Zwischen 2002 und 2004 spulte der Brasilianer Luciano Burti unzählige Testkilometer für die Scuderia Ferrari ab und bestritt er Unmengen an Reifentests für deren Pneuhersteller Bridgestone. Wer könnte also besser geeignet sein, um dieser Tage über die Reifenprobleme der Roten zu sprechen als der ehemalige Prost- und Jaguar-Stammpilot?

Dies dachten auch wir uns, weswegen sich motorsport-magazin.com-Redakteur Luiz Roberto Maciel mit dem Ex-Ferrari-Testfahrer in Sao Paulo traf, um mit ihm über den Titelkampf 2005, die Reifensituation der Scuderia und den neuen WM-Herausforderer Fernando Alonso zu sprechen.

Zuvor gilt es aber natürlich noch zu klären, was Burti eigentlich heute macht? "Ich fahre für das Eurofarma-RC Competition Team in der brasilianischen Stock Car V8 Meisterschaft", sagt Luciano, der damit immerhin für die amtierenden Titelverteidiger an den Start geht. Etwas anderes kommt für einen Ex-Ferrari-Mann aber wohl auch nicht in Frage.

Bei seinem Debütrennen in Interlagos wusste Burti jedenfalls auf Anhieb mit einem Podestplatz zu überzeugen. Aber nicht nur die Rückkehr ins aktive Renngeschehen ist dem Brasilianer wichtig. "Es ist auch wichtig, dass ich wieder in Brasilien fahre, wo ich nur in meiner Kartzeit zwischen 1992 und 1995 aktiv war, bevor ich in die Formel Vauxhall nach England gewechselt bin."

Dem amtierenden Formel 1 Weltmeisterteam ist Burti trotzdem noch immer verbunden. "Ich möchte ihnen noch einmal dafür danken, dass ich diese Erfahrung sammeln durfte."

Luciano, was glaubst Du wer in diesem Jahr den WM-Titel holen wird?

Luciano Burti: Es ist schwierig eine Vorhersage zu treffen, da wir uns immer noch in der Anfangsphase der WM befinden. Aber meiner Meinung nach wird Renault Weltmeister. Bei den Fahrern würde ich trotz des großen Vorteils von Alonso all mein Geld auf Michael Schumacher setzen.

Im Kampf um den Konstrukteurstitel scheint Dein Ex-Arbeitgeber aber im Hintertreffen zu sein...

Luciano Burti: All die Regeländerungen in der F1 hatten, egal wie sehr die Leute es dementieren, nur ein Ziel: Die Dominanz von Ferrari und Michael Schumacher zu beenden. Ecclestone sagte, dass er "eine F1 mit Emotionen" möchte. Und die bekam er. Was Bernie aber sicher nicht wollte, ist das Ferrari durch die vielen Änderungen so stark leidet.

Sollte also einer der Ferrari-Piloten die Chance auf den Titelgewinn haben und das Team eine Stallregie anwenden - wird die FIA dann die gleiche Einstellung wie in der Vergangenheit an den Tag legen?

Luciano Burti: Das habe ich nicht gesagt, dass legst Du in diese Worte. Aber im Titelkampf wird jedes Team einen unterschwelligen Weg finden Teamorder anzuwenden. Zwar auf eine subtile Art und Weise, aber sie werden es machen.

Die Bridgestone-Reifen scheinen sich zuletzt stark verbessert zu haben, aber sie sind noch immer weit von ihrer alten Stärke weg. Dies hat die Leistung der Roten stark beeinträchtigt. Wird sich das bald ändern?

Luciano Burti: Wir haben in Imola gesehen, dass die Reifen auf die Temperatur reagieren und dass Michael für seine schlechte Qualifyingrunde bestraft wurde. Auf der anderen Seite konnten die Reifen das gesamte Rennen den Druck aushalten. Es liegt also nur an Bridgestone die richtige Reifenmischung zu finden, welche es erlaubt schneller auf Temperatur zu kommen. Dies würde Ferrari wieder zum Sieger machen, denn das 2005er Auto ist sehr, sehr gut. Nur die Reifen helfen ihm noch nicht.

Ist Alonso deshalb schon der neue Weltmeister?

Luciano Burti: Alonso war niemals ein großartiger Fahrer. Er ist schnell, aber er ist nicht konstant.

In den letzten Rennen hat er bewiesen, dass er sehr viel gelernt hat und der Kampf mit Schumacher zeigte, dass er stark gereift ist.

Luciano Burti: Unter dem heutigen Punktesystem würde Alonso, wenn er immer Zweiter wird und wenn Schumacher gleichzeitig alle noch ausstehenden Rennen bis Saisonende gewinnt, nur vier Punkte hinter Schumacher liegen. Alonso hat also alles in seinen eigenen Händen um 2005 ein großartiger Weltmeister zu werden. Er darf nur keine dummen Fehler mehr machen und Punkte verlieren.