Manchmal hört es sich so einfach an, wenn ein siegreicher Fahrer über den Weg zu seinem laut Norbert Haug "grandiosen" Triumph spricht: "Wir waren das gesamte Wochenende über stark und ich konnte das Rennen ziemlich gut kontrollieren. Ich pushte und konnte eine akzeptable Lücke herausfahren und als die Zeit gekommen war, ging ich einfach in die Box, tankte nach und kam immer noch als Führender zurück auf die Strecke. Danach konnte ich es locker angehen und auf mein Auto und meine Reifen achten."

Und genau dieses vorletzte Wort in Kimi Räikkönens Rennanalyse war heute für seinen überlegenen Sieg und die überraschende Schwäche bei seinem Titel- und Siegkonkurrenten Fernando Alonso verantwortlich: Die Reifen.

Während der Ice Man bei seinem "großartigen", "fantastischen" und "besonderen" Sieg im Fürstentum mit weichen Michelin-Gummis unterwegs war, setzten beide Renault-Fahrer auf die härtere Mischung der Franzosen aus Clermont-Ferrand. Und obwohl der R25 - ebenso wie der MP4-20 - als äußerst Reifen schonendes Fahrzeug gilt, lösten sich die Hinterreifen von Alonso und Fisichella schon zur Rennmitte in ihre Bestandteile auf.

"Es war ein wirklich hartes Rennen für mich", war deshalb die logische Schlussfolgerung des spanischen WM-Leaders. "Ich versuchte am Start auf meine Reifen zu achten, weswegen es mich nicht so sehr beeindruckte, dass Räikkönen davonfuhr, aber in den letzten zwanzig Runden wurde es wirklich schwierig: Ich gab alles um die Williams hinter mir zu halten, aber ich schaffte es aufgrund des schlechten Zustands meiner Hinterreifen nicht."

Und während Kimi nun als neuer WM-Zweiter freudig davon spricht, dass sein WM-Kampf nun "an Fahrt gewonnen" habe, betont der auf Schadensbegrenzung bedachte Fernando "die positiven Aspekte": "Wir haben einige Punkte geholt, als es sehr einfach war überhaupt keine zu ergattern."

Wie einfach es ist, keine Punkte zu holen, erlebte Giancarlo Fisichella am eigenen Leib. "Ich bin extrem enttäuscht- es war vielleicht das schwierigste Rennen meines Lebens", gab der Pechvogel, der sich in der Safety-Car Phase hinter seinem Teampartner beim Boxenstopp anstellen musste, zu Protokoll. "Das Auto war in den letzten 25 Runden unmöglich zu fahren - die Hinterreifen waren komplett heruntergefahren und obwohl ich mein Bestes gab, konnte ich die anderen nicht hinter mir halten."

Im Gegensatz zu Fernando liefert Giancarlo allerdings auch eine Erklärung für die Reifenprobleme am R25: "Nachdem wir das Auto bis zum Ende voll getankt hatten, wurde es sehr schwierig: Das Auto war immer schwieriger zu fahren und alles wurde nur noch schlimmer."

War es also ein taktischer Fehler während der Safety-Car-Phase den Tank bis zum Rand zu füllen? "Wir gingen ein Risiko ein, als wir beide Autos reinholten, aber das war nicht der kritische Faktor", sagt Chefstratege Pat Symonds. "Es waren die Reifen. Wir müssen jetzt analysieren warum wir solche Probleme mit den Hinterreifen hatten und unsere Rivalen nicht."

Denn laut Symonds überstiegen die Abnutzungserscheinungen an den hinteren Michelin-Pneus sogar die "pessimistischsten Vorhersagen" des Teams. Teamboss Flavio Briatore betont derweil nochmals, dass es heute "sehr einfach gewesen wäre keine Punkte zu holen." Anderseits muss aber auch er eingestehen, dass "unsere Konkurrenten heute Nachmittag bessere Arbeit geleistet haben als wir".

Und dies trifft nicht nur auf Kimi Räikkönen, sondern auch auf Juan Pablo Montoya zu, der von Rang 16 bis auf Platz fünf nach vorne fuhr. "Wir haben das Beste aus unserer Situation gemacht und wichtige Punke geholt", so das Fazit des Kolumbianers. "Ich war in den letzten Runden nah dran an Fernando Alonso vorbeizugehen. Aber ich wollte kein Risiko eingehen und blieb dahinter."

Vor dem Mercedes-Heimrennen auf dem Nürburgring hätten sich die Silbernen natürlich kein besseres Ergebnis wünschen können. "Kimi war grandios", schwärmte Norbert Haug. "Zwischendurch hat er Alonso in neun Runden über 20 Sekunden abgenommen. Wir hatten keine Reifenprobleme, die anderen hatten welche. Es war ein Grand Prix, wie es ihn noch nie gab. Wer daran keinen Spaß gehabt hat, besser geht es nicht, mehr Spannung geht nicht."