Der Italien Grand Prix ist gerade erst vorbei, doch für zwei Formel-1-Teams ging direkt weiter. Mercedes und Ferrari absolvierten seit Dienstag Testfahrten mit den kommenden 2017er-Reifen von Pirelli. Die Silberpfeile machten sich für einen dreitägigen Test auf nach Le Castellet, um die neuen und breiten Slick-Reifen zu testen. Ferrari ist Dienstag und Mittwoch in Barcelona unterwegs für eine zweitägige Testfahrt auf den Slick-Reifen für die kommende Saison.

Ferrari schickte eine prominente Fahrerbesetzung zum Test in Spanien. Kimi Räikkönen übernahm den 2015er Ferrari am Dienstag. Am Mittwoch übernimmt Sebastian Vettel das Steuer des letztjährigen Ferrari-Boliden. Bei Mercedes ruhten sich die beiden Stammfahrer Lewis Hamilton und Nico Rosberg hingegen aus. Stattdessen kommt Manor-Rookie Pascal Wehrlein wieder einmal im Silberpfeil zum Einsatz.

Greifen Hamilton und Rosberg ein?

Damit folgte zumindest Ferrari dem Anliegen von Pirelli, nur Top-Fahrer bei den Testfahrten ins Cockpit zu setzen. "Es liegt in erster Linie an den Teams", sagte Pirellis Racing Manager Mario Isola kürzlich. "Unsere Anfrage war, erfahrene Fahrer zu bekommen. Wir haben viele Daten, aber erfahrene Fahrer machen es einfacher." Red Bull setzte bei seinem letzten Test Anfang August in Mugello Ersatzmann Sebastien Buemi ein.

Nicht auszuschließen, dass bei Mercedes ebenfalls noch die Stammfahrer zum Test-Einsatz kommen. Möglicherweise beim abschließenden Kollektiv-Test kurz nach dem Rennen in Abu Dhabi, bei dem Red Bull, Mercedes und Ferrari gemeinsam die 2017er-Schlappen fahren werden. "Ich bin interessiert zu sehen wie sie sind und gespannt, wie sie funktionieren", sagte Rosberg in Monza. "Aber ich warte, bis die Tests hilfreich sind." Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff: "Im Moment planen wir mit Pascal. Aber vielleicht ändert sich das beim letzten Test."

Vettel zu seinem ersten Test

Für Vettel wird Barcelona der erste Testeinsatz mit den Slick-Reifen für 2017. Anfang August führte Ferrari in Fiorano zunächst einen Regen-Reifentest mit den breiten Reifen durch. Auf der Hausstrecke der Scuderia saßen Vettel und Esteban Gutierrez am Steuer. "Ich konnte ein paar Runden im Trockenen fahren, bevor wir auf die Regenreifen gewechselt haben", sagte Vettel. "Sie sehen ganz anders aus und fühlen sich etwas anders an. Aber ich denke, Pirelli hat noch einiges an Hausaufgaben zu erledigen und die Teams auch."

Um Pirelli bei der Entwicklung zu helfen, fahren die ausgewählten Teams mit modifizierten Autos aus der Saison 2015. Das Abtriebslevel der alten Boliden soll so nah wie möglich an die Ausmaße für 2017 heranreichen, um dem Reifenhersteller möglichst verlässliche Daten liefern zu können. Im Verlauf des Testprogramms - mit insgesamt neun Sessions - werden nicht nur die Reifen, sondern auch die Autos immer wieder angepasst.

"Wir haben bei dem Test in Barcelona eine repräsentativere Strecke und ich denke, wir sollten auch mit dem Testauto schon näher an dem sein, was wir nächstes Jahr erwarten können", meinte Vettel. "Ich finde es sehr interessant, Teil dieses Prozesses zu sein." Beim allerersten Test der neuen Slick-Reifen mit Red Bull war der Abtrieb des modifizierten Autos etwas geringer als erwartet. "Wir müssen in Zukunft mit den Teams besser zusammenarbeiten um mehr Downforce zu finden, weil sie sich Simulationen zufolge 2017 deutlich erhöhen wird", sagte Pirellis Isola.

