Eigentlich war Daniel Ricciardos Ausgangsposition vor dem Malaysia GP gar nicht einmal so gut. Der Australier startete nur vom vierten Platz, hinter den beiden Mercedes-Piloten sowie seinem Red-Bull-Teamkollegen Max Verstappen. Wie Ricciardo das Rennen trotzdem gewinnen konnte, zeigt Motorsport-Magazin.com in der Grand-Prix-Analyse.

Startchaos: Ricciardo profitiert, Verstappen verliert

Verstappen verlor am Start zwei Plätze, Foto: Sutton
Verstappen verlor am Start zwei Plätze, Foto: Sutton

Ricciardo war einer der großen Gewinner der Startphase. Durch die Kollision zwischen Sebastian Vettel und Nico Rosberg, in die auch Verstappen verwickelt war, gewann der Australier zwei Positionen und lag somit nach der ersten Kurve bereits an der zweiten Stelle. Verstappen verlor hingegen Positionen und rutschte vorrübergehend auf Platz fünf zurück.

Beide Red-Bull-Piloten waren auf weichen Reifen gestartet, doch in Runde neun splitteten sich ihre Strategien. Als aufgrund von Romain Grosjeans Ausfall das virtuelle Safety Car auf die Strecke geschickt wurde, entschied sich Red Bull für einen frühen Stopp, holte Verstappen zum Reifenwechsel an die Box und verpasste ihm erneut gebrauchte weiche Reifen.

Strategien im Malaysia GP:

Fahrer1. Stint2. Stint3. Stint4. Stint
RicciardoSoft used - 21 RHard new - 20 RSoft new - 15 R-
VerstappenSoft used - 9 RSoft used - 18 RHard new - 14 RSoft used - 15 R

"Die Philosophie ist, mehr Risiko mit dem hinteren Fahrzeug einzugehen, daher machte es mehr Sinn, Max reinzuholen", erläuterte Teamchef Christian Horner. "Und zur Hälfte des Rennens sah es so aus, als wäre diese Strategie für ihn die konkurrenzfähigste." Tatsächlich übernahm Verstappen nach 22 Runden, als auch alle anderen Piloten inklusive Ricciardo gestoppt hatten, die Führung.

Diese währte jedoch nicht lange, denn in Runde 27 wurde der Teenager erneut an die Box beordert. Diesmal zog Verstappen harte Reifen auf und lag stoppbereinigt hinter Hamilton und Ricciardo an der dritten Stelle.

Heißes Duell auf der Strecke

In weiterer Folge gelang es Verstappen mit den frischeren Reifen, sukzessive Boden auf Ricciardo gutzumachen, bis sich die beiden Teamkollegen in Runde 39 auf der Strecke begegneten und sich ein sehenswertes Duell um den zu diesem Zeitpunkt zweiten Platz lieferten.

Während Red Bull wusste, dass Verstappen mit seinen harten Reifen durchfahren konnte, war man sich bei Ricciardo dessen zunächst nicht sicher, da seine Pneus sechs Runden mehr als jene seines Teamkollegen auf dem Buckel hatten.

Als schließlich feststand, dass es auch Ricciardo bis zum Ende schaffen würde, gab der Kommandostand seinen Piloten grünes Licht für einen offenen Kampf auf der Strecke. "Es gab von uns keine Einmischung. Wir ließen sie gegeneinander fahren, unter der Maßgabe, dass sie sich respektieren. Darüber haben wir am Morgen gesprochen und wir haben beiden den Raum überlassen", betonte Horner.

Trotz seiner frischeren Reifen gelang es Verstappen nicht, an Ricciardo vorbeizugehen, der sich geschickt verteidigte. "Ich hatte einen guten Kampf mit Max. Er ist wie ich ein harter Racer. Wir haben hart und aggressiv gekämpft, aber ich denke, wir haben gezeigt, dass wir ans Limit gehen und trotzdem auf der Strecke bleiben können", genoss Ricciardo das Duell mit seinem jungen Stallgefährten.

Keine Teamorder bei Red Bull

Was der Australier zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Es war das Duell um den Rennsieg! "Wenn Daniel die Position an Max verloren hätte, hätten wir ihn sofort reingeholt, um Rosberg zu covern", gab Horner zu. Doch Ricciardo hielt die Position, und als kurze Zeit später Lewis Hamilton seinen Wagen mit einem Motorschaden abstellen musste, lag er plötzlich an der Spitze des Feldes.

Verstappen kam nicht an Ricciardo heran, Foto: Sutton
Verstappen kam nicht an Ricciardo heran, Foto: Sutton

Um Hamiltons Mercedes zu bergen, wurde zum zweiten Mal an diesem Nachmittag das virtuelle Safety Car auf die Strecke geschickt. Red Bull reagierte umgehend und holte aus Sicherheitsgründen beide Piloten unmittelbar hintereinander an die Box. Sie durchfahren zu lassen, war laut Horner keine Option. "Das wäre am Ende mit den Reifen knapp geworden." Ricciardo wurde vor Verstappen abgefertigt und konnte seinen Vorsprung damit auf knapp vier Sekunden ausbauen.

Das war allerdings nicht der einzige Vorteil des Australiers, denn im Gegensatz zu Verstappen hatte er noch einen frischen Satz weiche Reifen übrig. Trotzdem gelang es dem Niederländer binnen weniger Runden an Ricciardo heranzufahren, ins DRS-Fenster kam er allerdings nicht und konnte somit keinen Angriff lancieren.

"Daniel hatte einen leichten Vorteil, weil er einen brandneuen Satz Reifen aus dem Qualifying hatte. Aber der Hauptaspekt war die Dirty Air, in der sich Max befand. Für Daniel war das ein leichter Vorteil. Max' Reifen waren durch, bevor Daniels Reifen am Ende nachgelassen haben", schilderte Horner das Duell um den Sieg.

Wichtig war es dem Briten festzuhalten, dass keine Teamorder gab. "Ich habe die Entscheidung nach Rücksprache mit den Renningenieuren getroffen, beide fahren zu lassen. Sie sollten respektieren, dass wir die Punkte brauchen. Das haben sie, aus meiner Sicht war es in Ordnung, sie fahren zu lassen. Beide waren im selben Motorenmodus, beide hatten dieselbe Leistung."

Nachdem es Verstappen nicht gelungen war, den Rückstand unter eine Sekunde zu drücken, ließ er abreißen und gab sich mit dem zweiten Platz zufrieden. Wo er den Sieg vergeben hatte, war dem Niederländer klar: "Die Zeit, die ich am Start verloren habe, in Kombination mit dem unglücklichen virtuellen Safety Car hat mich am Ende das Rennen gekostet."

Für Red Bull war es der erste Doppelsieg seit dem Brasilian GP 2013 und gleichzeitig der erste in der Hybrid-Ära.