Antonio Giovinazzi ausgelöste Safety-Car-Phase gab den beiden kurz darauf die Chance, selbst zum Boxenstopp zu kommen und die Positionen in der Spitzengruppe obendrein zu behalten. "Wir haben mit unserem Zeitpunkt für den Reifenwechsel auf Slicks auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen", freute sich Verstappen.

Verstappen hatte nicht nur mit dem Teamkollegen seinen Spaß, Foto: Sutton
Verstappen hatte nicht nur mit dem Teamkollegen seinen Spaß, Foto: Sutton

Ricciardo lag nach der Safety-Car-Phase zunächst hinter dem in Führung liegenden Hamilton, während Räikkönen als Puffer zwischen den beiden Red Bulls diente. Verstappen machte allerdings kurzen Prozess mit dem Finnen und konnte offensichtlich auch eine schnellere Pace als der Teamkollege gehen. "Ich habe im ersten Stint viel Zeit verloren, da ich damit kämpfte, meine Vorderreifen am Leben zu erhalten", so Ricciardo, der Verstappen lediglich für drei Runden hinter sich halten konnte.

In der zehnten Runde bremste sich Mad Max bei der Anfahrt auf Kurve 6 innen am Stallgefährten vorbei und konnte kurz darauf sogar den Abstand auf Hamilton verkürzen. Das Strohfeuer der Startnummer 33 hielt jedoch nicht lange an. "Danach war die Balance der Vorderachse etwas eingeschränkt. Das hat mir die Rundenzeiten zerstört, denn ich konnte quasi nicht mehr einlenken", so der 19-Jährige, der in Runde 27 von Vettel überholt wurde, als er sich am Ende der Gegengeraden einen heftigen Verbremser leistete. Ricciardo profitierte ebenfalls von diesem Fehler und hing Verstappen wieder im Getriebe.

Heiße Schlussphase zwischen Verstappen und Ricciardo

Aufgrund seines Bremsplattens machte Verstappen in Runde 29 frühzeitig den zweiten Boxenstopp, wodurch er und Ricciardo sich für kurze Zeit aus den Augen verloren. Der Australier kam vier Runden später zum Reifenwechsel. Wenig später waren die Red Bull erneut im Formationsflug unterwegs. In der Schlussphase lag Ricciardo lange Zeit in Schlagdistanz, doch es reichte nicht für einen Angriff. "Gegen Rennende konnte ich sehen, dass Max mit seinen Reifen kämpfte. Aber sobald ich an ihm dran war, begann ich auch mit meinen zu kämpfen", beschreibt der Australier die Pattsituation.

Wie vom Team angekündigt, sparte sich der Kommandostand jegliches Eingreifen, wodurch die Red-Bull-Piloten über viel Runden eine spannende Verfolgungsjagd zeigten. "Das Team hat uns frei fahren lassen, aber obwohl ich im DRS-Fenster war, war ich nie nah genug dran, um einen überzeugenden Versuch zu starten. Ich schaute auf der Innenbahn, aber dort war es noch sehr rutschig und ich wollte nicht riskieren. Aber ehrlich gesagt war ich auch nie nah genug dran, um es über die Bühne zu bringen", gibt der Verlierer des teaminternen Duells zu.

In der Anfangsphase nahm Red Bull die Verfolgung von Hamilton auf, Foto: Sutton
In der Anfangsphase nahm Red Bull die Verfolgung von Hamilton auf, Foto: Sutton

Verstappen ärgert sich über Grosjean

Dass Verstappen unter massivem Druck stand, zeigte sich daran, dass er im Funk mehrfach Beschwerden an die Rennleitung richtete, als Romain Grosjean im Haas in der Schlussphase zur Überrundung anstand. Der Franzose fuhr auf frischeren Reifen gleichschnelle Rundenzeiten und ließ sich nicht einholen, fuhr aber zumeist in einem Abstand außerhalb der blauen Flaggen vor den beiden Red Bulls.

"Sie zeigten die blauen Flaggen, aber ich kam einfach nicht vorbei. Da müssen die Stewards wirklich nochmal einen Blick drauf werfen", beschwerte sich Verstappen auch nach dem Rennen noch über Grosjean. Angesichts seiner abgefahrenen Reifen war der junge Niederländer hinterher froh darüber, sich gegen Ricciardo behauptet zu haben. "Der Kampf gegen Daniel zum Schluss war hart, denn mit der Balance meines Autos war es kein so großer Spaß, sich verteidigen zu müssen. Ich bin froh, dass ich es durchgebracht habe."

Red Bull immer noch hinter dem Spitzen-Duo

In der letzten Runde versuchte es Ricciardo beim Anbremsen auf Kurve 14, doch er war zu weit weg und Verstappen fuhr ohnehin Kampflinie. Der Drittplatzierte wurde danach nicht nur zum Fahrer des Tages gewählt, sondern erhielt obendrein noch Lob vom Rennsieger. "Es ist schön, hier auch einen jüngeren Mann dabei zu haben. Max leistet fantastische Arbeit, seit er in unserem Sport dabei ist. Da kommt bestimmt noch einiges", so Lewis Hamilton.

Das Duell mit Mercedes und Ferrari erwarten die Red-Bull-Fahrer unter den momentanen Voraussetzungen allerdings nicht so schnell. "Wenn man die reine Pace betrachtet, sollten Mercedes und Ferrari mit beiden Fahrern vor uns sein. Wir müssen hart arbeiten, um aufzuholen", so Verstappen. Auch Ricciardo sah die äußeren Umstände als Grund für das überraschende Ergebnis: "Dieses Ergebnis ist den Bedingungen geschuldet. Uns haben immer noch 45 Sekunden auf den Sieg gefehlt. Die Plätze drei und vier sind ein gutes Ergebnis für das Team, aber bei uns muss noch mehr Pace drin sein."