Datum Strecke Team Reifen Fahrer
01. - 02. August Fiorano Ferrari Regen Vettel/Gutierrez
03. - 04. August Mugello Red Bull Slicks Sebastien Buemi
06. - 07. September Barcelona Ferrari Slicks Räikkönen/Vettel
06. - 08. September Paul Ricard Mercedes Slicks Wehrlein
21. - 22. September Paul Ricard Mercedes Regen TBC
12. - 13. Oktober Barcelona Mercedes Slicks TBC
14. - 16. Oktober Abu Dhabi Red Bull Slicks TBC
02. - 03. November Abu Dhabi Red Bull Regen TBC
14. - 16. November Abu Dhabi Ferrari Slicks TBC
29. November Abu Dhabi Red Bull, Ferrari, Mercedes Slicks TBC

60 Seiten Reifen-Report

Um möglichst große Chancengleichheit zu gewähren, teilt Pirelli die gesammelten Daten von Ferrari, Red Bull und Mercedes mit den restlichen F1-Teams. Und davon gibt es einige: Allein die beiden Tests in Fiorano und Mugello führten zu einem Report mit mehr als 60 Seiten. "Es gibt eine große Liste von Daten, die in einer Technischen Direktive festgehalten ist", erklärte Isola. "Wir geben ihnen Drücke, alle gemessenen Temperaturen, Verschleiß, Rundenzeiten, Sektorenzeiten und Bilder der Reifen nach der Verwendung."

Für Pirelli sind die Testfahrten im laufenden Jahr von enormer Wichtigkeit, um optimal vorbereitet in die Premieren-Saison mit den Breit-Reifen zu gehen. Kurze Zeit nach dem Kollektiv-Test infolge des Saisonfinales in Abu Dhabi muss der Reifenhersteller mit der Produktion der neuen Reifen beginnen. Laut Absprache sollen die Spezifikationen für 2017 ab dem 1. Dezember 2016 nicht mehr verändert werden. "Die Regeln sagen das", so Isola. "Aber wenn wir Gründe haben, etwas zu ändern, dann finden wir eine Lösung. Ich hoffe, dass das nicht der Fall sein wird. Aber ausschließen kann man eben auch nichts."

Hoffen auf problemfreie Tests

Wegen der Kürze der Zeit muss Pirelli hoffen, dass nach den diesjährigen Tests keine allzu großen Änderungen der 2017er-Reifen mehr nötig sind. Bis zu den Wintertestfahrten der kommenden Saison muss das Produkt stehen. Dann wird es zum ersten Mal ernst, wenn die breiten 2017er-Reifen auf die breiteren Autos treffen. Zwar versuchen die Teams derzeit so gut wie möglich, ihre 2015er-Boliden anzupassen - Abweichungen und bislang unbekannte Situation wird es trotzdem geben.

"Die Downforce an einem Auto wird durch sehr unterschiedliche Dinge produziert. Wir wissen zum Beispiel noch nicht, wie es sich auf die Reifen auswirkt, wenn Autos direkt hintereinander fahren", sagte Isola. "Da sind noch Fragezeichen. Aber es ist unmöglich, vor Februar eine Antwort darauf zu geben." Bis zum vermutlichen Saisonauftakt in Australien am 26. März - dem spätesten Auftakt seit 2011 - ist nicht viel Zeit. Der letzte der insgesamt acht Testtage steigt am 10. März.

Unterschiede 2016 zu 2017

Vorderachse Hinterachse
2016 245 mm 325 mm
2017 305 mm 405 mm

Um sich angesichts all der Unabwägbarkeiten - neue Reifen auf neuen Autos - etwas abzusichern, wird Pirelli die unterschiedlichen Reifenmischungen bei den ersten Rennen des neuen Jahres fix vorgeben. Erst später können die Teams wieder selber entscheiden, welche Reifen sie für einen Grand Prix nominieren. Isola bestätigte: "Für den ersten Block Überseerennen wird es eine fixe Reifenwahl geben und danach, wenn die Teams die Möglichkeit hatten zu testen, kommen wir zur aktuellen Situation zurück, sodass sie die Reifen selbst wählen können."