Breiter, schneller, anstrengender - die neuen Formel-1-Autos haben mit den Vorjahresmodellen nicht mehr viel gemeinsam. Der Abtrieb ist deutlich höher, die Kurvengeschwindigkeiten entsprechend auch. Und je höher die Kurvengeschwindigkeiten, desto stärker auch die G-Kräfte, die auf die Fahrer wirken. Eine große Umstellung für die Fahrer, die vor allem eines verlangt: Fitness. Die Zeiten, in denen die Fahrer nach einem Rennen aus ihren Autos stiegen und kaum Zeichen von Anstrengung zeigten, sollen vorbei sein.

Die erste Woche der Testfahrten in Barcelona gab den Fahrern einen ersten Vorgeschmack auf das, was sie in diesem Jahr erwartet. "Die Belastungen sind höher, die Kurvengeschwindigkeiten sind höher, die Physis wird mehr gefordert", fasste es Nico Hülkenberg nach seiner ersten Ausfahrt am Montag zusammen. Besonders der Nacken wird deutlich höheren Kräften ausgesetzt. "Du steigst dann aus und bist ein bisschen nackensteif", beschreibt es der Renault-Pilot.

Im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com äußerte sich Fitness-Experte Erwin Göllner bereits vor den Testfahrten gespannt über die Neuerungen. Zumal kein Training die wahren Belastungen wirklich simulieren könnte, wie Göllner meinte. "Die Fahrer waren im Fitnessstudio, sind aber nicht im Auto gesessen. Wenn es jetzt wirklich so viel schneller wird, dann wird es brutal für sie. Weil sie diese Belastungen während des Winters nicht gewohnt waren", stellte er klar.

Die neuen Autos verlangen den Fahrern alles ab, Foto: Sutton
Die neuen Autos verlangen den Fahrern alles ab, Foto: Sutton

Fahrer als Gladiatoren

Feilpe Massa gibt zu, dass er sich im Vorfeld der Saison hart vorbereitet habe. "Ich habe viel trainiert, nachdem feststand, dass ich nicht zurücktrete. Viel für den Nacken vor allem. Ich habe noch nie so viel trainiert wie die letzten zwei Wochen, würde ich sagen", meinte der Brasilianer, der inzwischen seit 2002 in der Formel 1 unterwegs ist und schon viel erlebt hat. Erwin Göllner hofft, wieder Bilder der alten Zeiten zu erleben. "Senna, Mansell - Was waren das für Anblicke, als die aus den Autos ausgestiegen sind und den Pokal kaum hochhalten konnten, weil sie so fertig waren. Die waren ausgelaugt, die Typen waren fertig, die haben alles gegeben", blickt er wehmütig zurück.

Nicht mehr als Fahrer in den Genuss der neuen Kräfte kommt Nico Rosberg. Der amtierende Weltmeister trat bekanntlich zurück und schaut seinen ehemaligen Kollegen nun aus der Ferne zu. Am Mittwoch war der Deutsche bei den Testfahrten zu Gast und zeigte sich angetan von den neuen Autos. Er ist überzeugt, dass die Fahrer nun wieder mehr in den Mittelpunkt rücken. "Die Fahrer sind richtige Gladiatoren dieses Jahr in diesen Autos", so Rosberg. "Sie werden an ihre physischen Grenzen gehen und das ist genau richtig. Vielleicht sehen wir auch einen Fahrer, der den Sieg verliert, einfach weil er platt ist."

Nico Rosberg schaute in Barcelona vorbei, Foto: Sutton
Nico Rosberg schaute in Barcelona vorbei, Foto: Sutton

Hamilton: Die Männer von den Jungs trennen

Der bildliche Vergleich mit einem Gladiator kommt bei Rosbergs Ex-Kontrahenten Lewis Hamilton gut an. "Ich denke, ich sehe eh schon wie ein Gladiator aus". Wie Rosberg, so ist auch Hamilton überzeugt, dass auf die Fahrer nun eine ganz andere Herausforderung zukommt. "Das Auto ist unglaublich in Sachen Kurvenspeed und es ist definitiv das schnellste, dass ich je in der Formel 1 gefahren bin", lobte Hamilton. "Es fühlt sich großartig an im Auto und ich hoffe, es trennt die Männer von den Jungs."

Um selbst zu den Männern zu gehören, intensivierte Hamilton im Winter sein Training. Er berichtet, dass es nicht immer leicht war, die Motivation aufrecht zu erhalten. "Training kann so langweilig sein. Jeder der ins Fitnessstudio geht, weiß, wie langweilig es sein kann", gibt er zu. Dieser Langeweile setzte Hamilton das Gegenmittel Abwechslung entgegen. "Ich habe einfach nicht immer das Gleiche gemacht, sondern ein paar neue Dinge versucht. Ich bin viel gesurft, aber dabei ging es mehr darum, weit hinauszuschwimmen, um Wellen zu finden. Ich habe ein paar unterschiedliche Sportarten angefangen, die mir neu waren und gut für die Reaktionszeit sind", erklärt er sein Pensum.

Fazit der ersten F1-Testwoche in Barcelona (05:24 Min.)

Vettel reagiert cool

Es gibt aber auch deutlich zurückhaltendere Stimmen. Sebastian Vettel zum Beispiel zeigt sich zwar begeistert, aber nur wenig beeindruckt von den neuen Belastungen. Mehr Training im Winter? Nicht unbedingt für den Ferrari-Piloten. "Eigentlich so wie immer", antwortete er auf die Frage, wie er sich vorbereitet habe. "Den Winter muss man nutzen, um einerseits ein bisschen Pause zu machen und andererseits sich vorzubereiten. Man konnte ja erwarten, dass die Autos schneller werden. Das spürt man auch. Deswegen ist es normal, dass es auch ein bisschen anstrengender ist", gibt er sich cool.

Vettel hofft sogar, dass die Pace der Fahrzeuge noch deutlich zunehmen wird. "Ich denke, wir gewöhnen uns an die Autos. Sie sind schneller, vor allem in den Kurven. Also musst du ein bisschen mehr arbeiten. Aber sie könnten noch schneller sein und daran arbeiten wir", stellt er klar. Für den viermaligen Champion gehöre körperliche Anstrengung zur Formel 1 schlicht und einfach dazu. "Wir sind hier, um Gas zu geben und das nicht nur für paar Kurven, sondern viele Runden. So fühlen sich die Autos jetzt ungefähr an", so Vettel zufrieden.