Kaum ist Bernie Ecclestone weg vom Fenster, das neue Aerodynamik-Reglement samt breiterer Reifen in Kraft und schon haben die kommerziellen Rechteinhaber der F1 um Chase Carey, Ross Brawn und Co. die Ärmel weit hochgekrempelt, um neue Ideen umzusetzen. Schließlich gilt es, das Produkt Formel 1 im Markt besser zu platzieren.

Die Social-Media-Einschränkungen wurden zumindest für die Testfahrten in Barcelona bereits aufgelockert, was die Teams sehr wohlwollend aufgenommen haben. Kürzlich kam der neue Verantwortliche für sportliche Belange, Ross Brawn, auf die Idee, ein Versuchsrennen pro Saison einzuführen. Der Gedanke ist keineswegs revolutionär, wurden in der Vergangenheit bereits Rennen ohne WM-Status ausgetragen.

Hätte das Chaos-Shootout-Qualifying 2016 vermieden werden können?, Foto: Sutton
Hätte das Chaos-Shootout-Qualifying 2016 vermieden werden können?, Foto: Sutton

Wie Brawn betont, soll es bei diesem einen Rennen darum gehen, neue Ideen in Echtzeit zu evaluieren. "Ein Rennen, das nicht zur Weltmeisterschaft zählt, würde es uns ermöglichen, beim Format zu variieren und etwas auszuprobieren und es zu entwickeln", sagte Brawn gegenüber Sky Sports.

Wie würde das konkret aussehen? Nehmen wir als Beispiel das "revolutionäre" Qualifying aus dem vergangenen Jahr. Das Shootout-Modell sah nicht nur auf dem Papier kompliziert aus, es ging in der Praxis auch vollkommen in die Hose. Ein solch radikaler Wechsel des Samstagsprogramms bedarf einer ordentlichen Planung und einer Simulation, um zu wissen, ob es etwas taugt oder nicht.

Ob nun ein einziges Rennen ohne WM-Status ausreicht, um Formatsänderungen auf Herz und Nieren zu testen, muss bezweifelt werden. Ein Sprintrennen am Samstag zum Beispiel. Für ein Rennwochenende kann das durchaus überzeugen. Die Fans hätten noch mehr Action geboten, die WM könnte dadurch an Spannung gewinnen.

Sind für die Versuchsrennen auch Grid Girls geplant, Herr Brawn?, Foto: Sutton
Sind für die Versuchsrennen auch Grid Girls geplant, Herr Brawn?, Foto: Sutton

Doch letztlich kann man nach einem einzigen Rennwochenende mit Formats-Feinjustierung nicht absehen, inwiefern die Teams und vor allem die Fahrer über den Saisonverlauf zu taktieren beginnen würden. Ein denkbares Szenario: Gäbe es für das Sprintrennen weniger Punkte, könnte sich der eine oder andere Pilot zu Zurückhaltung genötigt fühlen, um sein Material für das Hauptrennen nicht zu beschädigen und dadurch keinen Nachteil daraus zu ziehen. Und dadurch würde das Gesamtbild natürlich verzerrt, die Attraktivität würde darunter leiden. Das alles an einem einzigen Rennwochenende zu testen und zu entscheiden, ob es eingeführt werden soll oder nicht, ist nicht möglich.

Demnach: Ein Rennen ohne WM-Status für mögliche Änderungen reicht nicht aus. Sinnvoller wäre es, die WM-Läufe auf ein gesundes Maß herunterzukürzen. Bei 17 Weltmeisterschaftsrennen bliebe genug Puffer am Ende der Saison, um zwei oder drei Nicht-WM-Rennen zu veranstalten. Dadurch hätten Brawn und Co. viel eher Gewissheit darüber, ob sie auf dem richtigen Dampfer sind und sich die Formatsänderungen auch wirklich umsetzen lassen.